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02 - Beiss mich, wenn du kannst

02 - Beiss mich, wenn du kannst

Titel: 02 - Beiss mich, wenn du kannst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kimberly Raye
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nur ein bisschen harmloses Wachs.
    Wenn Sie sich weiter so anstellen, was passiert dann erst, wenn ich den Sekundenkleber raushole?"
    Am frühen Freitagabend starrte ich in den kleinen Badezimmerspiegel und beäugte mein Spiegelbild. Ich trug mein schwarz-weißes Wickelkleid von Diane von Fürstenberg mit den angeschnittenen Ärmeln und meine Sandalen von Vivia, aus normalem und Schlangenleder - dasselbe Outfit, das ich auch getragen hatte, als Ty und ich vor den Cops fliehen mussten.
    Wenn das auch nicht gerade meine erste Wahl war, um meine bislang wichtigste Klientin zu treffen - diese Ehre gebührte meinem schwarzen Anzug von Dolce & Gabbana mit der Tasche von Francesco Riasia -, so würde es doch ausreichen müssen.
    Immerhin hatte ich nicht mit Boxershorts und einem gammligen T-Shirt in Tys Bettchen gekuschelt, als die Cops auftauchten. Das wäre wirklich das Grauen gewesen.
    Ich atmete tief ein, um das hektische Pochen meines Herzens zu lindern.
    Ohne Erfolg.
    Dann hörte ich mit der Atmerei auf, nahm all meinen Mut zusammen und packte den Türknauf. Mein Herz schlug ein Metallica-Schlagzeug-Solo, als ich das Bad verließ und zur Küche ging, wo Ty über seinen Laptop gebeugt saß.
    Er trug verwaschene Jeans und sonst nichts. Sein Rücken war breit und muskulös, seine Arme wohlgeformt. Sein langes, dunkles Haar reichte bis in den Nacken - und ich verspürte das Verlangen, mit den Fingern hindurchzufahren.
    Beziehungsweise ich hätte dieses Verlangen verspürt, wäre ich nicht ein Profi durch und durch gewesen, der nur eins im Sinn hatte: Viola zufriedenzustellen und den Rest meines Honorars zu kassieren. Na gut, das war also schon mal zweierlei. Die Hauptsache aber blieb: arbeiten, nicht spielen. Kapiert?
    Offensichtlich teilte Ty meine Hingabe, denn er blickte nicht einmal auf, als ich um den Tisch herumging und auf dem Stuhl ihm gegenüber Platz nahm.
    Seitdem mir die Sache mit der wütenden Wer-Familie eingefallen war, arbeitete er Tag und Nacht an diversen Hintergrundchecks, die die Familie des eifersüchtigen Werwolfs betrafen: Mutter, Vater, Schwestern, Brüder, Cousins, Cousins zweiten Grades, Großväter, Großmütter, Urgroßväter, Urgroßmütter (hatte ich es nicht gleich gesagt?).
    Unter den zweihundertzweiundsechzig Verwandten hatte Ty wenigstens zwei Hinweise gefunden, die es wert waren weiterverfolgt zu werden. Einer der Brüder des Wolfs hatte wegen Körperverletzung gesessen und der Exfreund einer Cousine hatte erst kürzlich eine einstweilige Verfügung gegen sie erwirkt. Beides bestätigte, was ich vermutet hatte: durchgeknallte Verwandte, die zu jeder Art von Gewalt fähig waren.
    Ich räusperte mich. „Schöner Abend."
    Er grunzte nur.
    Beschäftigt. Das war gut. Das bedeutete, dass er nicht richtig zuhörte. Wenn ich also, ganz sachlich, verkündete, dass ich mich jetzt mit Lloyd treffen würde, bestand doch die mikroskopisch kleine Chance, dass er mich nicht mal hören würde.
    Nun war mir noch nie wichtig gewesen, wie gut oder schlecht meine Chancen standen. Also machte ich den Mund auf. „Ich-"
    „Nein."
    „Du weißt doch noch gar nicht, was ich sagen will." „Du gehst nicht."
    „Ich muss gehen."
    Er klickte eine letzte Taste und schloss den Deckel des Laptops. Dann lehnte er sich in seinem Stuhl zurück und verschränkte die Arme. Muskeln schwollen an, und mir wurde ganz seltsam. Er musterte mich von oben bis unten.
    „Warum bist du nicht einfach aus dem Badezimmerfenster raus?", fragte er schließlich.
    Ich zeigte auf die Vivias. „In den Schuhen?"
    „Du hättest die Gestalt wechseln können. Fledermäuse tragen keine Schuhe."
    „Was willst du damit sagen?"
    „Dass du es hättest tun können, aber nicht getan hast."
    „Du willst doch damit sicher nicht andeuten, dass ich ein Gewissen hätte?"
    Dass ich mich eventuell der einen Person verpflichtet fühlen könnte, die alles tat, was in ihrer Macht stand, um mir zu helfen? „Ja klar."
    „Warum hast du 's dann nicht getan?"
    „Meine Nachtsicht ist im Augenblick gerade nicht so toll." Hah. Das war die Wahrheit. Zumindest teilweise.
    Er starrte mich eine ganze Weile an, bevor er zu einem Entschluss zu kommen schien. Dann nahm er eine halb leere Flasche Blut, aus der er während der Arbeit getrunken hatte, und schob sie mir über den Tisch zu.
    Der süße, berauschende Duft stieg mir verlockend in die Nase, ich fühlte die scharfe Spitze meiner Fänge an der Zunge. Mich juckte es in den Fingern zuzugreifen.
    Nur ein Schluck

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