0199 - Hyänen für den Henker
was den Mordversuch angeht, so streite ich den energisch ab. Fragen Sie alle, die dabei waren. Wir wollten diesem Lausejungen lediglich ein bisschen Angst machen. Wir lieben keine Verräter.«
»Woher wussten Sie überhaupt, dass er Sie verraten hat?«
»Er wurde gesehen, als er das FBI-Gebäude betrat. Und das genügt mir.«
»Mir genügt es auch. Ich werde beweisen, dass Sie vor einigen Tagen zusammen mit fünf Ihrer Komplizen den Fleischer Hofman in der First Avenue überfallen haben. Sie haben ihn dabei mit der Pistole bedroht und nicht nur die Kasse, sondern auch den Warenbestand geraubt, so weit er sich im Laden befand. Das allerdings hat uns Ben Corver gesagt, und der Fleischer hat Sie auf einer ihm vorlegten Fotografie erkannt.«
Letzteres war gelogen, aber diese Lüge tat ihre Wirkung.
»Selbst wenn ich das getan hätte, was ich aber nicht zugebe, so ist das weder Mord noch Mordversuch.«
»Nein, aber bewaffneter Raub und Bandenverbrechen. Darauf stehen zehn Jahre Zuchthaus. Nachdem der Fleischer sich jedoch weigerte, zu zahlen, und sich an Polizei und FBI wandte, beschlossen Sie ein Exempel zu statuieren. Zwar erreichten Sie Ihr Ziel, den Mann und seine Frau zu ermorden, aber Ihre Bande erlitt selbst schwere Verluste. Um sich an dem Jungen zu rächen, der Sie verpfiffen hatte, wollten Sie ihn auf hängen.«
»Ich sagte ja schon, dass Sie mir das beweisen müssen.«
»Ich habe nicht nur Ben Corvers Aussagen, sondern auch die einiger Ihrer Komplizen, die kalte Füße bekommen haben.«
»Dann haben die Lumpen gelogen«, fuhr er auf. »Ich habe niemals was befohlen und angeordnet. Ich habe nur das getan, was…«
Er schwieg erschrocken und biss sich auf die Unterlippe.
»Sie haben nur das getan, was eine höhere Stelle Ihnen auftrug, und ich will von Ihnen wissen, wer diese höhere Stelle ist.«
»Sie spinnen!«, sagte er frech. »Sie fantasieren sich was zurecht! Ich kenne 32 diesen Fleischer überhaupt nicht, und Sie besitzen keine Fotografie von mir. Also kann er mich auch nicht erkannt haben. Er wollte nichts weiter, als mir einen Strick drehen, weil ich dem feigen Hund am Tag vorher ein paar Ohrfeigen gegeben habe. Dafür habe ich zwanzig Zeugen.«
»Damit können Sie aber die unabhängig voneinander gemachten Aussagen der Mitglieder Ihrer Gang nicht entkräften«, bluffte ich, denn ich hatte ja noch keinen von der Bande vernommen.
»Alles können Sie mir erzählen, nur das eine nicht, dass die Jungens nicht unter allen Umständen dichtgehalten haben. Die wissen ganz genau, was ihnen blüht, wenn sie singen.«
»Wenn Sie sich nur nicht irren, mein Lieber! Im Übrigen genügt das, was Sie gesagt haben, bereits vollauf, um Sie zu überführen.«
»Das denken Sie, aber ich werde bei einer förmlichen Vernehmung und vor Gericht kein Wort sagen, ohne dass mein Anwalt zugegen ist, und damit hat sich das.«
»Sie sind nicht ganz auf der Höhe, Jim, sonst hätten Sie wissen müssen, dass ich auf Derartiges gefasst sein musste. In meiner Brusttasche steckt ein Tonbandgerät, das jedes Ihrer Worte aufgezeichnet hat. Sie werden nichts von dem, was Sie gesagt haben, aber auch gar nichts, leugnen können.«
Im nächsten Augenblick musste ich schnell zur Seite springen.
Trotz seiner durchaus nicht leichten Verletzung hatte der Kerl es geschafft, sich aufzurichten und die Nachttischlampe nach uns zu schleudern. Sie schlug gegen die Wand, und der Krach genügte, um den wachhabenden Cop und eine Krankenschwester auf den Plan zu rufen.
Der jugendliche Gangster tobte wie ein Irrer und wollte trotz seines eingegipsten Beines aus dem Bett. Erst als der Arzt erschien und ihm gewaltsam eine Spritze verpasste, beruhigte er sich.
Wir hatten also wieder nichts erfahren können. Es war eine neue Sackgasse, aus der es keinen Ausweg zu geben schien.
***
Am nächsten Tag beging John Shawsburry Selbstmord. Shawsburry war aus England, und zwar aus Bristol, nach New York gekommen, um sich bei Geschäftsfreunden seines Vaters in der Modebrache umzusehen. Er wollte sechs Monate bleiben und davon waren bereits fünf Monate und eine Woche verstrichen. Er wohnte im Waldorf Astoria, fuhr einen Rolls Royce und hatte einen Kammerdiener. Kurzum, Mister Shawsburry war der Sohn notorisch reicher Eltern.
Man konnte nicht sagen, dass er besonders heftig gearbeitet hätte, aber das war schließlich nicht der Zweck seines Hierseins.
Nach seiner Rückkehr nach England wollte er seine wohlhabende und bildhübsche Braut, Ludmilla
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