02 - Heiße Nächte der Leidenschaft
sich einen falschen Schnurrbart ankleben kann.«
»Was wurde aus Mr
Woolton?«
David schüttelte es
merklich. »Braddon ging zur High Street und erstand einen ganz lächerlichen
Umhang. Ich kann mir gar nicht vorstellen, für wen er ursprünglich geschneidert
war. Er war schwarz mit einem roten Satinband am Saum - es war das
auffälligste Kleidungsstück, das Sie sich vorstellen können. Aber Braddon
behauptete, dass Forscher so etwas trügen. Und er klebte sich eine Menge
falscher Haare ins Gesicht.«
»Und was passierte
dann?«
»Es war natürlich
ein Desaster. Woolton durchschaute ihn ohne Zweifel vom ersten Moment an,
obwohl Braddon immer noch behauptet, dass Woolton ihm höflich einen Kaffee
anbot und der Streich erst aufflog, als er fragte, wo Braddon den Umhang
gekauft habe. Braddon erwiderte daraufhin, es sei ein Geschenk des Tringelloo-Stammes
aus den oberen Regionen der Alpen.«
Sophie wandte den
Kopf und bedachte Braddon mit einem langen, nachdenklichen Blick. Er kaute
eifrig und wedelte mit der Gabel herum, während er sich mit Barbara Lewiston zu
seiner Rechten unterhielt.
»Das ist schwer zu
glauben«, sagte sie schließlich und wandte sich wieder David zu. »Offen gesagt
hätte ich Braddon diese Fantasie gar nicht zugetraut.«
»Oh, die Details
hat er sich auch nicht ausgedacht«, gestand David. »Das war natürlich Patricks
Werk. Er war von uns dejenige mit der lebhaften Fantasie. Patrick dachte sich
eine Menge Geschichten aus, die angeblich tatsächlich in den Tiefen Afrikas und
hoch oben in den Alpen geschehen waren und Braddon sollte sie Woolton erzählen
... aber daraus wurde nichts, denn es stellte sich heraus, dass die Schwester
Wooltons einen Laden auf der High Street besaß und Braddon den Umhang verkauft
hatte! Und Woolton hatte das Kleidungsstück dort gesehen; wollte es womöglich
schon immer für sich haben, der alte Trottel. Und so kam er Braddon auf die
Schliche. Er hat es auch nicht sehr freundlich aufgenommen und Braddon im
Anschluss drei Wochen Stubenarrest aufgebrummt.«
»Du meine Güte«,
sagte Sophie. »Ihre Schulzeit klingt ja viel aufregender als meine.«
»Nicht in Eton.«
David dachte einen Moment lang nach. »Der Unterricht war langweilig, aber
Braddon dachte sich immer einen Streich aus und Patrick - Patrick ist ein
echter Teufelskerl, müssen Sie wissen - er stachelte Braddon bei den schlimmsten
Streichen regelrecht an. Und so haben die beiden unser Leben ein bisschen
spannender gemacht.«
Sophie riskierte
einen weiteren Blick in Patricks Richtung. Zu ihrem Entsetzen schaute er sie in
dem Moment ebenfalls an und in seine Augen lag solch eine spöttische
Belustigung, dass sie errötete und sich abrupt wieder David zuwandte.
»Ich glaube gerne,
dass sich Patrick Foakes an Lug und Trug beteiligt hat«, sagte sie scharf.
Warum konnte sie nicht endlich begreifen, dass Patrick der schlimmste aller
Lebemänner war. Schließlich hatte sie sich geschworen, diese Sorte Männer zu
meiden.
»Nein, da irren Sie
sich«, widersprach David. »Er ist sogar sehr pingelig, was die Wahrheit angeht.
Ich weiß noch, dass er stundenlang mit seinem Bruder über die Moral von
gesellschaftlichen Flunkereien streiten konnte. Patrick hasst Lügen. Er wurde
immer sehr wütend, wenn Alex kleine Ausreden benutzte; auch wenn er damit nur
der Musikstunde entkommen wollte.«
Genau in diesem
Moment erhob sich Charlotte und gab den Damen das Signal, die Herren alleine zu
lassen. Dankbar reihte sich Sophie beim Verlassen des Speisezimmers hinter
ihrer Mutter ein.
Nachdem sich die
Damen in Charlottes Salon versammelt hatten, klatschte diese in die Hände, um
die Aufmerksamkeit ihrer weiblichen Gäste auf sich zu ziehen. »Wir sollten
heute Abend ein wenig tanzen, finden Sie nicht?«
Die jüngeren
Mädchen schnatterten aufgeregt und forderten, tanzen zu dürfen. Sogar Sophies Mutter
bemerkte, dass es ganz angemessen wäre, wenn sich die Gäste zu ein oder zwei
Volkstänzen zusammenfänden.
Und so kam es, dass
die Männer in den Gartensalon geführt wurden, als sie sich vom Tisch erhoben.
Beim Betreten des Raums brachten sie das schwache, wohlduftende Aroma von
Cognac und den anhaltenden, holzigen Geruch der Zigarren mit sich. Überrascht
stellten sie fest, dass die Damen den Lakaien eifrig Anweisungen gaben, Stühle
aus dem Raum zu tragen und die Sofas gegen die Wand zu schieben.
Charlotte befand
die Gesellschaft für zu klein, um den Ballsaal von Sheffield House zu nutzen,
in dem sich ihre
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