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02 Arthur und der Botschafter der Schatten

02 Arthur und der Botschafter der Schatten

Titel: 02 Arthur und der Botschafter der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Ruebenstrunk
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Eltern noch lebten. Seine Aussagen waren so verschwommen wie sein Erscheinungsbild.
    »Beweise es«, sagte Larissa.
    Erneut streckte die Gestalt einen Arm aus. Diesmal befand sich ein Brief in seiner Hand. Larissa griff danach, aber so schnell, wie er erschienen war, war der Umschlag auch wieder verschwunden.
    »Dies ist ein Schreiben deiner Eltern an dich«, sagte er. »Du bekommst es erst, nachdem du gehört hast, was ich von dir erwarte.«
    »Was verlangst du?«, fragte Larissa und ihre Stimme zitterte erstmals leicht. Der Anblick des Briefes hatte ihre Coolness sichtbar erschüttert.
    »Das Buch der Wege.«
    Ich zuckte unwillkürlich zusammen. Das Buch der Wege war eines der Vergessenen Bücher! Der Fremde sprach den Buchnamen so selbstverständlich aus, als habe er täglich damit zu tun. Ich warf Larissa einen Blick zu. Aber ihre Augen waren nach wie vor auf ihr Gegenüber gerichtet.
    »Und dafür sagst du mir, wo meine Eltern sind?«
    Die Gestalt machte eine Kopfbewegung, die man als Nicken interpretieren konnte. Diesmal hielt ich nicht mehr an mich. Das Versprechen, den Aufenthaltsort ihrer Eltern zu erfahren, bedeutete nicht, dass sie noch lebten.
    »Das reicht nicht«, mischte ich mich ein. »Kommen Larissas Eltern auch lebend zurück?«
    Der Unbekannte drehte sich zum ersten Mal direkt zu mir hin. Bisher schien ich seiner Aufmerksamkeit nicht würdig gewesen zu sein. Zum Glück. Es war unangenehm, von ihm betrachtet zu werden. Mein Körper fühlte sich beschmutzt an und begann, an mehreren Stellen zu jucken. Wie hielt Larissa das bloß aus? Oder spürte sie das nicht?
    »Ziehst du meine Worte in Zweifel?« Ich glaubte, in seiner Stimme ein verächtliches Lächeln mitschwingen zu hören.
    »Genau das«, erwiderte ich. »Was du uns erzählst, kann alles nur ein Haufen Lügen sein, um an das Buch der Wege zu gelangen.«
    Er machte einen Schritt auf mich zu und ich wich unwillkürlich zurück. »Wir stehen über dem, was ihr Lüge und Wahrheit nennt«, sagte er.
    Ich nahm all meinen Mut zusammen. »Wenn das so ist, dann ist ein Versprechen von dir nicht viel wert. Woher wissen wir, dass du dein Wort auch hältst, wenn dir Lüge und Wahrheit nichts bedeuten?«
    Er schwieg. Für einen Moment fürchtete ich, er würde auf mich losgehen, und trat einen weiteren Schritt nach hinten. Aber es war nur ein Flackern im blassen Licht der Lampe gewesen, das mich erschreckt hatte. Ich schämte mich, weil mich eine solche Kleinigkeit so aus der Fassung gebracht hatte.
    Larissas Stimme unterbrach die kurze Stille. »Wenn du mir meine Eltern lebend wiederbringst, bekommst du das Buch der Wege.«
    Wie konnte sie das nur sagen? Sie wusste doch, dass es nahezu unmöglich war, eines der Vergessenen Bücher aufzuspüren. Einmal war es uns zwar bereits gelungen, aber wir hätten beinahe einen hohen Preis dafür bezahlt.
    Der Fremde stieß ein selbstzufriedenes Lachen aus. »Eine kluge Entscheidung.«
    »Und wie finde ich dich, wenn ich das Buch habe?«
    »Ich werde dich finden.« Wie aus dem Nichts tauchte erneut der Brief in seiner Hand auf. Mit spitzen Fingern nahm Larissa den Umschlag an sich, sichtlich bemüht, ihr Gegenüber nicht zu berühren.
    »Es ist eine seltene Fügung, dass zwei Menschen mit euren Fähigkeiten zusammenkommen. Darauf haben wir lange gewartet. Eine neue Zeit bricht an.«
    Die letzten Worte waren nur noch ein leiser Hauch, denn die Gestalt zog sich aus dem Lichtkegel der Lampe zurück und verschmolz mit dem Dunkel des Tunnels, bis sie völlig verschwunden war. Zugleich kühlte die Luft um uns herum merklich ab.
    Larissa starrte auf den Brief in ihrer Hand.
    Ich räusperte mich.
    Sie blickte auf. Im Licht der Lampe erkannte ich Tränen in ihren Augen.
    »Meine Eltern«, flüsterte sie. »Sie leben.«
    Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Vielleicht hatte der Fremde die Wahrheit gesagt. Wahrscheinlicher jedoch war, dass er gelogen hatte, um sein Ziel zu erreichen. Aber konnte ich das Larissa jetzt unter die Nase reiben?
    Ich schwieg und legte einfach nur meinen Arm um ihre Schultern.
    So fand uns wenig später der Bücherwurm.

 
    Der Bücherwurm war nicht, wie wir angenommen hatten, zu Bett gegangen, sondern noch einmal in seine Bibliothek zurückgekehrt. Dabei hatte er bemerkt, dass wir das Haus verlassen hatten. Obwohl er nicht der Typ war, der sich übermäßig viele Sorgen um uns machte, war ihm das um diese Uhrzeit doch merkwürdig vorgekommen, und er hatte in unseren Zimmern nach Hinweisen gesucht,

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