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02 Nightfall - Rueckkehr des Engels

02 Nightfall - Rueckkehr des Engels

Titel: 02 Nightfall - Rueckkehr des Engels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adrian Phoenix
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geisterhafte Widerspiegelung des silbernen kraftvollen Lichts, das einmal durch diese Fenster hereingeströmt war.
    Gehenna stirbt.
    Lilith schlug erneut den Schleier zurück und zwang sich, den himmelblauen Marmorboden in normaler Geschwindigkeit
zu überqueren. Sie versuchte, sich zu sammeln und ihr Herz ruhig zu halten. Sie durfte in diesem Raum nicht erwischt werden, nicht mit dem, was sie bei sich trug. Vor den dunklen Marmorstufen, die zu dem mit Seidenstoff bedeckten Sitz hochführten, blieb sie stehen.
    Er heißt Dante und wurde als Vampir geboren.
    Es roch abgestanden und verstaubt – genauso leer wie der Thron über ihr.
    Lilith trat auf die erste Stufe, nahm eine Ecke des Seidenabdeckstoffs und zog daran. Der goldene Stoff wehte zu Boden, wo er sich wie Wasser über Steinen wellte und vor ihren Füßen zu liegen kam. Wässriges Mondlicht umhüllte den dunklen Marmorsitz mit den blauen Maserungen. Die Rückenlehne ragte weit nach oben und hatte an beiden Seiten Aussparungen für die Flügel des Creawdwrs . Füße und Armlehnen waren aus geschuppten Drachengliedern geschnitzt, wobei die Pranken mit den Krallen mit Saphiren und milchig blauen Opalen verziert waren.
    Der Chaosthron. Von hier aus wob der Creawdwr den Teppich aus Chaos in ein geordnetes Lebensmuster.
    Ein Gefühl der Einsamkeit und des Bedauerns überkam Lilith. Sie erinnerte sich an Jahwes Gesicht, ehe er es in seinem Wahnsinn in eine Feuersäule verwandelt hatte. Er war schön gewesen, mit seinem goldenen Haar und den ebensolchen Flügeln, seinen dunklen klugen Augen und einem Lächeln, das man hervorlocken musste, das aber umso strahlender wirken konnte.
    Ein Lächeln, um dessen Willen seine Calon-Cyfaills Samael – nein, Lucien – und Ashtoreth freundschaftlich gegeneinander angetreten waren. Später hatte Jahwe oft gelächelt, und es hatte Momente gegeben, wo es dafür keine Heiterkeit, keine Freude, kein Grund zum Feiern gegeben hatte.
    Sie erinnerte sich an Luciens Angst: Wir können es nicht aufhalten. Der Wahnsinn beginnt sich auszubreiten.

    Sie wusste auch noch, wie ihre Antwort gelautet hatte: Vielleicht muss er von mehr als zweien festgehalten werden, Liebster. Vielleicht ist seine Macht zu groß, zu chaotisch für eine schlichte Dreierkonstellation.
    Lilith verdrängte die Vergangenheit. Anfänglich hatte sie zutiefst bedauert, was geschehen war, doch seitdem war viel Zeit vergangen. Ob richtig oder falsch – sie hatte getan, was sie damals für Gehenna und für Jahwe als notwendig erachtet hatte.
    Lucien behauptete dasselbe für sich, aber dennoch verfolgte sie die Erinnerung an jene schreckliche Nacht vor so vielen Jahrhunderten noch jetzt bis in ihre Träume.
    »Was hast du getan?«
    Lilith flüstert die Frage, doch jedes Wort schlägt wie ein Hammer gegen ihre Schläfen. Ihr Kopf dröhnt vor Schmerzen. Draußen zittert und bebt die Erde. Es fühlt sich so an, als würde sich Gehenna selbst entzweireißen. Sie klammert sich an den Türpfosten.
    Neu geschaffene Wesen flattern in den Himmel, wo sie sich auflösen und in alle Winde verstreut werden.
    Samael … Lucien … blutet aus Nase und Ohren. Er presst Jahwe eng an seine Brust. Das Gesicht des Creawdwrs strahlt kein Licht aus. Bewegungslos neben ihrem Calon-Cyfaill liegt Ashtoreth auf dem Marmorboden und starrt mit leeren Augen an die Decke. Blut umrahmt wie Kohlestift ihre Augen, und ihr hinreißendes Gesicht ist an den Ohren und der Nase ebenfalls blutverschmiert.
    »Was hast du getan?« Lilith schreit das letzte Wort. Die Schmerzen lassen sie auf die Knie und den harten Boden fallen. Sie packt Jahwe an den Schultern.
    Lucien schlägt ihre Hände weg und wirft ihr einen Blick zu, der sie bis ins Mark erschüttert. Ihre Hände erstarren in der Luft. »Ihr werdet ihn nie mehr benutzen!« Seine Augen wandern zu Jahwe zurück. Seine Miene wird zärtlich. »Jetzt ist er
frei.« Er lässt seine Haare über das Gesicht des Creawdwrs fallen – ein schwarzer seidiger Schleier.
    »Mörder!«, schluchzt Lilith.
    Sie atmete den Duft von Weihrauch und Jasmin ein und schob wieder die Vergangenheit von sich. Luciens plötzliche Rückkehr hatte ihr Gedächtnis von altem Staub und Spinnweben befreit und ihm neues Leben verliehen. Sie konzentrierte sich, um wieder ruhiger zu werden, und stieg die Stufen zum Chaosthron hinauf. Jetzt wollte sie die Behauptungen ihres früheren Cydymaith auf die Probe stellen.
    Er heißt Dante und wurde als Vampir geboren. Er ist dreiundzwanzig Jahre

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