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0199 - Phantom der Lüfte

0199 - Phantom der Lüfte

Titel: 0199 - Phantom der Lüfte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang E. Hohlbein
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sich gelohnt. In der zerbeulten Schale vor seinen Füßen lagen drei blinkende, fingernagelgroße Nuggets - der größte Fund, den er in den letzten fünf Jahren gemacht hatte. Natürlich würde er damit nicht reich werden - das Gold war nicht rein, und nach Abzug aller Unkosten würden ihm vielleicht dreihundert Dollar verbleiben. Aber er war kein berufsmäßiger Goldschürfer. Streng genommen, hätte er nicht einmal hier sein dürfen. Der Stollen gehörte zu einem ganzen System von Minen, die schon vor vierzig Jahren wegen Unrentabilität aufgegeben hatten, und Gwendall kam nur manchmal hierher, um sein Glück zu versuchen. Die Mine war keineswegs erschöpft - nur lohnten die winzigen Goldmengen den Aufwand kaum noch.
    Gwendall bückte sich ächzend, griff nach der Feldflasche und schraubte den Verschluß auf. Die wenigen, schalen Tropfen milderten seinen Durst kaum. Aber er würde sowieso aufhören. Für heute hatte er sein Glück weit genug strapaziert. Der Stollen war seit vier Jahrzehnten nicht mehr gewartet worden, und die morschen Stützbalken und Träger konnten bei der geringsten Erschütterung nachgeben und ihn unter Tonnen von Fels und Sand begraben. Er nahm die Goldnuggets auf, drehte sie einen Moment lang in den Fingern und steckte sie dann weg. Ein zufriedenes Grinsen überzog sein schmutziges Gesicht. Das, was er heute verdient hatte, würde ausreichen, um den Rest des Sommers auf gefährliche Abenteuer wie diese verzichten zu können.
    Gwendall sammelte sein Werkzeug ein, warf sich Hacke und Schaufel über die Schulter und ging langsam zum Ausgang zurück. Der Tunnel stieg steil an, und seine Erschöpfung tat ein Übriges, um den Weg zu einer kräftezehrenden Strapaze werden zu lassen. Der Eingang schien irgendwo in unerreichbarer Ferne als helles, verschwommenes Rechteck vor ihm zu hängen. Ein warmer, erstickender Luftstrom schlug ihm entgegen und trieb ihm den Schweiß aus allen Poren.
    Gwendall atmete merklich auf, als er den Ausgang erreicht hatte. Er blieb stehen, warf sein Werkzeug in den Sand und schloß seufzend die Augen. Die Hitze traf ihn wie ein Hammerschlag. Sein Hemd war in wenigen Sekunden durchgeschwitzt. Das Blut rauschte in seinen Ohren, und einen Augenblick lang dachte er sehnsüchtig an den Hut, den er im Wagen liegengelassen hatte. Aber bis dahin war es noch fast eine halbe Meile - bei den unerträglichen Temperaturen und dem unwegsamen Gelände eine mörderische Entfernung. Aber er hatte keine Wahl. Seufzend nahm er sein Werkzeug auf, atmete hörbar ein und ging mit schleppenden Schritten auf den Rand der schüsselförmigen Mulde zu, in deren Boden der Stolleneingang lag.
    Die Landschaft verschwamm vor seinen Augen. Für einen Sekundenbruchteil stieg so etwas wie Übelkeit in ihm auf, und seine überreizten Nerven spiegelten ihm Dinge vor, die gar nicht da waren. Er glaubte das Knarren von feuchtem Holz zu hören, das leise Rauschen einer Brandung und den Geruch von Seetang und nassem Leder.
    Es dauerte Minuten, bis ihm klar wurde, daß es keine Halluzination war.
    Gwendall blieb abrupt stehen.
    Irgend etwas mit seiner Umgebung stimmte nicht. Die vertraute Landschaft hatte sich verändert, aber er war nicht in der Lage zu erkennen, wie.
    Er drehte sich einmal um seine Achse, blinzelte in das grelle, schattenlose Licht der sengenden Sonne und runzelte mißtrauisch die Stirn. Seine Müdigkeit war verflogen und hatte einer angespannten, an Angst grenzenden Nervosität Platz gemacht.
    Er legte den Kopf in den Nacken, suchte den Himmel ab und erstarrte. Über ihm hing eine riesige, dreieckige Wolke.
    Gwendall wußte nicht, ob es eine Laune der Natur oder ein Trugbild seiner überstrapazierten Nerven war, - aber die Wolke erinnerte ihn auf verblüffende Weise an ein Schiff. Die Formen waren weich und fließend, aber er konnte trotzdem jede winzige Einzelheit erkennen: Den spitzen, hochgezogenen Bug, den breiten Rumpf mit dem seltsam wuchtigen Kiel, der in einen gefährlichen Rammsporn auslief, die schlanken Masten, an denen sich dreieckige Segel blähten.
    Und die Gestalten, die sich hinter der niedrigen Reling drängten…
    Gwendall stieß einen erstickten Schrei aus, als das Bild voll in sein Bewußtsein durchsickerte.
    Die Männer waren - tot!
    Selbst über die große Entfernung hinweg konnte Gwendall die zerfallenen Gesichter erkennen, die leeren, schwarzen Augenhöhlen, das verfaulte Fleisch, das in Fetzen von Gesichtern und Gliedern herunterhing, die Skeletthände…
    Er schrie

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