02 Arthur und der Botschafter der Schatten
zu der Straße durch, in der das Büro des Reedereiagenten war. Eine freundliche junge Frau händigte uns unsere Tickets aus. Die fünf Nächte an Bord kosteten uns mit Vollpension insgesamt fünfhundert Euro. Gut, dass uns der Bücherwurm eine Kreditkarte mitgegeben hatte. Während Larissa und Mario im Büro warteten, suchte ich einen Geldautomaten in der Nähe und hob den Betrag ab.
Mit unseren Tickets und der Aufforderung versehen, auf jeden Fall vor 18 Uhr an Bord zu gehen, verließen wir die Agentur. Mario lud uns noch zu einem Imbiss in eine Bar ein.
»Ich fürchte, ich war euch keine große Hilfe«, sagte er.
»Keine Sorge«, erwiderte ich. »Dafür waren ja Torres und der Maure da.«
»Ja, der Maure«, sinnierte Montalba. »Ein rätselhafter Mensch. Ihr habt ihn ja nun etwas näher kennengelernt. Was hat er euch denn, abgesehen davon, dass er kein Scheichsohn ist, sonst noch über sich erzählt?«
»Eine ganze Menge«, sagte ich vorsichtig. »Aber das meiste nur sehr indirekt. Wir haben uns hauptsächlich über Geschichte unterhalten.« Ich konnte Mario schlecht meine Vermutung mitteilen, woher der Maure wirklich stammte, zumal ich mir selbst nicht ganz sicher war.
Mario betrachtete mich nachdenklich, fragte aber nicht weiter nach, und so mampften wir in Ruhe unsere Baguettes und brachen dann zum Hafen auf. An der Einfahrt zeigten wir unsere Tickets am Kontrollpunkt vor und der Wachmann dirigierte uns zur Anlegestelle der Ann Catherine .
»Hoffentlich laufen wir jetzt nicht Pluribus und den Karasamoffs in die Arme«, sagte ich.
»Keine Sorge«, erwiderte Larissa. »Ich habe vorhin noch die Webcam überprüft. Der Lieferwagen steht nicht mehr da. Wahrscheinlich haben sie die Kisten ausgeladen und sind dann verschwunden.«
Ich war jedenfalls froh, dass uns Mario bis fast vor die Gangway fuhr. Der Frachter war gigantisch. Er war bestimmt fast zweihundert Meter lang. Direkt über uns ragte das Deckhaus wie ein Wolkenkratzer in die Höhe. Auf dem Kai davor standen noch die abgeladenen Container herum, die jetzt Stück um Stück von Hafenarbeitern davongeschafft wurden.
Mario verabschiedete sich von uns. »Ich wünsche euch eine gute Reise und immer eine Handvoll Wasser unter dem Kiel, wie die Seeleute sagen.«
Wir stapften die ziemlich steile Gangway empor, winkten Mario noch einmal zu und gingen dann an Bord. Oben erwartete uns ein Filipino in Turnschuhen, brauner Leinenhose und weißem T-Shirt.
» Tickets, please «, lächelte er uns freundlich an
Wir zeigten ihm unsere Karten, und er bat uns, ihm zu folgen. Das Deck und das Deckhaus sahen von Nahem noch viel größer und imposanter aus, und ich kam mir wie eine Ameise vor.
Unser Begleiter stellte sich auf Englisch als der Messesteward vor. Sein Name war Robin. »Wenn ihr etwas braucht, dann wendet euch an mich.« Er führte uns in einen hellen, freundlichen Raum mit Polstersesseln um kleine Tischchen und einer Bar an einer Seite.
»Bitte, setzt euch«, sagte er. »Der Kapitän kommt gleich, um euch zu begrüßen.«
Auf einem Tisch standen ein paar Flaschen Wasser, eine Kaffeekanne und ein Teller mit Keksen. Wir ließen uns in den Sesseln nieder und schenkten uns jeder ein Wasser ein.
Nur wenige Minuten später betrat ein Mann in schwarzem T-Shirt und grauer Cargohose den Raum. Er trug einen wuscheligen Vollbart und eine Goldrandbrille auf der Nase.
»Ich bin Kapitän Peter Jensen«, sagte er auf Deutsch, während er uns seine Hand hinstreckte. Er bemerkte meine Überraschung wohl. »Ihr habt sicher gedacht, ein Kapitän trägt immer eine weiße Uniform mit Rangabzeichen und eine Kapitänsmütze, was?«, schmunzelte er. »Die habe ich auch. Aber im Bordalltag lassen wir es alle gern etwas bequemer angehen.«
Er setzte sich zu uns und schenkte sich einen Kaffee ein. »Es kommt nicht allzu oft vor, dass Passagiere auf einem Containerschiff wie diesem mitfahren. Wer es eilig hat, fliegt, und wer das Meer genießen will, macht eine Kreuzfahrt. Was bringt euch hierher?«
Larissa sah mich mit großen Augen an. Wir hatten nicht daran gedacht, uns eine passende Geschichte zu überlegen. Dabei war es eigentlich vorhersehbar, dass zwei allein reisende Teenager wie wir mit Fragen überhäuft wurden.
»Die Reise ist ein Geburtstagsgeschenk für meine Cousine«, erwiderte ich schnell. »Mein Onkel hat uns nach Cádiz gebracht und mein Vater holt uns in Rijeka wieder ab.«
»Ja«, ergänzte Larissa, »ich interessiere mich für alle Arten von Schiffen.
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