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02 - Hinter goldenen Gittern - Ich wurde im Harem geboren

Titel: 02 - Hinter goldenen Gittern - Ich wurde im Harem geboren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Choga Regina Egbeme
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hatte. Nur ihren Platz in Mama Pattys Tribunal musste Mutter aufgeben, wodurch sie an Einfluss auf die Geschicke der übrigen Frauen verlor.
    Unser Abschied vom Harem war tränenreich und sogar Vater ließ sich in unserem Hof blicken, gab Ratschläge, was mitzunehmen sei. „Warum kommst du nicht mit, Papa David?“, fragte ich meinen Vater. Es war eine der seltenen Gelegenheiten, dass ich mich direkt an ihn wenden konnte.
    Mein Vater warf meiner Mutter einen verwunderten Blick zu. Dann beugte er sich langsam zu mir herab: „Papa David ist immer bei dir, kleine Choga. Aber manche Dinge kann ich nicht selbst machen. Du kannst sehr stolz auf deine Mutter, Mama Bisi und Mama Ada sein. Tu immer, was sie dir sagen, denn was deine Mamas dir sagen, das kommt auch von Papa David.“
    „Aber du wirst uns doch besuchen?“
    „So oft ich kann, kleine Choga. Sei unbesorgt, du wirst dich dort wohl fühlen, wo ihr hinfahrt.“
    „Dürfen Frauen denn ganz allein wegfahren?“
    „Du bist ein kluges Kind“, sagte Vater lachend, „nein, das dürfen sie nicht. Es muss jemand dabei sein, der euch beschützt.“
    Papa David schickte uns in einem Konvoi von Autos auf die Reise. Allein schon die Fahrt glich einem Abenteuer! Niemals zuvor hatte ich die Weiten meines Landes zu Gesicht bekommen. Riesige Wälder und ebenso endlose kahle Flächen. Das alles überstieg mein Vorstellungsvermögen völlig! Damals gab es noch nicht so viele gut ausgebaute Straßen und Autobahnen, die Strecke war in miserablem Zustand und führte über viele Umwege, wie ich heute weiß.

    Vater hatte jedem unserer vier Autos einen Leibwächter mitgegeben. Wegen der Anwesenheit der Männer hatten wir uns während der ganzen Fahrt zu verschleiern. Zum ersten Mal begann mich der Schleier zu stören, denn im Wagen war es stickig und heiß.
    Wir übernachteten bei zwei anderen Familien, denen wir vor allem Kleiderstoffe mitbrachten, die sie freudig entgegennahmen. Die beiden Zwischenstopps entwickelten sich zu richtigen Wiedersehensfeiern. Mama Ada und Mama Bisi kannten viele der jüngeren Frauen. Sie waren in Lagos aufgewachsen und in die neuen Familien als Ehefrauen verheiratet worden.
    Auch Mutter war bekannt, da sie unseren Gastgebern schon früher einmal in Papa Davids Auftrag Besuche abgestattet hatte. Alle wussten, dass sie die Sorgen der Familien Papa stets zu Gehör brachte. Sie lebten alle wie wir in großen Gemeinschaften, ähnlich gut abgesichert durch Mauern und Gitter, aber ihre Compounds waren nicht annähernd so groß wie unserer in Lagos.
    Landleben
    Unter der Farm in der Nähe von Jeba hatte ich mir all die Jahre einen Compound vorgestellt wie den Harem in Lagos - eine kleine Festung. Umso erstaunter war ich über die Offenheit des Gehöfts! Keine hohen Mauern, keine Gitter.
    Stattdessen ein großes weißes Steinhaus mit einem braunen Blechdach. Ein Engländer hatte es Jahrzehnte zuvor errichtet.
    Ein Haus wie dieses, mit einer großen Eingangs- und Wohnhalle samt offenem Kamin und Freitreppe in das obere Stockwerk, kannte ich bis dahin nicht.
    Seitdem der Brite ausgezogen war, hatte das Anwesen eine wechselhafte Zeit erlebt und vom früheren Stil waren nur noch Ansätze zu erkennen. Trotzdem erschien es mir, die ich unsere schlichten Häuser im Harem gewohnt war, verschwenderisch luxuriös. In den ersten Wochen verbrachten wir Kinder Stunden damit, die herrliche Treppe rauf und runter zu gehen. Bis Efe auf einer Stufe einbrach und sich dadurch die morsche Konstruktion entlarvte. Mama Adas geschickte Hände flickten nicht nur an dieser Stelle ..
    Die Anlage bestand außerdem aus neuen Lehmbauten mit Dächern aus Palmwedeln, in denen Lebensmittel gelagert wurden, und einem ziemlich verfallenen Schuppen für die landwirtschaftlichen Geräte. Etwas abseits befand sich ein leerstehender Flachbau, der bei unserem Einzug unbewohnbar war, früher aber die Bediensteten des Engländers beherbergt hatte. Neben dem Haus hatte Papa Udoka eine wacklige Kapelle errichtet, die eher einem Schuppen glich und in die gerade mal ein Dutzend Menschen passte. Nur einige Holzzäune umgaben das Gelände, aber selbst die waren anfangs größtenteils vom Wind niedergedrückt.
    Damals fehlte mir natürlich jede Vergleichsmöglichkeit mit einer intakten Farm, so dass ich Mutters Entsetzen über den Zustand des von ihrem Geld erworbenen Hofs nicht verstand. Mittlerweile ist mir aber klar, dass es eine energische Frau wie meine Mutter brauchte, um dies verkommene Juwel auf

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