02_In einem anderen Buch
wünschen, dass sie lange genug am Leben blieben, um ihr
Gehalt zu genießen.
Um halb elf war die Vernissage so gut wie vorbei. Großmutter
schickte ich in einem Taxi nach Hause; sie war leicht betrunken
und schlummerte selig. Saveloy versuchte mir einen Gutenachtkuss zu geben, aber ich war zu schnell für ihn; Duchamp2924 war es gelungen, eine seiner Installationen mit dem
Titel Das Innere Es VII, eingemacht im Glas zu verkaufen. Auch
die plattgewalzte Tubawurde verkauft. Der neue Besitzer bat
Joff, ihm das gute Stück einfach unter der Tür durchzuschieben,
falls er nicht da wäre. Ich fuhr auf dem Heimweg noch bei Mum
vorbei, um Pickwick wieder mit nach Hause zu holen. Sie war
die ganze Zeit, die ich in Osaka war, nicht aus der Trockenkammer gekommen.
»Sie hat darauf bestanden, hier drin gefüttert zu werden«,
erklärte meine Mutter. »Es gab einen Riesenärger mit den
anderen Dodos. Die wollten plötzlich auch alle ins Haus.«
Auch auf der Heimfahrt durfte ich nicht schneller als zwanzig Meilen pro Stunde fahren, während Pickwick auf dem
Rücksitz ihr Ei wärmte.
22.
Reisen mit meinem Vater
Als ich das erste Mal mit meinem Vater reiste, war ich noch
sehr jung. Wir besuchten die Welturaufführung von King
Lear im Globe-Theater im Jahre 1602. Der Laden war ziemlich schmutzig, es roch nicht besonders, und die Besucher
waren ziemlich aufsässig, aber sonst war es ähnlich wie bei
anderen Premieren. Wir begegneten einem gewissen Bendix
Scintilla, der ebenfalls ein einsamer Zeitreisender war, genau wie mein Vater. Er sagte, er hielte sich gern im Elisabethanischen England auf, um den Patrouillen der ChronoGarde nicht in die Hände zu laufen. Dad sagte später, Scintilla sei früher ein großer Kämpfer für die gute Sache gewesen, hätte aber allen Lebensmut verloren, als sein bester
Freund und Partner genichtet wurde. Das konnte ich ihm
nachfühlen, aber ich beschloss, anders zu handeln.
THURSDAY NEXT
– private Tagebücher
Mein Vater erschien zum Frühstück. Ich hatte gerade Nachrichten gehört, als er mich besuchte. Die große Story waren die
sensationellen Meinungsumfragen, wonach Yorrick Kaine
plötzlich Englands beliebtester Politiker war. Vom hoffnungslosen Außenseiter war er jetzt zum Star geworden, und die Whigs
hatten die herrschende Teafurst Party weit überholt. Das war
die Macht Shakespeares. Ich hatte gerade meine Tasse gehoben,
da hielt die Welt plötzlich an, das Bild auf dem Fernsehbildschirm erstarrte, und der Ton wurde zu einem gleichmäßigen
Summen. Mein Vater besaß die Fähigkeit, die Zeit anzuhalten,
und so blieb die Welt jedesmal stehen, wenn er mich besuchte.
Es war ein teuer bezahlter Trick – denn für ihn gab es keine
Rückkehr zur Normalität.
»Hallo, Dad«, sagte ich fröhlich. »Wie geht's dir?«
»Na ja, das kommt darauf an«, sagte er. »Hast du schon mal
was von Winston Churchill gehört?«
»Nein, bisher nicht.«
»Verdammt!« murmelte er, setzte sich und warf einen Blick
auf die Zeitung, die auf dem Tisch lag: Schimpanse bloß harmloses Haustier, behauptet Krocket-Star Jambe. »Seit wann liest du
die Toad?« Er schüttelte den Kopf. »Wie geht's deiner Mutter?«
»Ihr geht's gut. Wird die Welt nächste Woche immer noch
untergehen?«
»Ja, es sieht leider so aus. Redet sie gelegentlich über mich?«
»Eigentlich dauernd. Ich habe eine Analyse vom SpecOpsLabor. Willst du sie sehen?«
»Hmm«, sagte mein Vater und setzte seine Brille auf. »Carboxy-Methyl-Zellulose, Phenylalanin, komplexe Kohlenwasserstoffverbindungen und Spuren von Chlorophyll. Tierische
Fette? Das ergibt doch überhaupt keinen Sinn.«
Er gab mir den Bericht zurück.
»Ich verstehe das nicht«, sagte er leise und knabberte an seinem Brillenbügel. »Der Fahrradfahrer hat überlebt, und doch
geht die Welt unter. Vielleicht ist er ja gar nicht die Ursache.
Aber sonst ist zu dieser Zeit an dieser Stelle nichts weiter passiert.«
»Doch«, sagte ich. »Es ist was passiert.«
»Was denn?«
Ich hob den Behälter mit dem rosa Schleim hoch. »Du hast
mir dieses Zeug gegeben.«
Mein Vater schnippte mit den Fingern. »Das muss es sein!
Dass ich dir den Behälter mit dem Schleim gegeben habe, das ist
das Schlüsselereignis und nicht der Tod des Radfahrers. Hast du
jemandem gesagt, wo das rosa Zeug herkommt?«
»Nein.«
Er dachte einen Augenblick nach. »Nun ja«, sagte er schließlich. »Hinterher ist man immer klüger. Die Abwendung eines
Weltuntergangs
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