02 - Hinter goldenen Gittern - Ich wurde im Harem geboren
mit meinem geliebten Corn eine kleine Runde drehte, redete ich mir all meine Enttäuschung von der Seele.
Leider verhinderten Jems Gebete nicht, dass Vater bereits eine Woche später bei uns auftauchte. Noch bevor er aus seinem von einem Leibwächter gelenkten Pritschenwagen ausstieg, wusste ich, dass es großen Ärger geben würde. Ich eilte in Mutters Zimmer, schob das Fenster ein winziges Stück hoch und kauerte mich draußen darunter, in der Hoffnung, dass die Aussprache dort stattfinden würde und ich die beiden belauschen könnte. Ich hatte Glück.
„Du hast mich in eine unhaltbare Situation gebracht, Lisa. Jems Benehmen wird sich in allen Familien herumsprechen“, hörte ich Vater sagen.
„Ich bedaure das wirklich und das Mädchen ist gebührend dafür bestraft. Aber meinst du nicht, du hättest mir und Bisi deine Entscheidung vorher mitteilen können? Dann hätten wir ausreichend Zeit gehabt, unsere Tochter darauf vorzubereiten“, entgegnete Mutter gefasst.
„Papa Sunday ist ein bedeutender Mann in Kaduna. Ich konnte ihm seinen Wunsch nicht abschlagen.“ Er ging auf
Mutters Worte überhaupt nicht ein! Stattdessen fuhr er fort: „Ich muss ein deutliches Zeichen meiner Autorität setzen, sonst verliere ich mein Gesicht.“
„Wie lautet deine Entscheidung?“, fragte Mutter knapp.
„Dies ist unsere wichtigste Farm. Sie gehört in die Hände einer richtigen Familie, die ihrem Oberhaupt zu folgen weiß.“
„Ich habe einen Fehler gemacht, David, aber deshalb brauchst du mir nicht die Farm wegzunehmen.“
„Ich werde sie dir nicht wegnehmen. Diese Farm gehört der Familie. Und in ihrem Sinne wird sie bewirtschaftet.“
„Von wem?“, fragte Mutter einsilbig.
„Papa Felix wird in einigen Tagen hier eintreffen. Ich möchte, dass du ihn einarbeitest. Sobald er sich hier orientiert hat, werde ich dich und die anderen abholen.“ Vaters Worte versetzten meinem Herzen einen Stich. Warum tat er uns das an? Dies war unser Zuhause! Ich hörte ihn fortfahren: „Ich weiß, dass du meine Entscheidung respektieren wirst, Lisa. Es ist das Beste so. In Lagos wirst du gebraucht.“
„Von dir, David?“ Mutter lachte trocken auf.
„Ja, Lisa, von mir. Ich bin ..“
„Meine Kleine, was machst du denn da?“ Mama Bisi! Sie hatte mich beim Lauschen ertappt. Verschwörerisch hob ich den Finger vor die Lippen, aber sie zog mich barsch von meinem Horchposten fort.
„Papa David schickt uns zurück nach Lagos!“, platzte ich hervor, sobald wir ein Stück vom Haus entfernt waren.
„Ich habe es geahnt!“, stöhnte Mama Bisi. „Was haben sie gesagt?“ Meiner Lieblingsmama schien schlagartig klar zu werden, dass Lauschen nicht immer verkehrt ist.. Als ich mit meinem Bericht fertig war, nahm sie mich in die Arme.
„Wir dürfen nicht verzweifeln, meine Kleine. Irgendwie geht das Leben immer weiter.“
„Mama Bisi, ich fühle mich schuldig. Ich hätte Jem nicht schützen dürfen.“
„Unsinn!“, widersprach meine Lieblingsmama, „was geschehen soll, geschieht. Das ist nicht deine Schuld. Ich frage mich nur, ob Männer immer die richtigen Entscheidungen treffen, wenn sie ihre Frauen nicht befragen. Ein Baum allein ist kein Wald, ein Mann allein keine Familie.“ Mehr als diese leise Kritik gestattete sich Mama Bisi nicht. Obwohl ihr ganzes Leben umgekrempelt werden sollte.
Selbst angesichts ihrer Niederlage fand Mutter noch Worte, mit denen sie Vaters Verhalten vor uns rechtfertigte: „Wir Frauen sind zu wenige, um die Farm auf Dauer erfolgreich zu bewirtschaften. Papa David hat einen Mann ausgesucht, der eine Farm zu führen gewohnt ist“, sagte sie zu Mama Bisi, Mama Ada, Mama Funke, Mama Ngozi, Jem, mir und den Farmarbeiterinnen sowie unserem Lehrer Okereke und Jo. Während sie berichtete, dass Papa Felix und seine Familie unsere Nachfolger würden, blickte ich zu Jo und Mama Bisi hinüber, die neben Jem standen. Ich glaubte, ihre Gedanken lesen zu können.
Mama Bisi zumindest kannte die wahre Meinung meiner Mutter über Papa Felix. Sie hielt ihn für einen lausigen Farmer. Und Jo? Der sagte mir später:
„Warum werde ich Papa Felix nur nicht los? Dieses Land ist so groß! Kann er nicht irgendwohin gehen, wo ich nicht bin?“
Papa Felix traf mit drei seiner Frauen und fünf Kindern wenige Tage später ein.
Seine ältesten Töchter waren in meinem Alter. Mein Vater blieb nur noch einen weiteren Tag, den er ausschließlich mit dem neuen Oberhaupt der Farm verbrachte.
Dann kam die Stunde des
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