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02 - Die Gefangene des Wikingers

02 - Die Gefangene des Wikingers

Titel: 02 - Die Gefangene des Wikingers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heather Graham
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heiligste Ort für alle Pilger von ganz England. St. Cuthbart hatte hier ein Jahrhundert vorher als Abt gelebt und gelehrt… Man schrieb das Jahr des Herrn 793, und das Unwetter wiederholte sich.«
    Rhiannon drehte sich immer wieder, eine exotische Schönheit mit Haar wie wirbelndes Feuer, mit Augen gleich silbernen Edelsteinen, mit der sinnlichen, schwerelosen Eleganz, ihres jungen Körpers. Sie hielt inne und fiel zu Boden, und der Donner wurde immer lauter, um dann zu ersterben…
    Dann erklang wieder ihre Stimme. Sie erzählte, wie ein wilder Haufen Lindesfarne überfallen hatte. Wie mit der blanken Klinge der Axt Morde begangen wurden, wie die Felder mit Blut überschwemmt und die gelehrten Schriften in das ewige Höllenfeuer der Heiden geworfen wurden, die über diesen Ort gekommen waren. Um einen größeren Effekt zu bewirken machte sie eine Kunstpause. »Wikinger, Mylords. Keine Dänen. Norweger!«
    Sie streckte ihre weißen und anmutigen Arme aus. Langsam richtete sie sich auf und erhob sich, und es war immer noch kein Laut zu hören. Auch Eric bewegte sich nicht, denn ‘ihm war klar, dass sie mit diesem letzten Trick versuchte, ihn bei seinen englischen Gastgebern in Misskredit zu bringen. Ihre Augen suchten in dem dunklen Raum nach den seinen, und er wusste, dass sie ihm nie vergeben würde, dass er in ihr Leben eingebrochen war und es völlig verändert hatte.
    Er hätte sich am liebsten erhoben und sie voller Wut geschlagen. Er glaubte nicht, dass sie es auf ein Blutvergießen anlegte; sie wollte ihn für das leiden sehen, was er war: ein Wikinger. Sie schien ihm nicht einen einzigen Tropfen irischen Blutes zuzugestehen, aber das spielte keine Rolle. Er war ein Wikinger, und sie hatte ihn tief getroffen. Es musste ihr klar sein, dass es nichts gab, was er unternehmen konnte. Wenn er sich ärgerlich erhob, würde es ein Blutbad geben, denn auch seine Männer würden aufstehen. Sie hatte eine so herzzerreißende Geschichte erzählt, dass sich einfach jeder Engländer an den lang vergangenen Überfall erinnern und aus diesem Grund eigentlich Hass und Rachegedanken nähren musste.
    Sie hatte einen hohen Einsatz gewagt, denn Eric konnte sehen, wie wütend der König auf sie war.
    Im Augenblick hatte sie nicht viel zu befürchten. In der Halle blieb alles still; alle Augen ruhten auf ihr. Ihr Haar wogte um sie wie eine rotgoldene Flamme, und als sie aus dramatischen Gründen eine Pause einlegte, war sie von geradezu schmerzhafter Schönheit, eine Frau, für die ein Mann vermutlich jederzeit in den Tod gehen würde.
    Nun, dachte Eric trocken, sie hatte vor, ihn in den Tod zu schicken. Aber er hatte nicht vor, ihren Wünschen zu entsprechen.
    Dann fing sie wieder an sich zu bewegen und sanft zu sprechen, und Eric, der sie mit zusammengekniffenen Augen und nachdenklich von seinem Platz neben dem König aus beobachtete, fragte sich, wie sie es wagen konnte, Alfred abermals zu erniedrigen, wo sie doch für ihren Ungehorsam ihm gegenüber bereits so viel hatte erleiden müssen. Aber trotz seines großen Zorns würde Alfred warten. Er würde die Männer in der Halle nicht durch irgendeine Reaktion aufbringen. Rhiannon war klug. Gefährlich klug, denn während die Männer dasaßen und von der aufregenden Schönheit des Mädchens und ihrer eigenartig unschuldig wirkenden Art der Erzählung wie verzaubert waren, fuhr sie mit der Geschichte fort. Sie sprach von Alfreds Großvater und seinem Vater und seinen Brüdern. Mit wundersamen, fließenden Worten beschrieb sie die größte Herausforderung seines Lebens, als er im Jahr 878 A. D. auf den Dänen Gunthrum traf. Die Schlacht von Ethandune wurde geschlagen, und es waren nicht die Sachsen, die zur Flucht gezwungen wurden, sondern die dänischen Eindringlinge. Gunthrum legte einen Eid ab, Wessex zu verlassen und nach Danelaw im Norden zu gehen. Er wurde im christlichen Glauben getauft, aber bekanntlich brachen die Wikinger schnell ihr Wort, und jetzt bedrohte Gunthrum abermals die Sachsen.
    Rhiannon schwieg still. Sie hob langsam die Arme und streckte sie gen Himmel, dann erhob sie sich auf die Zehenspitzen, bis sie anmutig gereckt dastand.
    Anschließend ließ sie sich abermals graziös zu Boden sinken. Sie neigte den Kopf und machte eine Pause. Dann hob sie das Kinn, ihre Augen musterten die Anwesenden, und sie stieß einen Schrei aus: »Heil dir, Alfred, König von Wessex!«
    Das Feuer loderte hell auf, und man konnte in der Halle wieder etwas sehen. Zunächst

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