02 - komplett
sie in den Armen eines Mannes lag. Hastig setzte er sie auf einem Stuhl neben dem Kamin ab und zog sich zurück.
Hester drängte Jethro inzwischen, sich auf einen anderen Stuhl zu setzen.
„Ich habe den Aufruhr gehört, Miss Hester“, erklärte Jethro. „Aber ich dachte nicht, dass ich so wacklig auf den Beinen sein würde. Ich brauchte ganze zehn Minuten, um aus dem Bett zu kommen. Es tut mir so leid, Mylord“, wandte er sich an Guy. „Ich hätte wacher sein sollen, um zu helfen.“
„Es ist besser so, Jethro. Wir waren schon so viele, dass wir regelrecht übereinander stolperten. Nur fürchte ich, dein Gespenst ist mir entwischt.“
„Wir müssen Kriegsrat halten“, verkündete Hester, die in diesem Moment mit einer Brandykaraffe zurückkam. „Susan, setz bitte Wasser für Kaffee auf. Tee ist nicht anregend genug.“ Sie stellte die Karaffe auf den Tisch. „Wer möchte Brandy in seinen Kaffee und wer möchte ihn in einem Glas?“
Guy zog den Stöpsel aus der Karaffe, schnupperte und griff nach einem der Gläser, die Hester gebracht hatte. „Es wäre ein Verbrechen, diesen Brandy mit Kaffee zu verdünnen.“ Er schenkte in fünf Gläser ein. „Ist auch alles andere in Ihrem Weinkeller von dieser Qualität, Miss Lattimer? Sie müssen mich mit Ihrem Weinhändler bekannt machen.“
„Ich habe den Weinkeller geerbt“, gestand Hester.
„Ihr Vater besaß einen ausgezeichneten Geschmack in Weinen.“
Natürlich, das war die offensichtliche Schlussfolgerung, und es gab keinen Grund für Hester, sich Sorgen zu machen, er könnte die Wahrheit erraten. „Danke. Maria, fühlen Sie sich etwas besser?“
„Ja, in der Tat.“ Tatsächlich hatte sie wieder etwas Farbe in den Wangen, und Hester fiel amüsiert auf, wie viel mehr sie ihrem Brandy zusprach als ihrem Tee.
„Und was unternehmen wir jetzt?“, fragte sie die Runde ihrer Helfer – eine leicht erregbare Gesellschafterin, ein resolutes Hausmädchen, einen Jungen mit verletzter Schulter und einen Earl, der hier eigentlich nichts verloren hatte. „Wir wissen, dass der Eindringling ein Wesen aus Fleisch und Blut ist. Lord Buckland hat ihm einen Schlag versetzt. Also müssen wir uns nach Männern umschauen, die eine verletzte Wange oder ein blaues Auge aufweisen. Außerdem wissen wir, dass er hereinkommen kann, ohne Türen oder Fenster zu benutzen.“
„Vielleicht ein Geheimgang“, überlegte Guy.
„Und dieser Gang endet in der Küche oder in der Speisekammer“, fügte Susan aufgeregt hinzu. „Das ergibt Sinn. Dieser Teil des Hauses führt nach hinten hinaus, wo kein zufälliger Passant etwas bemerken kann.“
„Und der einzige Mensch außer Seiner Lordschaft, der Interesse an Moon House gezeigt hat, ist Sir Lewis.“ Hester schüttelte ungläubig den Kopf. „Er hat mich allerdings nicht gedrängt, sondern nur gesagt, es sei seine Pflicht, mich von dem Haus zu erlösen. Und ich kann mir auch nicht vorstellen, dass es leicht für ihn wäre, es zu erwerben. Sein eigenes Haus ist in einem erbärmlichen Zustand, also scheint er nicht sehr wohlhabend zu sein.“
Guy drehte geistesabwesend das Glas in seinen Fingern. „Wenn er das Haus so unbedingt haben will, dann muss es hier etwas für ihn zu holen geben. Aber was?“
„Und warum suchen sie erst jetzt nach etwas im Haus? Sie hätten es doch tun können, bevor ihr Vater es an mich verkaufte“, warf Hester ein.
„Falls sie vorher schon davon wussten. Vielleicht erfuhr Lewis erst davon, als es zu spät war.“
Hester nickte. „Ja. Sein Vater starb nach einem Sturz, wie man mir sagte. Und Miss Nugent machte mir noch weis, dass es Vollmond war und eine verwelkte Rose neben ihm gefunden wurde.“
„Sehr nette Ausschmückung“, bemerkte Guy trocken. „Ich denke, ich werde Nugent übermorgen einen Besuch abstatten und sehen, ob seine hübschen Züge in irgendeiner Weise verunziert wurden. Bis dahin werden die blauen Flecken sich ja wohl entwickelt haben.“
„Natürlich! Das wird es beweisen“, sagte Hester erleichtert und fügte nachdenklich hinzu: „Mir fällt gerade ein, dass es Sir Lewis war, der mir den Schlaftrunk für Jethro gab. Der beste Weg, um sicherzustellen, dass niemand Nachtwache hielt.“
„Da könnten Sie richtig liegen. Ich schicke Ihnen einen Diener herüber, der jede Nacht in der Küche schlafen soll. Das sollte jeden Einbruchsversuch unterbinden.“ Er hob die Augenbrauen in stummer Herausforderung an Hester, es zu wagen, seine Hilfe erneut
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