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02 Nightfall - Rueckkehr des Engels

02 Nightfall - Rueckkehr des Engels

Titel: 02 Nightfall - Rueckkehr des Engels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adrian Phoenix
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verstanden. Aber du musst auch etwas verstehen: zuerst Athena.«
    »Einverstanden. Zuerst Athena«, entgegnete Wells. Jahrzehnte der Arbeit für das FBI hatten ihn gelehrt, sich nie anmerken zu lassen, wenn er log. Tief in seinem Inneren verspürte er jedoch einen Anflug von Zerknirschung. Athena war Alexanders Zwillingsschwester. Er befürchtete, dass sein Sohn ohne sie nie mehr derselbe sein würde und dass dies der Grund war, warum er ihr Leben nicht schon lange beendet hatte.
    Je tiefer Athena in den Wahnsinn abdriftete, desto größer war seiner Meinung nach auch die Möglichkeit, dass Alexander durch das untrennbare Band zwischen ihnen ebenfalls infiziert werden könnte. Er fürchtete, er sei schon jetzt in ihn eingedrungen und schwemme Wahnvorstellungen durch seine Adern.
    »Einverstanden.« Das zynische Lächeln verschwand von Alexanders Lippen. Er ging über den Teppich zu Wells, der noch vor der Mahagonibar stand, und senkte den Kopf.
    Wells trat einen Schritt vor und küsste Alexander aufs goldene Haar. Mit diesem Kuss gab er ihm zugleich seinen väterlichen Segen.

    »Bring S heim«, flüsterte er. »Dann bringe ich dir bei, wie man ihn zähmt.«
    »Ich werde dich daran erinnern.«
    »Tu das.«
    Wells trat zurück, und Alexander hob den Kopf. Einen langen Moment blickte er Wells in die Augen, wobei die seinen undurchdringlich waren. »Ich frage mich schon immer, warum du deine Gedanken vor mir verbirgst, obwohl doch du es warst, der mir meine telepathischen Fähigkeiten gegeben hat.«
    Wells scherzte: »Um deinen Charakter zu festigen. Um dich zu ärgern. Um dich immer wieder raten zu lassen. Du kannst es dir aussuchen.«
    Das kalt-ironische Lächeln zeigte sich wieder auf Alexanders Lippen. Er salutierte halb ernst, halb gespielt und verließ dann das Zimmer.
    »Alexander«, rief Wells ihm nach. Sein Sohn blieb im Türrahmen stehen. »Denk daran, der MP3-Player kann die Botschaft nur einmal abspielen. Wenn du sie vorher anhörst, wird S nichts außer Rauschen vernehmen.«
    Die Haustür öffnete sich und fiel dann wieder ins Schloss.
    Wells trank seinen Cognac in einem zweiten großen Schluck aus. Auf seine Stirn traten Schweißperlen, und sein Gesicht wurde warm. Er hielt das Glas in der Handfläche und trug es gemeinsam mit der Flasche zu seinem Arbeitszimmer am Ende des Gangs.
    Er mochte sterblich sein, aber in seinem Inneren loderte das Feuer eines Schöpfers. Genetik war sein Werkzeug, menschliches Fleisch sein Medium. Sein Sohn war der lebende Beweis dafür, seine Tochter seine einzige Fehlleistung.
    »Tu, was du tun musst.« Gloria streicht über ihren Bauch, der noch flach ist. » Vielleicht bekomme ich ja deshalb Zwillinge. Vielleicht haben wir deshalb einen von jedem Geschlecht.« Ein wissendes Lächeln umspielt ihren Mund. »Vielleicht habe ich auch deshalb dich gewählt.«

    Diese Worte hatten Wells hinter die Fassade der barmherzigen Madonna auf die berechnende Mutter-Göttin blicken lassen. Gloria hatte ihm den Weg zur Göttlichkeit geebnet. Vater einer neuen Ära. Schöpfer von Göttern.
    Aber Athena … er wusste noch immer nicht, was schiefgelaufen war, wo er einen Fehler gemacht hatte. Er hatte die Zwillinge mit größter Sorgfalt entworfen, ihren genetischen Code noch in Glorias Bauch verändert und verbessert, alle Makel beseitigt.
    Das hatte er jedenfalls angenommen – bis Athenas Geist heimlich, still und unwiederbringlich die falsche Richtung einschlug. Paranoide Bewusstseinsspaltung. Ein unvorhergesehener Systemfehler.
    Wells ließ sich auf seinen bequemen und angenehm eingesessenen Lederstuhl vor seinem Schreibtisch nieder. Er stellte die Cognacflasche ab und nahm eine Kopie jener Disc in die Hand, die seine Tochter sich gerade noch einmal ansah.
    Thena schaut sie sich gerade nochmal an. Sie gefällt ihr.
    Nicht nur Athena, auch Wells hatte sie sich schon mehrmals angesehen. Aber ihm gefiel nicht, was er sah. So hätte er seine Gefühle nicht beschrieben. Nein – ein besseres Wort für seine Empfindungen wäre Angst gewesen. Entsetzen. Es ängstigte und erregte ihn zugleich. Aber Gefallen fand er nicht daran. Er schob die Disc ins Laufwerk seines Rechners.
    Ehe er auf ABSPIELEN drückte, nahm er noch einen Schluck Cognac. Auf dem Bildschirm erschien ein Korridor, der durch die düstere Beleuchtung in ein Nachtsichtgrün getaucht war. Eine Gestalt kam ins Bild – taillenlanges schwarzes Haar, das sich wie Meeresalgen in einer Strömung in der Luft schlängelte. Seine schwarzen,

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