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02 - Keiner werfe den ersten Stein

02 - Keiner werfe den ersten Stein

Titel: 02 - Keiner werfe den ersten Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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daß die anderen vorläufig hier bleiben.«
    Lynley ignorierte die Empörung um ihn herum und ging aus dem Zimmer. St. James und Macaskin folgten. Allein mit dieser Gruppe feiner Pinkel, die so gar nicht den Typen entsprachen, mit denen man normalerweise bei der Ermittlungsarbeit i!Berührung kam, nutzte Barbara Havers nur zu gern die Gelegenheit, sich ihr eigenes Urteil darüber zu bilden, wer von den Herrschaften verdächtig war und wer nicht. Es blieb ihr Zeit dazu, da Helen Clyde noch einmal zu Rhys Davies-Jones trat, um im allgemeinen Getöse zorniger Proteste und Beschwörungen, die Lynleys Abgang folgten, einige leise Worte mit ihm zu wechseln.
    Eine schöne Bagage, dachte Barbara. Schick, elegant, pompös. Mit Ausnahme von Lady Helen hätten sie unter der Überschrift »Auch im Mordfall immer richtig angezogen« Reklame laufen können. Und sie wußten natürlich auch genau, was sich gehörte, wenn die Bullen aufkreuzten: moralische Entrüstung, Rufe nach dem Anwalt, schneidende Bemerkungen. Bis jetzt wurden sie alle ihren Erwartungen voll gerecht. Es konnte nicht mehr lange dauern, bis einer von ihnen auf seinen guten Freund, den Abgeordneten Soundso aufmerksam machen würde oder auf seine vertraulichen Beziehungen zu Mrs. Thatcher oder auf irgendeine berühmte Persönlichkeit aus seiner eigenen Familie. Sie waren doch alle gleich, diese feinen Herrschaften.
    Alle, bis auf die Frau mit dem spitzen Gesicht, die sich in der Ecke des zweisitzigen Sofas zusammengekauert hatte, so weit weg wie möglich von dem Mann, der neben ihr saß. Elizabeth Rintoul, dachte Barbara. Lady Elizabeth Rintoul, genau gesagt. Lord Stinhursts einzige Tochter.
    Sie benahm sich, als hätte der Mann neben ihr eine gefährliche ansteckende Krankheit. In die Ecke des Sofas gedrückt, hielt sie beide Arme fest an ihren Körper gepreßt. Die großen Füße, in flachen, schwarzen Schuhen, sogenannten »vernünftigen« Schuhen, ragten wie zwei Schmierklumpen unter dem schwarzen Flanellrock hervor. Sie trug nichts zu den Gesprächen bei, die um sie herum geführt wurden. Ihre Haltung hatte etwas sehr Verletzliches.
    »Elizabeth, Kind«, murmelte die Frau ihr gegenüber mit jenem drohend-schmeichelnden Lächeln, mit dem Mütter ihre aufsässigen Kinder ansehen, wenn sie sich im Beisein anderer schlecht benehmen. Ganz klar, dachte Barbara, das war die Mutter, Lady Stinhurst persönlich, im beigefarbenen Twinset mit Bernsteinkette, die Füße adrett gekreuzt, die Hände im Schoß gefaltet. »Ich glaube, Mr. Vinney braucht etwas zu trinken.«
    Elizabeth Rintoul sah ihre Mutter mit stumpfem Blick an.
    »Kann schon sein«, sagte sie, und es klang wie eine mürrische Zurückweisung.
    Lady Stinhurst warf ihrem Mann einen flehenden Blick zu, als brauche sie seine Unterstützung, aber sie ließ nicht locker. Sie hatte eine sanfte, unsichere Stimme; eine Stimme, wie man sie von einer alten Jungfer erwartet, die es nicht gewohnt ist, mit Kindern zu sprechen. Nervös griff sie sich mit einer Hand ans Haar, erstklassig gefärbt und flott frisiert, als ließe sich damit die Realität des unaufhaltsam fortschreitenden Alters abwehren. »Du weißt doch, Darling, wir sitzen nun schon so lange hier, und ich glaube, Mr. Vinney hat seit halb drei nichts mehr gehabt.«
    Es war mehr als eine Andeutung. Es war ein Wink mit dem Zaunpfahl. Die Bar war auf der anderen Seite des Raums, und Elizabeth sollte sich um den ehrenwerten Mr. Vinney bemühen wie eine Debütantin um ihren ersten Verehrer. Die Anweisungen waren klar. Aber Elizabeth machte keine Anstalten, sie zu befolgen. Im Gegenteil, ein Ausdruck der Verachtung flog über ihr Gesicht, ehe sie den Blick zu einer Zeitschrift auf ihrem Schoß senkte. Sie murmelte eine völlig undamenhafte Erwiderung, die nur aus einem Wort bestand. Unmöglich, daß ihre Mutter es mißverstand.
    Barbara beobachtete die beiden Frauen mit einer gewissen Faszination. Lady Elizabeth schien eindeutig über dreißig zu sein - wahrscheinlich näher an den Vierzig, kaum das Alter, wo man in bezug auf Männer noch Mamas ermutigender Anstöße bedurfte. Aber Mama war da offensichtlich anderer Meinung. Trotz Elizabeths unverhüllter Feindseligkeit machte Lady Stinhurst eine Bewegung, als wolle sie Elizabeth kurzerhand in Mr. Vinneys Arme stoßen.
    Jeremy Vinney allerdings schien völlig uninteressiert. Der Journalist gab sich alle Mühe, das Gespräch zu ignorieren. Er stocherte in seiner Pfeife herum und spitzte ganz ungeniert die Ohren, um

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