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02 - Keiner werfe den ersten Stein

02 - Keiner werfe den ersten Stein

Titel: 02 - Keiner werfe den ersten Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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dem Fall Vassall herausgekommen wäre, hätte der Premierminister wahrscheinlich zurücktreten müssen.«
    »Sagten Sie Vassall?« fragte Helen gespannt.
    Vinney sah sie an, offensichtlich überrascht über ihre Reaktion. »Ja, William Vassall. Er wurde im Oktober '62 verurteilt. Er war Beamter bei der Admiralität und spionierte für die Sowjets.«
    »Simon!« Helen sprang auf und lief zu St. James. »Darauf bezieht sich das Stück Text aus Joy Sinclairs Theaterstück, auf das die Rintouls so heftig reagierten. ›Kein zweiter Vassall.‹ Der Mann in dem Stück ging auf und davon, um nach London zurückzukehren, und sagte dabei, er wolle kein zweiter Vassall werden. Sie wußten, was das zu bedeuten hatte. Alle - Francesca, Elizabeth, Lord und Lady Stinhurst. Sie wußten es alle. Da ging es nicht um eine Beziehung zu einem Callgirl. Es ging um etwas ganz anderes!«
    St. James war schon aufgestanden. »An dieser Stelle wird Tommy ganz sicher einhaken, Helen.«
    »Wo?« fragte Deborah.
    »Bei dieser Geschichte mit Geoffrey Rintoul. Ein zweiter Vassall. Es scheint, daß Geoffrey Rintoul ein von den Sowjets bezahlter Agent war. Und seine ganze Familie wußte es offenbar ebenso wie ein Teil der Regierung.«

    Lynley hatte die Tür zwischen Speise- und Wohnzimmer offengelassen, hauptsächlich, um die Musik hören zu können, während er aß. In den letzten zwei Tagen hatte er kaum Appetit gehabt, und auch an diesem Abend reizte ihn das Essen nicht. Er schob den Teller mit dem fast unberührten Lammbraten zur Seite, rückte seinen Stuhl so weit zurück, daß er bequem die Beine ausstrecken konnte, und lauschte in Gedanken versunken den Klängen der Beethoven-Symphonie.
    In den vergangenen vierundzwanzig Stunden hatte er es eisern vermieden, an Helen zu denken; daran, was es für sie bedeuten würde, wenn er die Beweise beisammen hatte, um Rhys Davies-Jones zu überführen. Jetzt jedoch ließ sie sich nicht länger aus seinen Gedanken verbannen.
    Er konnte verstehen, daß sie sich weigerte, an Davies-Jones' Schuld zu glauben. Immerhin verband eine Art Liebesbeziehung sie mit dem Mann. Wie aber würde sie reagieren, wenn sie schließlich doch der - durch zahllose Fakten belegten - Gewißheit ins Auge sehen mußte, daß er sie kaltblütig benutzt hatte, um möglichst risikolos einen Mord verüben zu können?
    Während Lynley darüber nachdachte, wurde ihm gleichzeitig etwas anderes bewußt: wie sehr Helen ihm fehlte. Er konnte nicht länger die Augen davor verschließen, daß er sie vielleicht unwiderruflich verlieren würde, wenn er seine Ermittlungen über Davies-Jones fortsetzte und zu ihrem logischen Ende führte.
    »Mylord?« Sein Diener, tadellos gekleidet wie stets, stand etwas unsicher an der Tür und strich sich mit der Hand verlegen über das gepflegte Haar.
    Beau Brummel von Eaton Terrace, dachte Lynley und sagte auffordernd: »Ja, Denton?« als es den Anschein hatte, daß der junge Mann nicht weitersprechen würde.
    »Lady Helen Clyde ist eben gekommen, Sir. Mit Mr. St. James und Sergeant Havers.« Demons Miene drückte absoluten Gleichmut aus, wahrscheinlich hielt er das für angemessen. Sein Ton jedoch verriet beträchtliche Verwunderung, und Lynley fragte sich, wieviel Denton wohl schon über sein derzeit gestörtes Verhältnis zu Helen wußte. Er war schließlich seit drei Jahren mit Helens Mädchen Caroline befreundet.
    »Na, dann führen sie sie herein«, sagte Lynley. »Oder wollen Sie sie draußen stehen lassen?«
    »Ins Wohnzimmer, Sir?« erkundigte sich Denton beflissen. Viel zu beflissen für Lynleys Geschmack.
    In der Küche werden sie mich wohl kaum sprechen wollen, dachte er gereizt und erhob sich.
    Die drei standen eng beieinander, als er ins Wohnzimmer trat, und unterhielten sich gedämpft, aber sichtlich erregt. Als Lynley eintrat, verstummten sie und begannen, als fiele ihnen das erst jetzt ein, abzulegen. Lynley hatte den Eindruck, daß sie Zeit zu gewinnen suchten. Er schaltete den Plattenspieler aus, steckte die Platte wieder in ihre Hülle und wartete schweigend. Sie wirkten alle drei ungewöhnlich bedrückt.
    »Tommy, wir sind auf Informationen gestoßen, die du haben mußt«, begann St. James.
    »Was für Informationen?«
    »Über Lord Stinhurst.«
    Lynleys Blick flog sofort zu Barbara Havers. Sie begegnete ihm, ohne mit der Wimper zu zucken. »Haben Sie da mitgemacht, Havers?«
    »Ja, Sir.«
    »Auf mein Betreiben, Tommy«, sagte St. James, ehe Lynley etwas erwidern konnte. »Barbara

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