Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
02 - Keiner werfe den ersten Stein

02 - Keiner werfe den ersten Stein

Titel: 02 - Keiner werfe den ersten Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
Vom Netzwerk:
nicht wahr?«
    Er beobachtete sie, wie sie die Zeitungsausschnitte auf dem Schreibtisch durchging, als müßte sie jeden genau in Augenschein nehmen. Aber zu lesen schien sie die Artikel nicht.
    »Sie hat mit einer Frau namens Anghared Mynach i!Lianbister telefoniert.«
    »Und warum?«
    Wieder hatte er den Eindruck, daß Barbara Havers zögerte. »Sie suchte jemanden, Sir.«
    Lynley kniff die Augen zusammen. Er stieß die Schublade zu, deren Inhalt er durchgesehen hatte.
    »Wen?«
    Barbara runzelte die Stirn. »Rhys Davies-Jones. Anghared Mynach ist seine Schwester. Er war bei ihr zu Besuch.«

    Barbara konnte Lynley aus dem Gesicht ablesen, was in ihm vorging. Sie wußte genau, welche Fakten er jetzt miteinander verknüpfte: den Namen John Darrow, der am Abend vor Joy Sinclairs Ermordung gefallen war; die Erwähnung von Rhys Davies-Jones auf Joy Sinclairs Tonband; die zehn Anrufe in Porthill Green und dazu die sechs Gespräche mit Wales; mit Rhys Davies-Jones.
    Um eine Diskussion zu vermeiden, ging sie zu dem Stoß Manuskripte bei der Tür und blätterte die Papiere neugierig durch. Joy Sinclair schien ein beinahe krankhaftes Interesse an Mord und Tod gehabt zu haben; zu den Manuskripten gehörten der Entwurf einer Studie über den Yorkshire Ripper, ein unvollendeter Artikel über Dr. Crippen, mindestens sechzig Seiten Aufzeichnungen über den Tod Lord Mountbattens, ein Leseexemplar eines Buches mit dem Titel Der Mörder sticht nur einmal zu, drei gründlich bearbeitete Versionen eines anderen Buches, das Tod in der Dunkelheit hieß. Aber es fehlte etwas.
    Während Lynley sich wieder dem Aktenschrank zuwandte, kehrte Barbara noch einmal zum Schreibtisch zurück und zog die oberste Schublade auf. Joy Sinclair hatte ihre Disketten darin aufbewahrt, in der rechten oberen Ecke alle sauber beschriftet. Barbara ging sie durch und las jedes einzelne Etikett, ohne zu finden, was sie suchte. Die zweite und dritte Schublade waren nicht ergiebiger. Sie enthielten Briefpapier, Farbbänder für den Drucker, Heftklammern, uraltes Kohlepapier, Klebeband, mehrere Scheren. Aber nicht das, was sie suchte. Ihre Spannung wuchs.
    Als Lynley zum Bücherregal trat, ging Barbara zum Aktenschrank.
    »Da bin ich schon durch, Sergeant«, sagte Lynley.
    Sie suchte nach einem Vorwand. »Nur eine Idee, Sir. Es dauert nicht lange.«
    Tatsächlich dauerte es fast eine Stunde. Lynley war, nachdem er den Schutzumschlag von Joy Sinclairs letztem Buch abgenommen und eingesteckt hatte, in den Flur hinausgegangen, um den Wandschrank gleich bei der Treppe zu durchsuchen. Barbara konnte ihn kramen und räumen hören, während sie selbst die Akten durchsah. Es war vier Uhr vorbei, als sie die letzte Schublade schloß, überzeugt, daß ihre Hypothese richtig war. Nun mußte sie sich nur entscheiden, ob sie Lynley darauf hinweisen oder den Mund halten sollte, bis sie mehr Fakten hatte; Fakten, die er nicht einfach vom Tisch fegen konnte.
    Wie kam es, daß es ihm nicht selbst aufgefallen war? Wie hatte er gerade das übersehen können? Obwohl die Abwesenheit jeglichen Materials einem förmlich ins Auge sprang, sah er nur, was er sehen wollte, was er sehen mußte - eine Spur, die direkt zu Rhys Davies-Jones führte.
    Fixiert auf sein Verlangen, Davies-Jones als den Schuldigen zu überführen, hatte der das Entscheidende übersehen. Joy Sinclair hatte an einem Theaterstück für Lord Stinhurst geschrieben, sie war mitten im Arbeitsprozeß gewesen. Und nirgends in ihrem Arbeitszimmer gab es auch nur einen einzigen Hinweis auf das Stück. Keine Gliederung, keinen Entwurf, kein Personenverzeichnis, nichts.
    Irgend jemand hatte bereits vor ihnen das Haus durchsucht.
    »Ich setze Sie in Acton ab, Sergeant«, sagte Lynley, als sie wieder draußen waren, auf dem Weg zu seinem Wagen, einem silbernen Bentley, um den sich eine Schar bewundernder Schuljungen angesammelt hatte. »Ich würde gern morgen in aller Frühe nach Porthill Green fahren. Wie wär's um halb acht?«
    »In Ordnung, Sir. Aber Sie brauchen nicht erst nach Acton rauszufahren. Ich nehme die U-Bahn. Die Haltestelle ist ja gleich oben an der Heath Street.«
    Lynley blieb stehen und sah sie an. »Das ist doch lächerlich, Barbara. Da brauchen Sie ewig. Mit dem Wagen geht es viel schneller. Los, steigen Sie ein.«
    Barbara verstand es so, wie es gemeint war, als Befehl, und überlegte, wie sie ablehnen konnte, ohne ihn zu verärgern. Sie konnte sich nicht erst von ihm nach Hause bringen lassen und dann wieder

Weitere Kostenlose Bücher