02 - Hinter goldenen Gittern - Ich wurde im Harem geboren
Vordermann zu bringen. Damit allerdings war die Familie, die diese Farm seit drei Jahren bewirtschaftete, völlig überfordert.
Deren Vorstand Papa Udoka machte bald deutlich, was er von den engagierten Plänen hielt: „Ihr Frauen werdet das hier nie schaffen!“ Er hatte keine Lust, sich Mutter unterzuordnen.
Als Antwort teilte Mutter die mitgereisten Leibwächter ein, um die zerbrochenen Zäune zu reparieren und das entkommene Vieh - Ziegen und Hühner - einzufangen. Papa Udoka erkannte rasch, dass Mutter, Ada und Bisi die neue Chance, die sich ihnen bot, zupackend nutzten. Immerhin blieben zwei von Papa Udokas Frauen bei uns. Mama Ngozi und Mama Funke waren ältere Frauen, deren bereits verheiratete Töchter im nächsten Dorf lebten. Sie hatten deshalb keine Lust, Papa Udoka in jenen Ort zu begleiten, in den Papa David ihn und seine Familie schickte. Mama Ngozis und Mama Funkes Töchter sowie deren Verwandtschaft wurden in der Folge zu unerlässlichen Helfern auf dem 20
Hektar großen Farmland.
Obwohl ich spürte, dass Mama Ada und Mama Bisi die Liebe meiner Mutter zur Farm teilten und sich sofort inmitten der sanften grünen Hügel wohl fühlten, hatte ich Angst. Ich kam mir so ungeschützt vor. Die ersten Tage verließ ich mein neues Zimmer im Erdgeschoss, das ich mit Efe teilte, daher kaum. Und Mutter hatte leider zu wenig Zeit, um sich um mich zu kümmern.
Efe und Jem sollten als Farmarbeiterinnen ausgebildet werden. Um tagsüber nicht allein im Haus herumzusitzen, begann ich, die beiden aufs Feld zu begleiten, denn die Yamsernte stand bevor. Mama Bisi und Mama Ada machte die harte körperliche Arbeit nichts aus, aber uns Stadtmädchen ging schnell die Puste aus.
Die schweren Yamswurzeln kann man nur mit Mühe aus der Erde graben und muss obendrein gut aufpassen, dass sie nicht abbrechen, wenn man es falsch angeht. Männliche Unterstützung gab es auf der Farm selbstverständlich nicht; wir waren auf uns gestellt. Für die Frauen und Mädchen, die zum Helfen auf die Farm kamen, war das normal, denn auf allen Bauernhöfen ist die Feldarbeit Sache der Frauen. Aber ich war erst acht! Und vom Leben im städtischen Harem ziemlich verwöhnt. Da ich jedoch wegen meines Babyspecks kräftiger wirkte, als ich war, erwarteten alle von mir, dass ich mithalf. Um mich keinen Hänseleien auszusetzen, tat ich mein Bestes, stellte mich bei der Ernte allerdings eher ungeschickt an. Daher war es schon bald meine Aufgabe, die schweren Wurzeln mit einem kleinen Handkarren zum Haus zu transportieren, von wo sie mit einem alten Traktor zum Markt gefahren wurden. Von der enormen Anstrengung schmerzten meine Beine und mein Rücken. Abends fiel ich wie ein Stein aufs Nachtlager.
Nach ein paar Monaten nahm mich Mama Ada zur Seite und begutachtete mich eingehend, dann lachte sie: „Das Leben auf dem Land tut dir gut, meine Kleine.
Dein Babyspeck ist wirklich verschwunden.“ Wahrscheinlich lag es daran, dass ich durch die schwere körperliche Arbeit, auf die ich nicht vorbereitet worden war, überhaupt nicht mehr zum Naschen kam und nicht mehr träumend und spielend den Tag verdöste. Ich hatte mich deutlich verändert. Bald kannte ich jeden Winkel der Farm und des Hauses und es erschien mir nach so kurzer Zeit bereits unvorstellbar, wie ich mein Leben je hinter Mauern verbringen konnte!
Papa Udokas Familie hatte sich nicht nur kaum um den Erhalt des Hauses gekümmert. Von ihrem Erbe hatte Mutter auch einen neuen Traktor angeschafft.
Als wir in Jeba eintrafen, stand das wertvolle Gefährt bereits seit Wochen im Freien neben dem undichten Schuppen, ungeschützt der Witterung ausgesetzt. Es dauerte Wochen, bis endlich ein Mechaniker mit den erforderlichen Ersatzteilen kam, um das Fahrzeug zu reparieren. Von einem ebenfalls neuen Lastwagen hieß es anfangs, er sei zur Reparatur in Jeba. Als Mutter dann im Ort nachfragte, hatte niemand das teure Gefährt je gesichtet.
Dass Mutter auf dem Land als Weiße und obendrein als selbstständig handelnde Frau einen schweren Stand hatte, erfuhr ich erst später. Es dauerte lange, bis die Männer, die in Jeba das Sagen hatten, die Fremde respektierten. Und zwar genauso lange, bis sie merkten, dass Mutter und die anderen Frauen gute Arbeit leisteten und mit unseren Farmprodukten Geld zu verdienen war.
Schulunterricht war auch nicht mehr in dem Umfang möglich wie im Harem in Lagos. Da Jem und Efe nicht mehr zur Schule gingen, blieb ich als einzige Schülerin übrig. Doch niemand hatte
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