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02_In einem anderen Buch

02_In einem anderen Buch

Titel: 02_In einem anderen Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
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dieser
    Angelegenheit mehr. Acht Menschenleben stehen auf dem
    Spiel. Da braucht man keinen Quiz-Millionär, um zu wissen,
    was getan werden muss. Pazifistische Neandertaler hin oder
    her, es ist immerhin denkbar, dass er die Passagiere verletzt.«
    »Seien Sie nicht albern. Noch kein Neandertaler hat je irgendwem was getan.«
    »Wir können keine Risiken eingehen, Thursday. Wir machen
    es folgendermaßen: Wir leiten den Zug so lange um, bis Sie auf
    der Cirencester-Strecke nach Westen zurückfahren. In Cricklade postieren wir ein paar Scharfschützen von SO-14. Sobald er
    anhält, schalten wir ihn aus. Ich fürchte, dazu gibt es keine
    Alternative. Bitte sorgen Sie dafür, dass sich die Passagiere alle
    im hinteren Teil des Waggons aufhalten.«
    »Das ist doch verrückt! Sie wollen ihn abknallen, bloß weil er
    ein paar verschlafene Pendler einmal rund um Swindon kutschiert hat?«
    »Das Gesetz ist bei Geiselnahme ganz eindeutig, Next.«
    »Kaylieu ist doch kein Geiselnehmer, Di! Er ist bloß ein verwirrter Retro!«
    »Tut mir leid, Thursday. Die Dinge sind nicht mehr in meiner Hand.«
    Ich hängte auf. Der Zug fuhr mittlerweile wieder in Richtung
    Cirencester. Wir brausten – sehr zum Erstaunen der wartenden
    Fahrgäste – ohne anzuhalten durch Shaw Richtung Norden. Ich
    kehrte zum Fahrer zurück.
    »Kaylieu, in Purton musst du aber unbedingt anhalten.«
    Er grunzte zur Antwort, ließ aber nicht erkennen, ob er froh
    oder unglücklich war. Das Mienenspiel der Neandertaler vermögen wir meist nicht zu deuten. Er starrte mich einen Augenblick an und fragte dann: »Haben Sie Kinderchen?«
    Ein heikles Thema. Dass man sie unfruchtbar rekonstruiert
    hatte, war eine der Hauptklagen der Neandertaler gegenüber
    ihren Homo sapiens-Herren. Innerhalb der nächsten dreißig
    Jahre würden die letzten experimentellen Neandertaler an
    Altersschwäche eingehen. Wenn Goliath keine neuen erzeugte,
    würden sie zum zweiten Mal aussterben.
    »Nein, nein«, sagte ich hastig. »Ich hab keine Kinder.«
    »Wir auch nicht«, sagte Kaylieu. »Aber Sie haben zumindest
    die Wahl. Wir nicht. Man hätte uns nie zurückholen dürfen.
    Jedenfalls nicht so. Nicht, um den Sappis die Taschen zu tragen,
    ohne Kinderchen und Stochern mit Schirm.«
    Er starrte trübe ins Nichts oder vielleicht zurück in das Leben
    vor dreißigtausend Jahren, als es ihm freistand, aus der relativen
    Sicherheit einer zugigen Höhle heraus gewaltige Pflanzenfresser
    zu jagen. Nach Hause, das hieß für Kaylieu: Aussterben. Er
    wollte niemandem wehtun und würde das auch niemals tun.
    Auch sich selbst konnte er nicht töten oder verletzen. Er
    brauchte SpecOps, um zu sterben.
    »Goodbye.«
    Ich erschrak wegen der Endgültigkeit dieser Aussage, aber als
    ich mich umdrehte, stellte ich fest, dass es lediglich die kurze
    Irma Cohen war, die das letzte Lösungswort in ihr Rätsel einfügte.
    »Guter Kauf (engl.)«, murmelte sie zufrieden. »Goodbye. Alles fertig.«
    Das gefiel mir überhaupt nicht. Die drei Lösungsworte waren: streitsüchtig, Thursday, goodbye. Das war nicht bloß Zufall,
    das war eine Drohung! Ohne die geplatzten Reifen und das
    gefundene Ticket wäre ich gar nicht hier. Dann hießen alle
    Leute Cohen, und jetzt diese Drohung. Aber wieso denn good-bye? Wenn es nach den SpecOps-Plänen ging, galt das doch nur
    für Kaylieu?
    Aber im Augenblick hatte ich andere Sorgen. Wir fegten
    durch Purton, ohne zu halten. Ich forderte die Passagiere auf, in
    den hinteren Teil des Wagens zu gehen, und als sie das getan
    hatten, kehrte ich zurück zu Kaylieu.
    »Hör zu«, sagte ich. »Wenn du keine hastigen oder bedrohlichen Bewegungen machst, schießen sie vielleicht nicht.«
    »Daran haben wir auch gedacht«, sagte der Neandertaler und
    zog eine Pistolenattrappe aus seiner Uniformjacke. »Sie werden
    schießen.« Eine halbe Meile vor uns erschien die Station
    Cricklade. »Wir haben sie aus Seife geschnitzt. Dove Soap, Sie
    kennen die Marke. Sie schien uns irgendwie passend.«
    Wir rasten mit voller Geschwindigkeit auf Cricklade zu. Auf
    der Straße sah ich Fahrzeuge von SO-14, und auf dem Bahnsteig
    waren schwarz uniformierte SWAT-Teams in Stellung gegangen. Als wir noch hundert Meter vor uns hatten, wurde uns
    plötzlich der Strom abgestellt, und der Skyrail rutschte ohne
    Antrieb auf die Station zu. Die Tür zum Führerhaus öffnete
    sich, und ich schob mich hinein. Ich griff nach Kaylieus Seifenpistole und warf sie auf den Boden. Er sollte nicht sterben.
    Nicht,

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