02 - Aus Liebe zu meiner Tochter
dreijährige Schwester Nicole vorbereitete. Daran nahmen Sally, ihr Mann, ihr zweijähriger Sohn Sam mit Kindermädchen sowie Mahtab und ich teil. Der Geburtstagskuchen, den sie im Hotel bestellt hatte, war eine gelungene Überraschung. Er sah aus wie ein ganz normaler Schokoladenkuchen, war aber den Vorschriften des Pessachfestes entsprechend aus ungesäuertem Teig gebacken worden.
Es war mir eine besondere Ehre, Alfred Molina kennenzulernen. Alfred hatte viele Fragen zu Moody, zu unserer Beziehung und dazu, wie Moody sich Mahtab gegenüber verhalten hatte. »Was würde Moody in dieser Situation tun? Wie würde er sich bewegen? Was würde er sagen? Womit beschäftigten Mahtab und Moody sich am liebsten, wenn sie zu Hause waren? Sprach er mit ihr wie mit einem Erwachsenen oder wie mit einem Kind?«
Alfred sah ganz anders aus als mein Ex-Mann. Der Schauspieler war größer und schlanker, trug einen Bart und hatte mehr Haare. Alfred nahm seine Rolle ernst und spielte Moodys Stimmungsumschwünge sehr überzeugend.
Er hatte Moodys Stimme und dessen Verhalten so sehr verinnerlicht, daß es mich aus der Fassung brachte.
Schließlich fragte ich ihn im Scherz, ob er sich heimlich mit Moody treffe.
Alfred ist ein fürsorglicher und zugänglicher Mann, der gut mit den anderen Schauspielern auskam. Er aß lieber im Mannschaftszelt als in seinem Wohnwagen und erprobte gern sein komödiantisches Talent. Bei den Dreharbeiten blieb er freilich ernst. Seine Frau, die ebenfalls Schauspielerin ist, war eine Zeitlang am Drehort.
Die beiden erzählten, wie sie von meiner Geschichte gehört hatten. 1988, als ich auf Lesereise in England war, saßen sie gerade am Küchentisch beim Mittagessen, als ein Interview mit mir im Rundfunk gesendet wurde.
»Das wäre der Stoff für einen Film*» sagte Alfred zu seiner Frau, ohne auch nur im entferntesten 322
zu ahnen, daß er einmal die männliche Hauptrolle darin spielen würde. Während der Aufnahmen wurde immer wieder darüber gewitzelt, wie überzeugend Alfred in den Szenen sei, in denen er gewalttätig zu sein hatte. Seine Frau scherzte: »Darin hat er viel Übung - von zu Hause.« Natürlich bekam er das während der restlichen Dreharbeiten noch oft von uns anderen zu hören.
Als die Fluchtszene »im Kasten« war, kamen die amerikanischen Szenen in Atlanta, Georgia, an die Reihe, die in der Zeit vor unserer Reise in den Iran spielten. Wie in den meisten Spielfilmen wurden die Szenen für Nicht ohne meine Tochter nicht in ihrer tatsächlichen zeitlichen Abfolge gedreht.
Auf der Heimreise von Israel legten Mahtab und ich einen Zwischenstopp in Paris ein und besuchten Bernard Fixot, unseren französischen Verleger. Die Verkaufszahlen unseres Buches hatten gerade die Anderthalb-Millionen-Grenze überschritten, und Bernard sagte: »Wenn man bei uns Anlaß zum Feiern hat, geht man ins Maxime.«
Mein Lektor Antoine Audouard und seine Frau holten uns im Hotel ab. Beide staunten darüber, wie groß Mahtab in der Zwischenzeit geworden war, und fanden, sie sehe in ihrem gestreiften Baumwollkleid entzückend aus. In dem legendären Restaurant erhielt Mahtab noch mehr Komplimente. »Mahtab, dein Kleid ist wunderschön«, sagte Michelle, unsere französische Literaturagentin. »Wo hast du es her?«
Da Mahtab in der Öffentlichkeit eher schüchtern ist, erwartete ich, daß sie wie gewöhnlich nur mit einem Achselzucken antworten würde. Doch statt dessen gab sie sachlich und mit ungewöhnlich lauter Stimme Auskunft: »Von K-Mart!« Ich hatte das Kleid in dem bekannten amerikanischen Discountladen im Vorbeigehen von der Stange gekauft.
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Unsere Freunde schwärmten weiter, und mir wurde klar daß ich die einzige war, die sich über Mahtabs Antwort amüsierte. Sicher glaubten sie alle, K-Mart sei eine elegante Kinderboutique.
Wir waren lange fort gewesen, und in Michigan wartete eine Menge Arbeit auf mich, darunter wahre Berge von Post. Wir waren erst wenige Stunden zu Hause, als Bill Hoffer anrief und berichtete, die Kinder der Freundin eines seiner Koautoren seien gerade in den Iran entführt worden. Er bat mich, mit der Frau zu sprechen.
Ich rief Jessie Pars sofort an, und sie erzählte mir, ihr sechsjähriger Sohn und ihre achtjährige Tochter seien in der vorangegangenen Woche entführt worden. Sie war völlig verzweifelt und wußte nicht, an wen sie sich wenden sollte. Arnie und ich boten an, zwei Tage später zu ihr nach Philadelphia zu fliegen und zu klären, ob wir ihr irgendwie
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