02 - Aus Liebe zu meiner Tochter
helfen konnten.
Jessie, ihre Schwester und ihr Schwager holten mich am Flughafen ab; anschließend fuhren wir zu ihr nach Hause. Als ich Jessies Haus betrat, sah ich noch die Ostereierkörbe der Kinder auf dem Tisch und um die Ecke im Wohnzimmer ihre Spielsachen. Jessie sagte: »Als die Kinder loszogen, um ihren Vater zu besuchen, winkte mein Sohn Cy mir von der Einfahrt aus zu und rief: >Mom, vergiß nicht, Bobby zu meinem Geburtstag einzuladen.« Jessie konnte die Tränen nicht zurückhalten. »Heute ist sein sechster Geburtstag!«
Jessie hatte einige Telefongespräche aufgenommen, die sie in letzter Zeit mit ihrem früheren Mann geführt hatte.
Wir hörten uns einige Aufnahmen an, unter anderem auch eine kurze Nachricht von ihrer Tochter Sarah.
Schluchzend rief Sarah: »Mommy, komm und hol mich! Komm und hol mich!« Keiner der um den Tisch Versammelten konnte die Tränen unterdrücken. Uns allen war klar, daß diesen Kin-324
dern, die in einem Dorf im nördlichen Iran gefangen waren, sobald wie möglich geholfen werden mußte.
Wir flogen an jenem Nachmittag wieder nach Hause zurück, denn am folgenden Tag wurde ich zu den restlichen Dreharbeiten von Nicht ohne meine Tochter in Atlanta erwartet. Aber wir blieben mit Jessie in Verbindung und rieten ihr, den Kontakt zu ihrem früheren Mann aufrechtzuerhalten. Vielleicht konnte sie ihn überzeugen, den Iran mit den Kindern wieder zu verlassen. Das war der einzige Weg, die Kinder nach Amerika zurückzuholen.
Meine Freundin Mary Ann Morris, die Frau meines Hausarztes, begleitete Mahtab und mich nach Atlanta. Ihre Tochter Jamie und ihre Nichte Haley kamen auch mit, um Mahtab Gesellschaft zu leisten. Später schlossen sich uns noch Arnie und Michael an. Es war für mich wunderbar, so viele mir wichtige Menschen um mich zu haben und mit ihnen während der Dreharbeiten meine Aufregung teilen zu können.
Wieder war ich beeindruckt von dem Aufwand, mit dem Brian und die Uflands versucht hatten, die dem Fluß zugewandte Seite unseres Hauses in Alpena, Michigan, nachzubauen. Sie hatte die gleichen großen Fenster mit Blick auf den Fluß und glich dem Vorbild so sehr, daß einige unserer Bekannten später meinten, die Szenen seien in Alpena aufgenommen worden. (Übrigens hatte ich gehofft, die Dreharbeiten würden in Alpena stattfinden. Aber es war erst Mai, und wir brauchten eine sommerliche Atmosphäre.) Ich hatte meine iranischen Sachen an den Drehort schaffen lassen, außerdem Mahtabs Wiege sowie einige alte Spielsachen und Puppen, denen wir Mahtabs frühere Babykleider anzogen.
Mr. und Mrs. Brooks, die Eigentümer des Hauses, er-zählten uns, eines Tages habe ein Fremder vor der Tür gestanden und gefragt: »Dürfen wir in Ihrem Haus einen Film 325
drehen?« Sie waren von der Idee begeistert und sagten sofort zu. Ein Vertrag wurde unterzeichnet, und dann schaffte die Crew alle Habseligkeiten der Besitzer aus dem Haus und richtete es neu ein. Man nähte Vorhänge und hängte sie auf; als Brian sie sah, meinte er: »Die passen nicht. Nehmt sie wieder ab!« Sofort wurden neue genäht. Als die Einrichtung fertig war, sahen die Innenräume des Hauses fast so aus wie die, in denen ich sechs Jahre zuvor gewohnt hatte.
Die fünf Tage dauernden Dreharbeiten in Atlanta waren besonders anstrengend. Die Schauspieler litten unter der Zeitumstellung und waren noch von den Sieben-Tage-Wochen in Israel erschöpft - vor allem Sally, deren zweijähriger Sohn sich noch an die Zeitumstellung gewöhnen mußte. Die Nerven aller waren zum Zerreißen gespannt.
Schließlich näherten sich die Dreharbeiten dem Ende. Als die Außenaufnahmen abgeschlossen waren, lud man die Sträucher und Blumen, die den Weg zum Fluß verschönert hatten, in einen Lastwagen. Nach Beendigung der Innenaufnahmen wurde der Rest abtransportiert. Man ersetzte die neuen durch die ursprünglichen Tapeten und strich die Wände wieder um. Wenig später war das Filmteam verschwunden - so schnell, wie es gekommen war.
Während der Vorbereitungen zur Premiere meines Films, die im Januar 1991 stattfinden sollte, wurden Mahtab und ich im Dezember von MGM nach New York eingeladen, wo wir uns den Film vorab im kleinen Kreis ansehen sollten. In der Vorweihnachtszeit besuche ich New York am liebsten. Außerdem war es eine willkommene Gelegenheit, den Film kennenzulernen, bevor wir unsere Gefühle mit der ganzen Welt teilten.
Das Ereignis fand einen Stock unter dem Büro meines Agenten von der William-Morris-Agentur statt.
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