02 - Die Nacht der D?monen
willst«, erwiderte Aubrey kühl.
»Hast du denn überhaupt kein Gewissen?«
»Nicht, dass ich wüsste«, sagte er lässig. »Hör zu, so sehr ich deine Gesellschaft auch schätze, ich ziehe es doch vor, allein zu speisen.«
Er genießt das, begriff Caryn. Er hätte das Gespräch problemlos vermeiden können, indem er verschwand und sich ein anderes Opfer suchte, aber stattdessen spielte er mit ihr.
»Du wirst sie umbringen«, protestierte Caryn.
»Ja und?« In Aubreys Stimme lag Belustigung und er machte einen Schritt auf sie zu. Caryn duckte sich instinktiv, bewegte sich aber nicht von Shannon weg. Wenn er entschlossen war, heute Nacht zu töten, konnte sie es nicht verhindern, dennoch ließ ihr Gewissen nicht zu, dass sie weglief.
»Hast du etwa vor, mich davon abzuhalten?«, spottete er. »Wenn du eine deiner Cousinen wärst, würde ich vielleicht wenigstens so tun, als ob ich mir Sorgen machte ... wahrscheinlich aber auch nicht. Aber so weiß ich genau, dass du niemals mit mir kämpfen würdest, selbst wenn du die Kraft dazu hättest.«
Er sagte die Wahrheit. Niemand in ihrer Blutlinie hatte eine andere Kreatur verletzt, seit Evelyn Smoke als Erste ihrer Ahnenreihe aufgehört hatte, Vampire zu jagen.
»Bitte, Aubrey«, flehte Caryn, die immer verzweifelter wurde.
»Verschwinde, Caryn. Du fängst an, mich zu langweilen.«
»Lass sie gehen«, beharrte Caryn, wenn auch ihre Stimme kaum befehlend klang. Dieses Spiel machte sie krank und, schlimmer noch, sie fragte sich, was passieren würde, wenn er die Geduld verlor.
»Das würde nicht viel bringen«, bemerkte Aubrey. »Ich müsste mir eben jemand anderes aus dem Haus holen. Würdest du sagen, dass das Leben dieses Mädchens mehr wert ist als zum Beispiel das ihres Freundes? Oder ...«
»Du hast wirklich gerade eine Menge Spaß, nicht wahr?«, schrie Caryn, stand auf und ging wachsam auf ihn zu, als ihre Wut ihr endlich genug Mut verlieh.
Aubrey lehnte sich bequem gegen eine Eiche und wartete darauf, dass sie näher kam. Wenn sie von irgendeiner anderen Blutlinie stammen würde – Vida oder Arun, oder selbst Light –, hätte sie ihn jetzt getötet. Aber die Letzte der Light-Linie war vor fast dreihundert Jahren gestorben und die Vidas und Aruns hatten heute Nacht genug mit anderen Vampiren zu tun. So tat Caryn Smoke das Einzige, was sie aufgrund ihrer Erziehung in dieser Situation tun konnte.
Sie atmete tief ein, um sich zu beruhigen, und streckte ihren rechten Arm mit der Handfläche nach oben aus, so dass das filigrane Muster der Venen in ihrem Handgelenk sichtbar war.
»Hier«, sagte sie leise. Ihre Angst war ihr kaum anzumerken. »Mein Blut ist stärker als das eines Menschen.« Ihre Stimme schwankte für einen Moment, aber sie zwang sich weiterzureden. »Du müsstest mich nicht töten.«
Aubreys Blick glitt eine Sekunde lang zu der pulsierenden Stelle an ihrem Handgelenk, aber das war der einzige Hinweis darauf, dass ihr Angebot ihm gefiel.
»Und was sollte mich davon abhalten, dich leerzutrinken?«
»Dein Wort, dass du es nicht tun wirst.«
Die Belustigung in seinem Blick entging ihr nicht. Wäre die Situation andersherum gewesen, hätte sie die Komik gut verstanden. Sein Wort als Garantie für ihre Sicherheit zu nehmen, war genauso, als akzeptierte ein Vampir das Wort irgendeiner Hexe. Die meisten Hexen brachen ihre Versprechen und logen fast schon aus Gewohnheit, wenn es um Aubreys Art ging. Vampire wurden nicht als Personen angesehen, so dass nicht einmal die stolzen Vida zögerten, sie zu betrügen. Allgemein gesprochen fand es allein die Smoke-Linie wichtig, ehrlich zu den Vampiren zu sein.
Es hieß, das Wort eines Vampirs sei so zerbrechlich wie ein Weinglas, und Caryn hatte keine Zweifel, dass es in Aubreys Fall zutraf. In Wirklichkeit gab es nur eine Sache, die sie vielleicht am Leben erhalten würde: Aubreys Wissen, dass augenblicklich alle Vampirjäger der anderen Blutlinien zu einem Vergeltungsschlag ausholen würden, wenn er eine Hexe der Familie Smoke tötete. Caryns Herzschlag wurde vor Angst schneller, aber sie nahm all die Disziplin zusammen, die sie gelehrt worden war, um in ihrer Entscheidung nicht zu wanken. Aubrey ergriff das Handgelenk, das sie ihm darbot, und zog sie damit zu sich heran. Er legte eine Hand auf ihre Stirn und bog sanft ihren Kopf zurück. Ihr Herzschlag verdreifachte sich im selben Moment, aber sie ballte die Hände zu Fäusten,
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