02 - Hinter goldenen Gittern - Ich wurde im Harem geboren
ich begonnen hatte, Tomaten zu züchten. Die Idee dazu stammte von Mutter, die mir gezeigt hatte, wie leicht das ging. Vorausgesetzt, ich achtete auf die richtige Bewässerung.
Endlich hatte ich eine für mich ideale Arbeit gefunden, die eine gute Ernte versprach und mich gleichzeitig nicht körperlich überforderte.
Die Frauen von Papa Felix kochten den ganzen Tag lang. Dabei steckten sie immerzu die Köpfe zusammen und kicherten. Sie benutzten einfach unsere ganzen Vorräte, die zusehends weniger wurden. Erst jetzt wurde mir bewusst, mit wie wenig wir zufrieden gewesen waren! Bereits am ersten Wochenende hatte Papa Felix die Hälfte der Hühner und eine Ziege geschlachtet.
„Das wird kein gutes Ende nehmen“, kommentierte Mama Ada, die die wenigen Worte, die sie sagte, wie immer sehr genau wählte. „Wenn die in diesem Stil weitermachen, werden sie bald ihre eigene Zukunft aufessen.“
Doch wir waren machtlos, unsere Tage auf der Farm gezählt. Papa Felix hatte beschlossen, unsere Ernte selbst zum Markt zu schaffen. Als er von seinem ersten Ausflug nach Jeba zurückkam, hatte er groß eingekauft. Von den Einnahmen hatte er ein Dutzend Hühner und eine neue Ziege erstanden. Die wurde an einen Pflock gebunden, damit sie nicht frei herumlaufen konnte. Sie wurde regelrecht gemästet, um ebenfalls schnellstens gegessen werden zu können. So waren wir mit unseren Ziegen nie verfahren.
Unsere Tiere durften ihr Leben genießen und überall herumlaufen.
Für Papa Felix schien es zwei Formen von Schöpfung zu geben: wertvolle und nutzlose. Zur letzten Sorte zählte für ihn natürlich Corn, mein dreibeiniger Liebling, der nach wie vor stets an meiner Seite war.
„Der Hund frisst uns noch die Haare vom Kopf und macht nichts als Dreck“, pflegte Felix zu sagen. Corn hatte sich so an das Zusammenleben mit Menschen gewöhnt, dass er arglos zu jedem hinlief und ihn beschnüffelte. „Der ist ja voller Ungeziefer“, knurrte Felix angewidert und trat nach dem Tier. Von dem Tag an versuchte ich darauf zu achten, dass Corn nicht mehr in seine Nähe kam. Aber was sollte geschehen, wenn wir in den Harem zurückkehrten? Vater duldete dort keine Tiere. Mein geliebter Hund würde auf der Farm bleiben müssen. So oder so.
Papa Felix schien sich bei uns schon sehr bald zu langweilen. Ständig fuhr er mit seinem großen weißen Auto in der Gegend herum. Voller Naivität nahm ich an, dass er sich überall in der Nachbarschaft als neuer Familienvorstand vorstellen würde.
Jo belehrte mich jedoch eines Besseren: „Felix wird es hier genauso machen wie in Ibadan; er ist auf der Suche nach Frauen.“
„Will er die denn alle hier wohnen lassen und sie heiraten?“, fragte ich.
Mein Bruder sah mich nachsichtig an. „Felix heiratet nur, wenn er muss“, murmelte er verschwörerisch. Ich verstand die Bemerkung nicht. Ehebruch war schließlich verboten.
Doch Felix machte sich seine eigenen Gesetze. Das sollte ich bald am eigenen Leib erfahren. Ziemlich schnell entdeckte er mich in meinem Versteck bei den Bougainvilleabüschen. Ich verkroch mich dort nach wie vor oft mit Corn, streichelte ihn und sprach liebevoll mit ihm. Wenn sein letztes Stündlein schon demnächst schlagen würde, so sollte er wenigstens die letzten Tage noch genießen dürfen. Zunächst wunderte ich mich, dass Papa Felix so nett zu mir sprach, meine Haare und meine helle Haut bewunderte und meinen Fleiß lobte.
Aber dann rückte er immer näher an mich heran und schließlich bekam ich Angst vor ihm und lief mit Corn davon.
In meiner Furcht vertraute ich mich Mutter an, doch die warf mir nur einen verwunderten Blick zu. Ich sei doch noch ein Kind, sagte sie, kaum älter als die Töchter des Familienvorstands. Um Felix nicht mehr schutzlos ausgeliefert zu sein, solle ich mich nach Möglichkeit in der Nähe der anderen aufhalten, riet Mutter mir noch. „Dann kann er dir nicht mehr nachstellen“, sagte sie. Das bedeutete, ich musste mein Versteck in nächster Zeit meiden.
Ich sei noch ein Kind, hatte Mutter gesagt. Genau in jener Nacht, nachdem sie das ausgesprochen hatte, ging meine Kindheit zu Ende. Ich bekam meine erste Regelblutung, genau zwei Monate nach meinem 14. Geburtstag. Ich glaube, ich war weniger über den Fleck im Bett entsetzt als darüber, dass nach den Gesetzen meines Vaters nun die Zeit gekommen war, für mich einen Ehemann zu suchen.
Angsterfüllt schlich ich zu Mutter und gestand ihr mein „Unglück“.
„Papa Felix darf davon auf
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