02 - Hinter goldenen Gittern - Ich wurde im Harem geboren
behaarte Bleichling, entwickelte mich zu einem hübschen Kleinkind. Allerdings hatte ich als Kind oft mit meinem Gewicht zu kämpfen. Im Harem wurden Unmengen von Essen gekocht und gefuttert! Die Ernährung war auch nicht gerade figurbewusst. Die queens übertrafen sich in der Zubereitung köstlicher Speisen. Meine Favoriten waren Yams-brei mit gebackenen Kochbananen, Ananas mit süßer Dosenmilch, frisch geröstete Erdnüsse und süßes Weißbrot.
Leckere, mit Wasser, Dosenmilch und viel Zucker zubereitete Ovomal-tine trinke ich heute noch am liebsten (habe es mir inzwischen aber verboten).
Dank Bisis aufmerksamer Pflege gediehen auch die Obstbäume auf dem Grundstück prächtig. Die reifen Früchte schmeckten köstlich. Und nicht nur die.
Ich naschte den ganzen Tag lang! Entsprechend sah ich aus. Ich war kugelrund, kullerte über den Boden und wurde von allen gerne gekitzelt, weil ich so eine fröhliche, helle Stimme hatte. Anstatt dafür zu sorgen, dass ich Bewegung bekam, trugen mich meine vielen Mamas und Schwestern dauernd auf dem Rücken herum.
Vielleicht war ich auch dank meines ungewöhnlichen Aussehens das Haremsmaskottchen: Meine Haut war heller und meine Haare waren nicht kraus, sondern lockig weich. Ständig wurden mir neue Frisuren gelegt, Zöpfchen geflochten und mit bunten Perlen geschmückt. Viele der Frauen suchten meine Nähe, um mich zu verschönern. Ich genoss die Prozeduren und hielt ganz still..
Die Einzige, die in mir mehr als nur ein süßes Püppchen sah, war Ada. Ich war etwa zwei gewesen, als Mama Adas einziges Kind, ein Mädchen, im Alter von sechs Jahren an Lungenentzündung starb. Als Patentante fühlte Ada sich außerdem doppelt berufen, ein wachsames Auge auf mich zu haben. So entdeckte sie mein Beinproblem als Erste: ein Bein war kürzer und weniger kräftig als das andere, da die Muskeln nicht so stark ausgeprägt waren. Ada machte oft Beinübungen mit mir und achtete darauf, dass ich die richtigen Sachen aß, damit ich nicht zu dick wurde. Leider war mein ausgeprägtes Hüftleiden auf diese Weise nicht zu heilen. Aber durch Adas Hilfe entdeckte ich immerhin, dass meine Beine zum Laufen da sind.
An meine ersten Jahre im Harem habe ich nur angenehme Erinnerungen. Meine Kinderwelt bestand aus bunten Glasperlen, die ich zu Ketten auffädelte, Holzstücken, die ich in Puppen verwandelte, und Stoffresten, die zu Kleidern wurden. Kronkorken oder die Ösen von Getränkedosen wurden zu fantasievollen Gesellschaftsspielen genutzt. Die anderen Mädchen und ich spielten nach, was die queens für ihre Schönheitspflege taten: Wir bemalten uns mit Farben, für die wir ersatzweise die rote Erde des Bodens in etwas Wasser aufweichten. Aus Kreide stellten wir Weißschminke oder wunderbaren Puder her. Heimlich und sparsam verwendeten wir die Parfüms unserer Mütter, weil wir genauso verführerisch duften wollten wie sie.
Um mich herum waren so viele Kinder, mit denen ich aufwuchs. Am liebsten spielte ich mit Efe und ihrer Schwester Jem, den beiden jüngsten Töchtern von Mama Bisi. Efe war zwei Jahre älter als ich, Jem vier. Die Wohnung meiner Mutter lag im gleichen zweistöckigen Haus wie jene von Mama Ada und Mama Bisi. Eine steile Außentreppe verband die beiden Etagen - ein wunderbarer Spielplatz. Oben zurrten wir ein Seil fest, an dem wir dann kletterten und schaukelten. Wir bestanden Mutproben, indem wir von oben heruntersprangen, oder wir spielten die Geschichte von Rapunzel nach. (Mutter hatte einige deutsche Märchen übersetzt, die sie allen Kindern vorlas.) Jem, die Älteste von uns, wollte immer die arme eingesperrte Rapunzel sein, Efe der Prinz und mir blieb nur die Rolle der bösen Hexe.
Da wir vom oberen Treppenabsatz aus über die hohe Mauer hinwegblicken konnten, die den Harem umgab, diente die Treppe auch als Ausguck und verband uns somit zumindest durch unsere Fantasie mit unserer Nachbarschaft.
Eine unserer Nachbarinnen war eine Frau aus Deutschland, die ganz allein ein großes Haus bewohnte. Wir stellten uns vor, dass sie eine Hexe wie aus dem Rapunzel-Märchen sei, die Kinder ihren Eltern wegnimmt, denn die weiße Frau hatte keine Familie.
Oft waren wir drei auch die Ersten, die mitbekamen, wenn eine neue Frau in Vaters Harem einzog. Je bedeutender Papa Davids Rolle wurde, desto reicher schienen die Frauen zu sein, die er heiratete. Besonders deutlich erinnere ich mich an den Einzug einer in goldene Gewänder gekleideten Frau, die ihre Sachen von zwei weiteren Autos
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