02 - Der 'Mann in Weiß'
informieren.‹ Deshalb habe ich nach Ihnen gesucht.« Tom schaffte es, die Lüge mit einem fragenden Gesichtsausdruck zu garnieren.
Cenobio Cordova runzelte die Stirn. »Das verstehe ich ehrlich gesagt nicht ganz. Ich hatte ein paarmal Kontakt mit Professor Branson, ja, aber das war es dann auch schon.«
»Was wollten Sie denn von ihm?«
Cordova kicherte. »Was ich von ihm wollte? Fragen Sie lieber, was er von mir wollte. Branson wusste wohl, dass ich ein paar reiche und ehrenwerte Leute kenne, die nach Maya-Kunst geradezu verrückt sind. Für echte Stücke direkt von der Quelle wären sie bereit, ein kleines Vermögen auszugeben. Aber das geht natürlich nicht, weil Grabräuberei illegal ist. Das habe ich auch in aller Deutlichkeit zu Señor Branson gesagt, der wissen wollte, ob ich das eine oder andere von ihm gefundene Artefakt vermitteln könnte.«
»Natürlich.« Tom grinste. Und wurde sofort wieder ernst. »Hören Sie, Cordova. Ich weiß, dass Branson an einer heißen Sache dran war. Er hat im Auftrag Grabungen durchgeführt, um etwas ganz Bestimmtes zu suchen. Und er hat es gefunden, bevor ihn die Indios hopps gehen ließen. Nun bin ich auf der Suche nach seinem Auftraggeber, um ihm die Funde zukommen zu lassen, denn sie sind in meinem Besitz. Ich hatte bis jetzt die Hoffnung, Sie könnten dieser Auftraggeber sein.«
Cordova zögerte einen Moment. Dann schüttelte er bedauernd den Kopf. »Nein, der bin ich nicht, tut mir leid. Ich kannte Branson wirklich nur flüchtig. Hm… Hören Sie, Señor Ericson, ich verfüge über einiges Wissen, was Maya-Kunst anbelangt. Möglicherweise könnte ich Ihnen bei der Einordnung von Bransons Fundstücken helfen, wenn ich einen Blick darauf werfen könnte.«
Tom zog die Stirn kraus. »Gar keine so schlechte Idee…« Dann glättete sich seine Miene wieder. »Aber wenn Sie nicht der Auftraggeber sind, wird daraus nichts. Die Funde scheinen äußerst wertvoll zu sein, da verstehen Sie sicher, dass ich kein Risiko eingehen will.«
Tom sah nun unverhohlene Gier in den Augen des Mannes. »Ja, natürlich, natürlich. Aber vielleicht kann ich Ihnen in anderer Weise behilflich sein. Wie gesagt, ich verfüge über ausgezeichnete Kontakte. Sicher wäre es mir möglich, Professor Bransons Auftraggeber zu ermitteln.«
»Ich dachte, Sie raten von solcherlei Geschäften ab.«
Cordova tupfte sich den Schweiß von der Stirn, den er trotz Klimaanlage nun verstärkt produzierte. »Nun, das tue ich in der Tat… unter normalen Umständen schon. Aber wenn es darum geht, den letzten Willen eines Sterbenden zu erfüllen, wäre ich bereit, ein einziges Mal eine Ausnahme zu machen.«
Tom nickte zögernd. »Ehrlich gesagt hatte ich schon Sorge, wie es nun weitergehen soll. Es wird sicher nicht einfach, den Auftraggeber ausfindig zu machen…« Er gab sich einen Ruck. »Also gut, Señor Cordova, ich bin gewillt, Ihre Hilfe in Anspruch zu nehmen, natürlich gegen eine Provision am Verkaufspreis. Wenn Sie anschließend Zeit haben, kommen Sie doch einfach in meinem Hotel vorbei, dann besprechen wir alles Weitere und ich zeige Ihnen Fotos der Fundstücke. Sie wissen ja, wo mein Hotel ist, schließlich haben Sie's selbst für mich gebucht.« Tom fletschte die Zähne wie ein Barrakuda.
»Ein schönes Haus, nicht wahr? Ich habe mir erlaubt, einige Anteile daran zu kaufen. Deswegen empfehle ich es meinen Freunden und Geschäftsfreunden besonders gerne.«
Langsam stieg das U-Boot wieder auf. Die »fantastische Reise«, von der Tom so gut wie nichts mitbekommen hatte, näherte sich ihrem Ende.
Nachdem sich alle Passagiere wieder an Land befanden, bekam jeder Einzelne vom Busfahrer eine bunte Urkunde mit seinem Namen und rührend naiven Zeichnungen der ATLANTIS samt Riff und Fischen überreicht.
»Ab heute sind Sie alle berechtigt, sich Atlantis-U-Boot-Fahrer zu nennen!«, brüllte der Busfahrer mit fast überkippender Stimme. »Heben Sie sich Ihr Zertifikat gut auf, wenn Sie Ihren Enkeln später beweisen wollen, dass Sie als echter Tiefseefahrer einhundert Fuß unter dem Meeresspiegel waren! ‒ Und das werden wir jetzt feiern!«
Auf vier eilends von den Fotografen aufgestellten Klapptischen standen Gläser mit einem hellgrünen Getränk und einem auf den Rand gesteckten Zitronenstück bereit. Tom wollte mit Cordova anstoßen, sah ihn aber nirgends mehr. Gleich darauf sprang irgendwo im Dschungel hinter dem Bootshaus ein Automotor an.
»Na, dann eben nicht. Prost.« Er hob das Glas in Richtung
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