02 - Beiss mich, wenn du kannst
angriffsbereiten Klauen.
Mit Gewissheit bin ich genauso primitiv und animalisch wie jeder andere Vampir auch (irgendwie), aber für den Jagdsport habe ich nie viel Verständnis gehabt. Jagen, um zu überleben? Ja, schon. Aber nur für geschmacklosen Dekor? Das begreif ich einfach nicht.
Das Tierleichen-Motiv zog sich von den Wänden durch bis hin zu den entlegensten Ecken und Winkeln der Hütte. Auf einem unvollendeten Kieferntischchen tickte eine Uhr in Gestalt eines ausgestopften Waschbären.
Ein Bärenfell bedeckte den abgetretenen Holzboden. Sofa und Sessel waren mit einem Stoff in Tarnfarben bezogen. Eine passende Decke lag auf dem Himmelbett, das seitlich an der Wand stand. Auf dem kleinen Dachboden befand sich noch ein kleineres Bett mit einer Miniversion derselben Decke.
Kissen in Tarnfarben bedeckten auch die zwei Küchenstühle. Mitten auf dem hölzernen Küchentisch saß ein kleines ausgestopftes Eichhörnchen und knabberte an einer unechten Nuss. Ein ausgestopfter Fuchs zierte den Sims über einem gemauerten offenen Kamin, der bis fast unter die Decke reichte.
Uber uns strahlte ein Kronleuchter, der ausschließlich aus Geweihen bestand.
„Ich glaube, das hier hab ich schon mal gesehen."
Ty sperrte das Schloss an der hölzernen Tür zu und zog die Vorhänge vor das Fenster, das gleich daneben lag. „Du bist schon mal hier oben gewesen?"
Ich schüttelte den Kopf und stellte meine Kosmetiktasche auf den halbfertigen Beistelltisch - mitten zwischen einen Kerzenhalter (ein Geweih) und ein Fotoalbum (in Rohleder eingebunden). „Auf dem Travel Channel. Die Sendung hieß, glaube ich, Zehn Orte, an denen Sie auf gar keinen Fall übernachten sollten, wenn Sie Urlaub in der freien Welt machen" Ich ließ meinen Blick ein zweites Mal durch den Raum schweifen. „Ich meine, das hier war auf Platz eins."
Er schloss die Vorhänge - Tarnmuster, was sonst? - vor sämtlichen Fenstern, bevor er die einzige Tasche nahm, die er sich geschnappt hatte, bevor wir aus seinem Apartment geflohen waren, und mit ihr zum Sofa ging. „Das ist die beste Blockhütte in der ganzen Gegend hier", sagte er. „Sie gehört so einem Typ, den ich kenne."
„Na sieh mal einer an." Ich setzte mich in einen der Sessel. Bequem, wenn auch irgendwie gruselig. „Dann hast du also doch Freunde." Ty sprach nie über seinen Freundeskreis. Möglicherweise lag das daran, dass ich ständig auf der Suche nach neuen Klienten war.
„Wir sind keine Freunde." Er holte seinen Laptop heraus und stellte ihn auf den Wohnzimmertisch. „Wir haben bloß ein paar Fälle zusammen bearbeitet.
Er ist beim NYPD."
„Er stellt dir seinen privaten Wohnraum zur Verfügung. In meinen Augen sieht das verdächtig nach Freundschaft aus." Ich streckte die Hand aus und nahm meine Kosmetiktasche vom Tisch, damit er mehr Platz hatte. „Dieser Typ. Er ist wohl nicht zufällig ein gewandelter Vampir, oder doch? Denn wenn ja, finde ich wirklich, du solltest mich ihm eine meiner Klientinnen vorstellen lassen: Esther. Von der ich dir schon mal erzählt habe?"
„Das ist doch wohl nicht zufällig die, mit der du mich vor einiger Zeit verkuppeln wolltest?"
„Genau das ist sie, aber sie ist eigentlich gar nicht dein Typ. Sicher, sie ist eine Gewandelte, aber das ist auch schon alles, was ihr gemeinsam habt.
Allerdings, auch wenn sie zu dir nicht passen würde", weil sie nicht ich ist, „sie ist wirklich süß." Er warf mir einen raschen Blick zu, während er den Computer öffnete, und seine Augen leuchteten grimmig. Mein Mund wurde trocken. „Natürlich nicht im eigentlichen Sinne des Wortes. Ich meine, das mag schon sein, aber davon weiß ich natürlich nichts, weil ich ja nie von ihr gekostet habe." Ich wandte meinen Blick ab und kramte geschäftig in meiner Schminktasche nach dem Lipgloss. „Ich meinte das im übertragenen Sinn." Ich unterstrich den Satz mit einigen Tupfern Shimmering Heaven und presste meine Lippen aufeinander.
Tys Blick heftete sich an meinen Mund, und er beobachtete mich, wie ich tupfte und presste, als ob er unter Hypnose stünde.
In meinem Bauch kitzelte es, und ich hatte Mühe, meiner plötzlich ausgetrockneten Kehle ein paar Worte abzuringen. „Also, wie wär's?" Ich schloss den Lipgloss und ließ ihn wieder in meine Tasche gleiten.
Er riss seinen Blick von mir los und schüttelte den Kopf. „Er ist kein gewandelter Vampir."
„Ein gebürtiger? Denn ich habe eine ganze Menge Klien-" „Nöö."
„Wer-Chihuahua?"
Ein Grinsen zuckte
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