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02_In einem anderen Buch

02_In einem anderen Buch

Titel: 02_In einem anderen Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
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einen Abschleppwagenwagen vorbeischicken.«
    »Das Funkgerät ist auch ausgefallen«, erklärte Bowden und
    drehte ärgerlich an den Knöpfen. »Wirklich merkwürdig.«
    »Ich werd eine Telefonzelle suchen«, sagte ich und stieg aus.
    »Haben Sie etwas Kleingeld?«
    Ich unterbrach mich, denn ich hatte gerade eine brandneue
    Fahrkarte entdeckt, die vor mir auf dem Asphalt lag. Wie aufs
    Stichwort näherte sich in einiger Entfernung ein Skyrail hoch
    über uns auf dem Stahlgleis.
    »Was haben Sie da gefunden?« fragte Bowden.
    »Ein Tages-Ticket für den Skyrail«, sagte ich nachdenklich.
    »Ich nehme den Zug. Mal sehen, was passiert.«
    »Wieso?«
    »Da oben ist ein Neandertaler. Der hat ein Problem.«
    »Woher wissen Sie das?«
    Ich runzelte die Stirn. »Das weiß ich auch nicht genau. Was
    ist der Gegensatz von déjà vu? Wenn man etwas sieht, was noch
    nicht passiert ist?«
    »Keine Ahnung. Avant verrais!«
    »Genau. Es wird etwas passieren – und ich nehme daran
    teil.«
    »Ich komme lieber mit.«
    »Nein, Bowden, wenn Sie mich hätten begleiten sollen, hätten wir bestimmt zwei Tickets gefunden. Ich schicke Ihnen
    einen Abschleppwagen.«
    Ich ließ meinen verwirrten Partner zurück, ging mit eiligen
    Schritten zum Bahnhof, zeigte dem Schaffner mein Ticket und
    stieg die Stahlstufen zum Bahnsteig hinauf, fünfzig Fuß über
    dem Boden. Der einzige andere Passagier war eine junge Frau,
    die auf der Wartebank saß und sich die Lippen nachzog. Kurz
    ehe die Türen des Zuges sich zischend öffneten, blickte sie auf.
    Ich stieg ein und fragte mich, was mir wohl bevorstand.

    4.
    Fünf Zufälle, sieben Irma Cohens und ein
    verwirrter Neandertaler
    Das Neandertal-Experiment war ursprünglich dazu gedacht,
    »medizinische Test-Einheiten« zu schaffen, wie der euphemistische Fachausdruck hieß: Lebewesen, die dem Menschen so nahe wie möglich standen, ohne tatsächlich Menschen im Sinne des Gesetzes zu sein. Sie wurden aus Zellen
    eines Unterarms des sogenannten Homo Llysternef gezüchtet, der in einem Torfsumpf in Wales entdeckt worden war.
    Das Experiment war ein bemerkenswerter wissenschaftlicher Erfolg. Die Goliath Corporation musste allerdings zu
    ihrem Leidwesen feststellen, dass auch die abgebrühtesten
    Medizintechniker nicht bereit waren, an den offensichtlich
    intelligenten, sprachbegabten Lebewesen Experimente
    durchzuführen. Deshalb wurden die ersten Neandertaler
    schließlich als »halbautomatische Kampfmaschinen« geschult. Aber auch dieses Projekt musste aufgegeben werden,
    weil sich herausstellte, dass den Neandertalern jeder aggressive Instinkt fehlte. Daraufhin wurden sie der Öffentlichkeit
    als billige Arbeitskräfte zur Verfügung gestellt und entwickelten sich bald zu einem beliebten SteuerabschreibungsObjekt. Da es sich aber ausschließlich um sterile Männchen
    handelt, deren Lebenserwartung nicht mehr als fünfzig Jahre beträgt, ist damit zu rechnen, dass sie bald zu der stetig
    wachsenden Liste der »Fehlschläge« zählen werden, die in
    der Rückzüchtungs-Industrie auftreten.
GERHARD VON SQUID
    – Neandertaler. Rückkehr nach kurzer Abwesenheit
    Zufälle sind etwas Merkwürdiges. Ich mag besonders die Geschichte eines gewissen Sir Edmund Godfrey, der im Jahre 1678
    in einem Straßengraben am Londoner Greenberry Hill erschlagen aufgefunden wurde. Drei Männer wurden verhaftet und des
    Mordes beschuldigt: Mr Green, Mr Berry und Mr Hill. Mein
    Vater hat mir beigebracht, dass man Zufälle in der Regel ungestraft ignorieren kann. Sie bedeuten lediglich, dass man unter
    einer Million von täglich möglichen Zusammenhängen zufällig
    einen entdeckt hat, der irgendwie »relevant« scheint. »Du
    brauchst nur einen x-beliebigen Fremden auf der Straße anzuhalten«, sagte er immer, »und ihn nach seiner Vergangenheit
    auszufragen. Über kurz oder lang taucht immer eine Gemeinsamkeit auf, die auf den ersten Blick bedeutsam erscheint.«
    Ich nehme an, er hat Recht, aber das erklärt noch lange nicht,
    wie eine doppelte Reifenpanne, ein kaputtes Funkgerät, ein
    gefundenes Tagesticket und ein Skyrail-Zug alle gleichzeitig
    auftreten können.
    Ich setzte mich in den vorderen Teil des Waggons. Die Türen
    schlossen sich seufzend und wir glitten lautlos über die Cerney
    Lakes nach Nord-Wessex. Ich war zu einem bestimmten Zweck
    hier und überlegte, welcher Zweck das wohl sein könnte. Der
    Fahrer des Skyrail war ein Neandertaler. Er hatte die Hand am
    Beschleunigungshebel und starrte gedankenlos auf die

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