02 - Beiss mich, wenn du kannst
der Tastatur herum, schickte eine E-Mail an seinen Freund mit der eigenen Liga und klappte den Deckel wieder zu.
„Ich muss jetzt los und ein paar Vorräte besorgen."
„Aber es wird doch gleich hell."
„Darum muss ich ja auch jetzt sofort gehen. Schließlich war es eine lange Nacht. Du solltest dich ausruhen und hinlegen. Ich bin bald wieder da." Sein nächster Blick spießte mich quasi auf. „Ich mein s ernst. Bleib in der Hütte. Wir haben jetzt einen sicheren Ort, aber das wird nicht so bleiben, wenn du wieder damit anfängst herumzuflattern und Freunde zu besuchen."
„Wer muss denn fliegen?" Ich hielt das Handy hoch, das er mir gegeben hatte.
„Ich kann das Ding doch immer noch benutzen, oder?"
Er nickte. Dann bewegte er sich so schnell, dass ich nichts als einen schwarzen, verschwommenen Schemen sah. Die Tür schloss sich, und ich war wieder mal allein.
Allein. Nicht einsam, rief ich mir ins Gedächtnis. Ein Riesenunterschied. Ich war (a) daran gewöhnt, allein zu leben und unabhängig zu sein, und (b) hing ich nicht im Geringsten von Tys Gegenwart ab, um mich ... irgendwie komplett zu fühlen.
Sicher, ich war den Cops gerade eben erst mit knapper Not entkommen, und wer auch immer darauf aus war, mir eins auszuwischen, hatte jetzt auch noch meinen Traummann in die Sache hineingezogen. Ich war am Ende mit den Nerven, aber irgendwie würde ich schon klarkommen. Schließlich hatte ich nicht wirklich richtige Angst.
Komm mal wieder auf den Teppich. Um Damiens willen, ich war ein Vampir.
Ich gehörte zu den Schlimmsten unter den Schlimmen. Den Teuflischsten unter den Teuflischen. Den Bösartigsten unter den ... Na, ich schätze, Sie verstehen, worauf ich hinauswill.
Also widersetzte ich mich dem Drang, das Schloss an der Tür zu überprüfen, nahm meine Schminktasche und ging ins Badezimmer. Nachdem ich mich ein bisschen frisch gemacht hatte -und dazu „Dontcha" von den Pussycat Dolls gesummt hatte, um der bedrückenden Stille zu entkommen -, kletterte ich auf den Dachboden und glitt unter die Tarn-Decke.
Angesichts meiner Stimmung war es nicht mal annähernd so unheimlich, wie ich befürchtet hatte. Was soll ich sagen? Ich steh nun mal auf weiche, kuschelige Matratzen. Ich schloss die Augen und ergab mich voll und ganz der Erschöpfung, die an meinen Muskeln zerrte.
Erschöpfung tat so gut.
Sie verhieß Schlaf, statt sich ruhelos hin- und herzuwälzen und sich wie ein Kampffisch im Goldfischglas zu fühlen, dank des ausgestopften Luchses, der in der Ecke saß und mich anstarrte.
Auf der anderen Seite blieben mir noch ganze dreiunddreißig Minuten bis zum Sonnenaufgang. Ich bin nie gern früh ins Bett gegangen. Also setzte ich mich auf und streckte erst einmal die Hand nach meinem Handy aus, das auf dem Nachttisch lag.
23
Auf mich warteten insgesamt fünf neue Sprachnachrichten. Nicht gerade die Welt, aber genug, um mir die Zeit zu vertreiben, bis Ty wiederkam und mich von dem Luchs ablenkte.
„Es hat nicht geklappt", verkündete meine Mutter, als ich die erste Nachricht abhörte. „Dein Vater und ich haben zwei Stunden mit ihm verbracht, nachdem du mit dieser Frau fortgefahren warst. Zwei völlig nutzlose Stunden. Jack ist vollkommen verhext."
„Heutzutage sagt man dazu unter dem Pantoffel stehen", fügte mein Vater im Hintergrund hinzu.
„Wie du meinst, mein Lieber. Der springende Punkt ist aber, dass er einfach nicht auf die Stimme der Vernunft hört." Alias meine Mutter. „Er lässt sich von diesem Wahnsinn nicht abbringen und hat doch tatsächlich vor, eine Beziehung mit einem Menschen zu führen. Ich schwöre dir, ich stehe ganz ganz kurz davor, mich in das nächste Buttermesser zu werfen."
In meinem Kopf spielte der Hochzeitsmarsch. Wie würde das wohl erst werden, wenn sie den richtigen Knaller hörte ...
„Er hat darauf bestanden, dass wir morgen zu diesem Treffen erscheinen", fuhr meine Mutter fort. „Und wenn mir mein Instinkt auch rät abzulehnen, so kann ich doch nicht nicht kommen, wenn mein Sohn so offensichtlich manipuliert wird. Was für eine Mutter wäre ich denn dann?"
Eine von der Sorte, die sich nicht einmischt, ihre Kinder erwachsen werden und eigene Fehler machen lässt. Mit anderen Worten: nicht meine Mutter.
„Diese Frau wird Jack nicht wehtun. Das werde ich einfach nicht zulassen. Ich habe vor, ihn zu retten, welche Maßnahmen dazu auch immer nötig sein mögen. Wenn das bedeutet, ein paar lästige Menschen zu töten, dann ist das halt so. Ich habe
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