02 - Schwarze Küsse
legte ihre Hand auf die Smaragd-Halskette, die dort ruhte, und drehte sich um.
Der Fremde stand vor ihr, eingehüllt in Schatten.
»Du hast mir das Leben geschenkt«, sagte er mit rauer Stimme und legte seine Hände auf beide Seiten ihres Gesichts. Ein Gefühl der Schwäche überkam sie. Ihre Beine zitterten jetzt so sehr, dass sie kaum noch stehen konnte. Sie konnte sich nicht mehr bewegen. Sie konnte nicht kämpfen.
Seine Lippen berührten die ihren.
Aber dieser Kuss war anders. Es lag keine Leidenschaft darin. Kein Verlangen.
Diesmal war er nichts als die hässliche Wahrheit. Er raubte ihr den Atem, saugte ihr das Leben aus. Alles zog sich um sie herum zusammen, erstickte sie.
Prue schreckte aus dem Schlaf hoch. Sie fühlte, wie ihr Schrei durch das Zimmer hallte.
Aber sie konnte ihn nicht hören. Sie schrie noch einmal, aber alles, was sie hörte, war das rasende Klopfen ihres eigenen Herzens.
Sie schoss senkrecht im Bett auf, schwer atmend, am ganzen Körper zitternd. Kalter Schweiß ließ ihr Nachthemd an der Haut kleben.
Irgendetwas stimmt hier nicht, dachte sie. Irgendetwas läuft hier ganz furchtbar falsch.
Sie konnte die weichen Baumwolllaken nicht mehr auf ihren Beinen spüren. Sie konnte das Gewicht der Überdecke nicht spüren und auch nicht den Verband, mit dem Piper ihre Hand bandagiert hatte.
Auch mit ihren Augen stimmte etwas nicht. Es war, als würde sie alles durch einen langen Tunnel hindurch sehen. Vom entfernten Ende drang noch etwas Licht zu ihr durch, aber es wurde schwächer und schwächer.
Voller Panik nach Luft schnappend, versuchte Prue, aus dem Bett zu steigen, aber ihr Körper versagte ihr den Dienst. Sie fiel hart auf die Seite, nicht mehr in der Lage, sich aufzurichten.
Was passiert mit mir?, schrie ihr Verstand auf.
Pipers Blick wanderte aufmerksam durch das Railyard Café und hielt Ausschau nach der Tarot-Legerin. Langsam glaubte sie, dass Phoebe tatsächlich Recht hatte. Elena musste hinter dem stecken, was mit Prue passierte. Dieses ganze Chaos hatte schließlich erst begonnen, nachdem sie eingewilligt hatten, sich ihre Zukunft vorhersagen zu lassen.
Sie ging hinüber zur Bar, wo ein Mann gerade damit beschäftigt war, Gläser einzusortieren. »Ist der Geschäftsführer zu sprechen?«, fragte sie.
Er drehte sich um und lächelte sie an. »Das bin ich. Was kann ich für Sie tun?«
Sie knetete ihre Hände und fragte sich, wie sie alles erklären konnte, ohne zu viel zu verraten. »Wissen Sie vielleicht, wo ich Elena finden kann?«
Er deutete mit seinem Daumen über seine Schulter. »Im Hinterzimmer, sie hält gerade eine Privatsitzung ab.«
Piper zog eine Grimasse und blickte auf ihre Uhr.
»Danke.«
Sie ging um die Bar herum, in Richtung der Küche und des Hinterzimmers. Auf der Türschwelle blieb sie stehen.
Sie sah, wie Elena die Karten für einen Mann mit glänzend schwarzen Haaren auslegte. Piper konnte nur seinen Hinterkopf sehen, aber etwas an ihm kam ihr bekannt vor.
Vielleicht ist er ein Stammgast vom quake, dachte sie.
Elena blickte zur Tür und schluckte.
Der Mann drehte sich herum.
Robert!
Piper stockte der Atem. Woher kannten sich die beiden? Steckten sie vielleicht unter einer Decke?
Piper schritt auf den Tisch zu, fest entschlossen, das herauszufinden. »Na so was, wenn das nicht ein interessanter Zufall ist«, sagte sie.
Elenas Augen weiteten sich. »Sie!«, schrie sie auf und raffte hektisch ihre Karten zusammen.
»Warten Sie doch!«, sagte Piper. »Ich möchte mich nur mit Ihnen unterhalten.«
Doch Elena war bereits von ihrem Stuhl aufgesprungen, hob ihn nun hoch und schleuderte ihn in Pipers Richtung. Dann hetzte sie durch die Hintertür hinaus.
Piper machte einen Satz zur Seite, und der Stuhl verfehlte sie nur um Zentimeter. Mit einem flüchtigen Seitenblick auf Robert sprang Piper über den Stuhl und lief der Wahrsagerin hinterher.
Als sie ins Freie stürmte, sah sie gerade noch, wie Elena in ein grünes Auto sprang. Instinktiv ließ Piper ihre Hände emporschnellen und hielt die Zeit an. Sie lief zu dem Auto und versuchte, die Tür aufzureißen.
Sie war verschlossen!
Sie fluchte leise. Wenn sie doch nur nach draußen gekommen wäre, bevor Elena die Tür verriegelt hatte.
Die Zeit lief weiter.
Elena startete den Motor und raste die Straße hinunter.
Piper fühlte, wie wütende Enttäuschung in ihr aufstieg. Sie hatte gerade die beste Chance verpatzt, herauszufinden, was mit Prue passierte.
Da fiel ihr Robert wieder ein. Wenn
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