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02_In einem anderen Buch

02_In einem anderen Buch

Titel: 02_In einem anderen Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
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Reportern und Gratulanten
    umringt wurde. Der ehemalige Kriegsberichterstatter Clarence
    Oldspot trug nach wie vor seine kugelsichere Weste und sah
    ziemlich verbittert darüber aus, dass er nicht an der Front stand,
    sondern nur harmlose Pflanzenfresser beobachten durfte.
    »Danke, Brett. Tja, die Mammutwanderung hat ihren Höhepunkt erreicht, und Henry, der bei den Buchmachern als krasser Außenseiter galt, hat es allen gezeigt –«
    Ich schaltete um, aber die anderen Kanäle boten auch keine
    erfreuliche Abwechslung, und so war ich gerade wieder bei den
    TNN-Nachrichten gelandet, als das Telefon klingelte.
    »Hier ist Miles«, sagte eine Stimme, die so klang, als hätte sie
    gerade hundert Liegestütze in drei Minuten gemacht.
    »Wer?«
    »Miles.«
    »Ah!« sagte ich erschrocken. Miles. Miles Hawke, der Besitzer der Boxershorts.
    »Thursday? Ist alles in Ordnung?«
    »Bei mir? Ja, ja, mir geht's gut. Alles bestens. Könnte gar
    nicht besser sein. Äh, und wie geht's dir?«
    »Soll ich vorbeikommen? Du hörst dich so merkwürdig an.«
    »Nein!« kreischte ich. »Ich meine, nein, danke, nicht nötig.
    Wir haben uns doch erst vor kurzem gesehen, vor – äh –«
    »Zwei Wochen?«
    »Ja. Ich hab sehr viel zu tun. Herrje, was hab ich zu tun! War
    noch nie so beschäftigt. So bin ich nun mal. So beschäftigt, wie
    man nur sein kann –«
    »Ich hab gehört, du hättest dich mit Flanker gestritten. Ich
    war ein bisschen beunruhigt.«
    »Sag mal, haben wir, also du und ich, haben wir jemals –« Ich
    konnte es einfach nicht aussprechen, aber ich musste es Wissen.
    »Haben du und ich jemals was?«
    »Haben du und ich –« Denk schneller, Thursday! Denk
    schneller! »Haben du und ich jemals … bei der Mammutwanderung zugesehen?« Ach, verdammt!
    »Die Mammutwanderung? Nein. Hätten wir sollen? Sag mal,
    Thursday, bist du sicher, dass dir nichts fehlt?«
    Allmählich geriet ich in Panik, was ziemlich blöde war.
    Wenn ich mit Leuten wie Hades zu tun habe, bleibe ich immer
    ganz ruhig.
    »Ja. Also ich meine, nein. Uuups, da klingelt es an der Tür.
    Das muss mein Taxi sein.«
    »Ein Taxi? Was ist denn mit deinem Wagen?«
    »'ne Pizza. Das Taxi bringt mir 'ne Pizza. Ich muss jetzt aufhören.«
    Ehe er protestieren konnte, legte ich auf.
    Ich schlug mir mit der Hand an die Stirn und sagte: »Meine
    Güte, was bist du für eine Idiotin!«
    Anschließend rannte ich durch die Wohnung, um die Lichter
    auszuschalten und die Vorhänge zuzuziehen. Nur für den Fall,
    dass Miles beschließen sollte, bei mir nach dem Rechten zu
    sehen. Ich saß im Dunkeln und hörte eine Weile zu, wie Pickwick zwischen den Möbeln herumstolperte. Dann beschloss ich,
    dass ich ein dummes Huhn sei, zog mich im Dunkeln aus, holte
    mir eine Taschenlampe aus der Küche und ging mit einer
    Halbleinenausgabe von Robinson Crusoe ins Bett.
    Ich wälzte mich eine Weile auf der unvertrauten Matratze,
    ehe ich die richtige Lage gefunden hatte, und fing an zu lesen.
    Vielleicht hatte ich mit Robinson Crusoe ja mehr Erfolg als mit
    den Häschen von Beatrix Potter. Ich nahm Anteil an seinem
    Schiffbruch und seiner Landung auf der unbewohnten Insel.
    Die langweiligen religiösen Erörterungen ließ ich aus und sah
    mich stattdessen in meinem Schlafzimmer um, weil ich sehen
    wollte, ob schon etwas passierte. Aber ich wurde enttäuscht.
    Nur die Scheinwerfer der Autos glitten über die Decke, wenn sie
    von der Seitenstraße in die Hauptstraße einbogen. Ich hörte
    Pickwick mit sich selbst plocken und wandte mich wieder dem
    Buch zu. Ich muss wohl erschöpfter gewesen sein, als ich dachte, denn alsbald schlief ich ein.
    Ich träumte, ich wäre auf einer heißen und trockenen Insel.
    Palmen wehten in der leichten Brise, der Himmel war tiefblau
    und das Sonnenlicht rein und sauber. Ich ging barfuß durch die
    schäumenden Wellen, und das Wasser kühlte mir die Füße. Auf
    einem Riff hundert Meter von der Küste entfernt sah man das
    Wrack eines Schiffes mit gebrochenen Masten und zerrissener
    Takelage. Noch während ich zusah, kletterte ein nackter Mann
    an Bord, suchte in einer Truhe herum und nachdem er ein paar
    Hosen gefunden hatte, zog er sie an und verschwand unter
    Deck. Ich wartete einen Augenblick, aber da er nicht wieder
    auftauchte, ging ich weiter am Strand lang. Im Schatten unter
    einer Palme saß Landen und lächelte mir entgegen.
    »Was lächelst du?« fragte ich.
    »Ich hatte vergessen, wie schön du bist.«
    »Hör schon auf!«
    »Ich mein das

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