Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
02 Arthur und der Botschafter der Schatten

02 Arthur und der Botschafter der Schatten

Titel: 02 Arthur und der Botschafter der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Ruebenstrunk
Vom Netzwerk:
kurzen, aber leckeren Frühstück folgten wir Larissa in ihr Zimmer. Sie hatte schon alles vorbereitet.
    »Ich habe die beiden Videoaufnahmen miteinander und mit dem Ton synchronisiert«, erklärte sie und schleppte einen Stuhl für den Bücherwurm und ein Sitzkissen für mich heran. Dann setzte sie sich vor ihren Rechner und startete die Wiedergabe.
    Auf dem Monitor waren zwei Fenster geöffnet, in denen jeweils eines der beiden Videos ablief. Auf dem einen waren Larissa und ich auf der Bank zu sehen, während wir auf den Unbekannten warteten. Die andere Perspektive zeigte nur unsere Hinterköpfe und war genau auf die Stelle gerichtet, an der gleich der Fremde erscheinen musste.
    Es war ein merkwürdiges Gefühl, die Situation von gestern Nacht noch einmal vor Augen zu haben. Unwillkürlich verschränkte ich die Arme und klammerte die Hände um meine Ellenbogen.
    Nach einigen Minuten konnte man eine Bewegung unter der Brücke, wo der Tunnel lag, wahrnehmen. Gleich musste der Unbekannte auftauchen. Im Bild sprangen Larissa und ich auf. Da, wo der Fremde gestanden hatte, war außer einem undeutlichen dunklen Fleck nichts zu sehen.
    Aus den Lautsprechern tönte ein Brummen. Dann hörten wir, wie Larissa Das ist mein Freund Arthur sagte. Es folgte ein erneutes Brummen, bevor sie Na und? fragte. So ging es weiter. Immer, wenn der Unbekannte etwas sagte, war lediglich ein Geräusch zu hören. Dabei bewegte sich der dunkle Fleck neben der Parklampe leicht, nahm aber nie klare Konturen an.
    Enttäuscht stoppte Larissa die Wiedergabe. »Daraus werden wir nicht viel erfahren«, sagte sie.
    »Oh doch«, widersprach der Bücherwurm. »Die Aufnahmen sind sogar sehr aufschlussreich.«
    »Wieso das?«, fragte ich mit hochgezogenen Augenbrauen.
    »Weil sie beweisen, dass hier etwas nicht mit rechten Dingen zugeht«, sagte er. »Ihr habt eine Gestalt gesehen und sie sprechen hören. Warum ist sie dann nicht auch auf den Bändern zu sehen?«
    »Wenn es ein Hologramm war ...«, begann Larissa, aber der Alte unterbrach sie: »Auch ein Hologramm kann gefilmt werden.«
    »Dann hatte er eben einen Interferenz-Emitter installiert.« So leicht ließ sie sich nicht von ihrer Ansicht abbringen, dass es sich bei unserer nächtlichen Begegnung um ein Wesen aus Fleisch und Blut gehandelt hatte. »Damit hat er die Videobilder und Tonaufnahmen gestört, sodass wir kein klares Bild von ihm erhalten konnten.«
    Mich überzeugte sie nicht. Ich glaubte mehr denn je, dass es sich bei unserem Besucher um etwas handelte, das nicht (oder zumindest nicht völlig) menschlich war.
    »Nehmen wir an, es war ein Schatten«, überlegte ich laut. »Dann hätten wir es mit einem uralten Wesen zu tun, das keine Körperlichkeit besitzt – wenn man den Überlieferungen Glauben schenkt.«
    »Würdest du auch den Überlieferungen der Brüder Grimm Glauben schenken?«, fragte Larissa verächtlich.
    »Du lehnst diese Möglichkeit nur deshalb ab, weil du einen greifbaren Gegenspieler haben willst«, warf ich ihr vor. »Wenn du akzeptieren würdest, dass es sich um einen Schatten handelt, dann wärst du mit deinem Latein am Ende.«
    »Arthur liegt nicht so ganz falsch, finde ich«, versuchte der Bücherwurm zu vermitteln. »Zumindest ist seine Annahme so plausibel wie deine. Können wir uns nicht darauf einigen, dass beides möglich sein kann?«
    »Wie kannst du so etwas sagen, Opa?«, brauste Larissa auf. »Eine Legende soll denselben Stellenwert besitzen wie eine wissenschaftliche Erklärung? Wir leben doch nicht mehr im Mittelalter!«
    »Oho«, sagte ich. »Es gibt Legenden, die bereits vor langer Zeit Zusammenhänge richtig erklärt haben, auf die die Wissenschaftler erst Hunderte von Jahren später gekommen sind. Eine Legende muss nicht automatisch eine reine Erfindung sein. Viele beruhen auf harten Fakten.«
    »Das mag ja sein. Aber hier höre ich nur von irgendwelchen Wesen, die seit Jahrtausenden durch die Welt geistern sollen. Was, bitte schön, ist daran ein harter Fakt?«
    Ich musste ihr die Antwort schuldig bleiben. Wenn jemand nicht an etwas glaubte, dann war es schwierig, ihn zu überzeugen. Und wenn dieser Jemand Larissa war, dann war es nahezu unmöglich.
    »Wir müssen uns nicht streiten«, sagte ich. »Ich weiß ja selbst nicht, woran ich glauben soll. Gib zumindest zu, dass wir es mit einem ungewöhnlichen Gegner zu tun haben.«
    »Ungewöhnlich schon«, lenkte sie widerwillig ein. »Doch das waren die Slivitskys auch. Und die waren Menschen wie du und

Weitere Kostenlose Bücher