02 - Geheimagent Lennets erster Auftrag
Lennet.
»Ich rieche etwas", sagte Silvia. »Und zwar Tabak.«
»Schwarzen Tabak von mittlerer Qualität", bestätigte Charles.
Er schien unruhig und machte Lennet ein Zeichen, sich nicht zu rühren. Auf leisen Sohlen verließ er den Keller, erstieg die Treppe, machte nochmals unten und oben die Runde. Der Geruch hatte sich verflüchtigt.
»Ihr könnt wieder heraufkommen!« rief Charles. »Nun, Fräulein Silvia, kriegt man jetzt endlich dieses Frühstück, oder kriegt man es nicht?«
»Aber hier gibt es ja nur Konserven!«
»Sie haben es versäumt, den Kühlschrank zu untersuchen, soviel ich sehe.«
Silvia lief herbei. Alle Fächer im Kühlschrank waren mit den delikatesten Vorräten angefüllt.
Silvia machte sich an die Arbeit. Die FND-Leute erstiegen den Dachboden, um zu sehen, ob sich dort ein Wachtposten errichten ließe. Timotheus bemächtigte sich eines Besens und begann die staubigen Räume des Erdgeschosses zu fegen.
Das Wasser kochte im Kessel, die Brötchen rösteten in dem vom FND zur Verfügung gestellten Toaster.
»Lennet", rief Silvia, »Lennet, können Sie mir helfen und die Dosen öffnen?« Lennet kam herunter.
»Charles meint, wir brauchen uns nicht im Keller zu vergraben, zumindest nicht, bevor der Feind aufkreuzt.
Eingangstür und Fensterläden sind solide.«
»Wir werden zum Meer hinuntersteigen, nicht wahr? Sie kommen doch mit, ja? Ach, wenn sich nur das Wetter bessern würde! Wissen Sie, ich bin recht froh, daß ich hier bin.
Natürlich tut mir der arme Alex leid, aber er wird sich ja doch auf die eine oder andere Art loseisen, und er war ein bißchen eine Schlafmütze, finden Sie nicht?«
Silvia plapperte drauflos, während Lennet sein Taschenmesser herauszog und den Kampf mit den Konservendosen aufnahm.
»Ich bin eine gute Hausfrau, Lennet, das können Sie mir glauben. Nur ließ Marthe mich zu Hause nichts arbeiten. Hier gibt es keine Marthe, und Sie werden schon sehen, wozu ich fähig bin.«
»Marthe ist die einzige Annehmlichkeit, die der FND offenbar vergessen hat", sagte Charles, der seinen Kopf zur Türe hereinsteckte. »Lennet, komm mal heraus!« Lennet folgte ihm in den Vorraum.
»Paß gut auf, ich habe gesehen, wie sich die Sträucher dort bei der Klippe bewegten, ich werde nachsehen, was los ist. Stell dich ans Fenster, öffne ein wenig den Laden und nimm mich unter Deckung. Verstanden?«
»Verstanden", sagte Lennet.
Schüsse am Morgen
Durch den Spalt des Fensterladens sah Lennet Charles im Laufschritt über die Gartenfläche eilen und ins Gebüsch springen. Dann nahm er nichts mehr wahr. Der junge Offizier des FND verstand es, sich fortzubewegen, ohne daß ein Ast krachte, ohne daß ein Blatt erzitterte.
»Was ist los?« fragte Silvia, die ins Zimmer trat. »Wollen Sie mir nicht mehr die Dosen öffnen?«
Doch Lennet schenkte ihr nicht die geringste Aufmerksamkeit. Sie sah, wie er den Spalt zwischen den Fensterläden etwas vergrößerte und den Lauf seiner Pistole hindurchschob. »Lennet! Was tun Sie? Wo ist Charles?«
Plötzlich peitschten zwei Schüsse durch die klare Morgenluft.
Lennet riß die Fensterläden auf und war mit einem Sprung draußen.
Charles lag auf dem Rücken, den Kopf in einem Strauch, die Pistole noch immer in der Rechten, die Linke, durch deren Finger Blut hervorsickerte, auf die Brust gepreßt. Er stöhnte leise.
»Charles!« rief Lennet. Der Verwundete schlug die Augen auf.
»Ach, du bist's, Kleiner... Mir kommt es vor, als...« Er hielt inne, um Blut auszuspucken.
»Du hast eine Kugel in der Lunge", sagte Lennet, »und in einer Minute wirst du das Bewußtsein verlieren. Wenn du also etwas bemerkt hast, sag's mir schnell!«
Charles schien über soviel Härte erstaunt. »Bravo, Kleiner. Du nimmst die Dinge von der richtigen Seite", röchelte er. »Außer den raschelnden Zweigen habe ich nichts gesehen. Ich wollte als erster schießen, und dann...«
»Hast du als zweiter geschossen. Sonst hast du mir keine sensationellen Enthüllungen zu bieten?«
»Nein.«
»Dann schweig. Ich will nachsehen, ob die Kugel wieder herausgekommen ist.«
Lennet war mit einem Sprung draußen
Lennet kniete nieder, ließ seine Hand unter Charles' Rücken gleiten und zog sie blutbefleckt wieder hervor.
»In Ordnung. Du hast keinen Fremdkörper in deinem Eingeweide. Und blutest nach beiden Seiten, hast also keinen inneren Bluterguß. Vierzehn Tage Bettruhe.«
»Bist du jetzt fertig damit, den Arzt zu spielen?«
»Ich spiele nicht. Ich hab eben die
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