02 - Aus Liebe zu meiner Tochter
daß wir es geschafft hätten, und wollte wissen, ob wir nicht sehr müde vom Reisen seien.
Dann wurden wir sofort Sally Field vorgestellt, die meine Rolle spielte. Ich hatte keine Zeit, mir zu überlegen, was ich ihr sagen sollte. Deshalb drückte ich nur meine Freude darüber aus, daß sie die Rolle übernommen hatte.
Sie sagte, »diese unglaubliche Geschichte« habe sie sehr beeindruckt.
Ich verbrachte drei Wochen am Drehort in Israel, und Mahtab bekam sogar eine kleine Rolle als Statistin in der Schulszene. Im Iran war jeder Tag für Mahtab ein traumati-314
sches Erlebnis gewesen, an dem sie von mir getrennt wurde und in eine Schule gehen mußte, die ihr fremd war und Furcht einflößte. Nun, da das Ganze nur Schein war, fand sie Spaß daran, sich zu verkleiden. Jeden Tag trug sie ihr Maghna'e oder Kopftuch und einen langen Mantel ohne Taille, den Manto.
An einem Tag standen 300 kleine Statistinnen in iranischen Gewändern auf dem Balkon der Schule und riefen
»Mahtab, Mahtab«, als wir näher kamen. Sie waren alle gespannt darauf, mit der echten Mahtab zu sprechen.
Sheila war großartig. Als Schauspielerin war sie bereits ein richtiger Profi, und sie erteilte Mahtab ein wenig Schauspielunterricht. Wenn eine Szene gedreht war, sagte sie immer: »Mahtab, du warst wirklich gut!« Sie war stolz darauf, für Mahtab die hebräischen Wörter übersetzen zu können, die sie bereits gelernt hatte. Sie pflegte Mahtab als die »echte Mahtab« vorzustellen und fügte dann hinzu: »Ich bin die falsche Mahtab.«
Mahtab schloß auch Freundschaft mit Lee Harmon, Sal-lys Maskenbildner. Lee machte sich am Drehort stundenlang die Mühe, mit Sheila und Mahtab Papierflugzeuge zu basteln und fliegen zu lassen. Er erinnerte Mahtab an ihren Großvater; er war lustig und angelte gerne. Noch lange nach den Dreharbeiten dachte Mahtab an Lee und erkundigte sich nach ihm.
Eines Tages sagte er zu Mahtab: »Komm mit in den Wohnwagen, ich verpasse dir ein blaues Auge.« Genau das tat er auch. Es sah unglaublich echt und schmerzhaft aus. Dann pflanzte er ihr noch eine große »Brandnarbe« auf die Hand.
In Jaffa, dem alten arabischen Viertel von Tel Aviv, sah es genauso aus wie in Teheran. Für den Film wurden große Plakate mit in Farsi geschriebenen Schlagzeilen aus dem Iran importiert. Man wechselte Straßenschilder aus und
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brachte riesige Bilder des Ayatollah an den Fassaden der Gebäude an. Autos wurden weiß und orange lackiert und bekamen iranische Nummernschilder, damit sie wie iranische Pakons oder Teheraner Taxis aussahen.
Iranische Berater halfen der Requisite, authentisch aussehende Kleider zu entwerfen. Die Israelis waren sehr neugierig, und es sammelten sich so viele Menschen an, daß die Polizei kam und Fragen stellte. Daraufhin erklärten die Uflands in einer Pressemitteilung: »Hier wird ein Film gedreht. Tel Aviv ist nicht vom Geist des Ayatollah befallen worden.«
Die Ähnlichkeit mit Teheran erinnerte mich daran, daß wir nur 1000 Kilometer vom Iran entfernt waren -
bedenklich nahe bei Moody. Aufgrund dieser geographischen Nähe und der langjährigen israelisch-palästinensischen Konflikte hatte ich der Reise nach Israel sorgenvoll entgegengesehen. Doch die Uflands, Michael Carlisle und Vertreter des amerikanischen Außenministeriums beteuerten, Israel habe das beste Sicherheitssystem der Welt. Davon konnte ich mich überzeugen, als ich in Chicago bei der Abfertigung für unseren El-Al-Flug vom Personal der Fluglinie wegen meines iranischen Nachnamens festgehalten wurde. Man schenkte meinen Erklärungen erst dann Glauben, als die Produzenten telefonisch alles bestätigt hatten. Später entschuldigten die El-Al-Leute sich, aber ich war froh über ihr Pflichtbewußtsein.
Der Alltag der Dreharbeiten nahm mich bald ganz gefangen. Es war faszinierend und geradezu unheimlich, mein Leben so an mir vorbeiziehen zu sehen. Fast alles gefiel mir; nur manche Szene konnte ich kaum ertragen. Als Sheila vor Entsetzen gellend schrie, weil sie zum erstenmal allein in der Schule zurückbleiben mußte, krampfte sich in mir alles zusammen, und ich wäre beinahe zu ihr gerannt, um sie zu trösten. Am schlimmsten waren die Szenen, in denen Moody uns mißhandelte. Sie waren so realistisch, daß ich mich in 316
den Iran zurückversetzt glaubte. Genauso hatte ich es erlebt.
Als ich Monate zuvor mehrere Stunden mit John Goldwyn und Chris Bomba über dem Drehbuch verbracht hatte, erhielt ich nach der Sitzung ein großes
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