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02 - Aus Liebe zu meiner Tochter

Titel: 02 - Aus Liebe zu meiner Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Betty Mahmoody
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und stöhnte ununterbrochen. Dr. Gerald Brenton, der Unfallchirurg, sah mir mein Entsetzen an. »Keine Sorge, er wird sich daran nicht erinnern«, tröstete er mich. Dann legte er mir die Hand auf die Schulter und sagte: »Ich kann es nicht medizinisch begründen, aber ich glaube, er wird es schaffen.«
    Jan fuhr mich nach Ann Arbor. Während der dreistündigen Fahrt schloß ich die Augen und betete.
    Als ich John in dem weitläufigen Zentrum wiederfand, atmete er regelmäßiger - dank der Verabreichung von reinem Sauerstoff - und sah viel besser aus.
    Ein paar Stunden später, als sein Zustand sich einigermaßen stabilisiert hatte, mußte John sich einer neunstündigen Operation unterziehen. Selbst in dieser langen Zeit konnte man nur sein Bein und seine Hüfte operieren. Sein linker Arm sollte von allein heilen; er ist bis heute krumm. Die Operation verlief zwar erfolgreich, aber Johns Zustand blieb über eine Woche lang kritisch. Nachdem alle anderen Familienmitglieder abgereist waren, nahm ich ein Zimmer im Gästehaus der Klinik und sagte den Rest meiner Vor-tragsreise ab.
    Die damalige Moderatorin der CBS Morning Show, Mariette Hartley, hatte sich sehr an meiner Geschichte interessiert gezeigt, und es tat mir besonders leid, ihr abzusagen. Sie rief mehrmals im Krankenhaus an, um mit mir zu sprechen und sich nach Johns Zustand zu erkundigen. Obwohl ich nicht nach New York kommen konnte, brachte sie einen Extrabericht über mein Buch und ließ John herzlich grüßen.
    Während der ersten Tage in Ann Arbor mußte John solche Schmerzen ertragen, daß er kaum jemanden um sich herum wahrnahm. Ich ging in sein Zimmer, stand neben seinem Bett und sah ihn stundenlang einfach nur an. Als ich mich eines Tages umdrehte, stand Sherrie Bourgois, eine Zeitungsreporterin, die kurz vorher einen Artikel über mich geschrieben hatte, vor mir im Krankenzimmer. Sie stand einfach da und weinte. Wir hatten uns zwar nur einmal getroffen, aber sie blieb während Johns langem Krankenhausaufenthalt bei mir, und wieder entwickelte sich eine wertvolle Freundschaft.
    Ich war froh, daß der Unfall nicht während meiner Zeit im Iran passiert war. John brauchte jetzt eine Mutter, und 57
    ich konnte bei ihm sein und ihm zeigen, wie sehr ich ihn liebte.
    Als der Schock nachließ, klammerte John sich an mich, als sei ich seine einzige Rettung. Er hatte große Angst vor dem Alleinsein. Jedesmal, wenn ich in mein Zimmer ging, um mich etwas auszuruhen oder zu duschen, ließ er mich von den Krankenschwestern zurückholen - und das nur, um mich anzuschreien und ständig irgendwelche Forderungen zu stellen. Die Krankenschwestern sagten, sie erlebten immer wieder, daß die Opfer lebensgefährlicher Unfälle ihre Wut an denen ausließen, die sie am meisten liebten.
    Die Narben im Gesicht meines Sohnes heilten rasch -Roger Morris hatte beim Nähen hervorragende Arbeit geleistet -, nicht dagegen die emotionalen Wunden. Ich versuchte, seine Launen ruhig hinzunehmen, denn ich wußte, daß auch diese Phase vorübergehen würde.
    Sechs Wochen nach dem Unfall kam John nach Hause, obwohl er noch vier weitere Monate rund um die Uhr Pflege brauchte. Sein Körper steckte in einem Gipsverband. Das mußte für einen aktiven Teenager wie ihn eine Qual sein. Jede Benutzung der Bettpfanne erforderte einen hydraulischen Lift. Das, was während der letzten drei Jahre passiert war - mein Verschwinden, Dads Tod und nun sein lebensgefährlicher Unfall überforderte ihn fast.
    »Warum ich?« weinte er.
    Aber er machte bemerkenswerte Fortschritte. Wie sein Großvater konnte er nicht liegenbleiben. Im Januar 1988, drei Monate nach dem Unfall, hüpfte er in seinem Gipskorsett in die Küche und backte Schokoladenplätzchen.
    Jeden Tag arbeitete er mit einem Hauslehrer und einigen Klassenkameraden. Sein erklärtes Ziel war, im Juni an seiner High-School-Abschlußfeier teilzunehmen.
    Selbst nachdem ein Teil des Gipsverbandes abgenommen worden war, hatte John nicht genug Kraft in den Armen,
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    um an Krücken zu gehen. Die Ärzte meinten, er solle seine Abschlußfeier im Rollstuhl absolvieren, aber das war unter seiner Würde. Täglich übte er mit seinen Krücken, bis er stark genug war, im Gleichschritt mit den anderen Absolventen in die Festhalle einzumarschieren.
    Als John an der Reihe war, sein Zeugnis in Empfang zu nehmen, und nach vorne ging - an Krücken zwar, aber entschieden aus eigener Kraft -, ließen ihn alle hochleben. Alle wußten, daß er an diesem Tag eigentlich

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