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0199 - Phantom der Lüfte

0199 - Phantom der Lüfte

Titel: 0199 - Phantom der Lüfte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang E. Hohlbein
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verblüfft. »Aber wieso? Ich verstehe das alles nicht.«
    Borg starrte verbissen auf die Straße, ohne zu antworten. Der Wagen schleuderte um eine Haarnadelkurve, brach aus und radierte zentimeterweit an der Straßenkante vorbei, ehe Borg ihn wieder in der Gewalt hatte.
    Dandy klammerte sich mit zusammengebissenen Zähnen am Sitz fest und starrte schaudernd nach unten. Die Straße brach wenige Zentimeter neben ihr senkrecht ab und ging in eine spiegelglatte Wand über, die mehrere Dutzend Meter weit abfiel. Ein Sturz aus dieser Höhe bedeutete den sicheren Tod. Aber Borg schien die Gefahr zu mißachten. Er jagte den Wagen gnadenlos weiter, drückte vor jeder Kurve auf die Hupe, um einen eventuell entgegenkommenden Wagen zu warnen, und ließ den Wagen hindurchschleudern.
    »Borg!« schrie Sandy. »Du bringst uns um!«
    Aber Borg schien ihre Stimme nicht einmal zu hören. Sein Gesicht war zu einer steinernen, verzerrten Grimasse erstarrt. Sein Atem ging schnell und stoßweise, und seine Augen waren angstvoll geweitet.
    Er hatte Angst.
    Der Wagen hüpfte durch ein Schlagloch, krachte mit vernichtender Wucht auf die Straße zurück und stellte sich quer. Die Stoßdämpfer kreischten protestierend. Sandy wurde wild herumgeschleudert, stieß sich den Kopf an der Decke und sank mit einem wimmernden Schmerzlaut zurück. Das Gepäck löste sich von der Ladefläche und fiel polternd auf die Straße. Aber auch darauf achtete Borg nicht.
    Er fluchte in einer fremden, hart klingenden Sprache, schaltete herunter und fuhr wieder an.
    Als sie um die nächste Ecke bogen, geschah das Unfaßliche.
    Der Himmel wurde schwarz. Die Sonne verschwand so plötzlich, als hätte jemand irgendwo einen gigantischen Schalter umgelegt. Ein wütender, heißer Wind peitschte auf den Wagen ein, rüttelte wild an der Fahrerkabine und überschüttete den Jeep mit einem Hagel kleiner, spitzer Felsbrocken. Die Windschutzscheibe sprang und verwandelte sich in ein bizarres Muster aus millionen und abermillionen fein verästelter Risse. Ein greller, pfeilgerader Blitz schien den Himmel zu teilen. Sturm heulte. Die Straße verschwand, verwandelte sich in ein kochendes, brodelndes Meer aus Schwärze und wallenden Schatten. Und die Veränderung ging weiter.
    Vor Sandys ungläubig aufgerissenen Augen erstreckte sich da, wo vor Sekundenbruchteilen noch das Valley gewesen war, die Oberfläche eines endlosen, sturmgepeitschen Ozeanes. Wellen, hoch wie Häuser und mit gischtenden Schaumkronen gekrönt, schmetterten gegen schwarze Felsen. Das Brüllen des Sturmes übertönte für einen Moment sogar das Dröhnen des Motors. Irgendwo am Horizont glaubte sie für einen Moment den riesigen, schwarzen Schatten eines Schiffes zu erkennen.
    Dann verschwand der Spuk.
    Borg fluchte, trat- auf die Bremse und brachte den Wagen abermals zum Stehen. Seine Faust krachte gegen die zersplitterte Windschutzscheibe. Das Glas regnete in unzähligen Splittern nach draußen. Die winzigen, scharfkantigen Glasscherben zerschnitten seine Haut, aber das schien er nicht zu merken.
    »Borg - was… was war das?« fragte Sandy entsetzt.
    Borg lächelte nervös, schmetterte mit einem wütenden Schlag den Rest der Windschutzscheibe heraus und fuhr weiter. Helles Blut sickerte aus seinen zerschnittenen Knöcheln und bildete ein surrealistisches Muster aus dünnen, roten Linien und Tropfen auf seiner Haut.
    Der Wagen rumpelte weiter, erreichte den Fuß des Berges und fuhr auf der kaum sichtbaren Straße weiter Richtung Süden.
    Plötzlich schrie Sandy entsetzt auf, beugte sich vor und deutete mit ungläubig aufgerissenen Augen nach vorne.
    »Borg, halt an! Da…«
    Auf der Straße lag ein Toter.
    Der Wagen war vielleicht noch hundert Meter von der Stelle entfernt, aber Sandy konnte trotzdem jede Einzelheit in phantastischer Klarheit erkennen.
    Der Mann lag in seltsam verkrümmter Haltung auf dem Rücken. Seine Arme waren über der Brust verkrampft, und seine Haut wirkte seltsam grau und trocken, als bestünde sie aus altem, brüchigem Pergament.
    Und aus seinem Hals ragte der abgebrochene Schaft eines Pfeiles.
    »Borg! Halt an!«
    Aber Borg reagierte nicht. Sein Fuß preßte den Gashebel bis zum Boden nieder. Der Wagen rumpelte mit unverminderter Geschwindigkeit weiter. Sandy sah plötzlich alles mit einer fast unwirklichen Klarheit - jede winzige Einzelheit ihrer Umgebung schien deutlich und scharf hervorzutreten, während der Wagen mit aufbrüllendem Motor auf den Leichnam zupreschte: Die

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