02 - Schwarze Küsse
bin ich mir sicher«, antwortete er. »Sie haben vorhin nach Robert gefragt. Er will gerade diese SmaragdHalskette für seinen Laden in Frankreich kaufen.«
»Wissen Sie irgendetwas über ihre Geschichte?«, fragte Phoebe auf der Suche nach einem Hinweis, der ihr vielleicht weiterhelfen könnte.
Er zuckte mit den Schultern. »Nun, sie stammt aus Frankreich und ist wenigstens dreihundert Jahre alt. Das ist eigentlich alles, was ich weiß - abgesehen vom Schliff und dem Gewicht des Steins.«
Frankreich?, wiederholte Phoebe in Gedanken. Wie Lascaris und Robert.
»Kommen Sie, ich zeige Ihnen das Schachspiel«, sagte Claiborne und führte sie in die Bibliothek.
Obwohl Phoebes Kopfschmerzen immer stärker wurden, versuchte sie, sich auf das Schachspiel zu konzentrieren. Sie bewegte sogar einen Läufer aus Kristall und eine Königin aus Topas über das juwelenbesetzte Brett. Aber abgesehen davon, dass das Schachspiel wirklich wunderschön war, ging nichts davon aus. Keine Visionen, keine Schwingungen. Nichts über Robert.
Sie schüttelte den Kopf und presste ihre Finger gegen die Schläfen. »Tut mir Leid«, sagte sie zu Lloyd Claiborne. »Ich habe rasende Kopfschmerzen. Ich muss jetzt gehen. Vielen Dank für Ihre Hilfe.«
Sie ging aus dem Raum und kam wieder an der Glasvitrine vorbei. In ihrem Kopf hämmerten die Schmerzen. Dann blitzte ein blendendes Licht vor Phoebes Augen auf. Ein elektrischer Stoß durchzuckte sie. Ich habe es geschafft!, begriff sie. Eine Vision! Phoebe schloss die Augen - und vor ihrem inneren Auge erschienen endlich die Bilder:
Prue, verschlungen in einer leidenschaftlichen Umarmung mit einem Mann in einer Robe.
Eine Robe, verziert mit den Symbolen der Karte des Schwarzen Turms.
Sie küssen sich.
Er lässt sie wie ein lebloses Bündel zu Boden fallen.
Die Turmkarte aus Elenas Kartenstoß fällt langsam herunter.
Sie landet auf Prues Lippen.
Ein letzter Todeskuss.
Phoebe erwachte aus ihrer Trance, erschüttert bis ins Mark.
Die Bedeutung dieser Vision war ihr nicht ganz klar. Nur eins war sicher. Ich muss zurück nach Hause, erkannte Phoebe schlagartig. Prue bleibt nicht mehr viel Zeit!
13
PHOEBE STAND NEBEN Prues Bett, und beim Anblick ihrer Schwester verkrampfte sich ihr Herz. Prue starrte mit tief in die Höhlen eingesunkenen Augen zurück.
Sie konnte kaum wahrnehmen, wie sich Prues Lippen bewegten. Sie beugte sich hinunter, bis ihr Ohr fast Prues Lippen berührte.
»Dunkelheit«, krächzte Prue.
»Du redest nicht von der Nacht, oder?«, fragte Phoebe, und die Tränen brannten in ihren Augen. »Du bist von Dunkelheit umgeben.«
Prue schloss die Augen, erleichtert, dass Phoebe sie verstanden hatte.
»Keine Angst, Prue«, sagte Phoebe mit einer Zuversicht, über die sie selbst erstaunt war. »Piper und ich wissen, was hinter der ganzen Sache steckt, und wir werden einen Weg finden, es aufzuhalten. Du musst durchhalten.«
Damit stürmte sie aus dem Schlafzimmer hinaus und rannte die Stufen zum Dachboden hinauf. Sie griff nach dem Buch der Schatten und suchte nach der Seite, auf der Lascaris beschrieben wurde. Wieder las sie die Worte, diesmal ganz langsam, um herauszufinden, ob dahinter vielleicht eine versteckte Bedeutung verborgen war.
Die Geschichte schien ganz klar und einfach zu sein, aber irgendwo musste es doch einen Hinweis auf die Lösung geben. Er war eingesperrt gewesen und hatte sich irgendwie befreien können.
Aber wo war sein Gefängnis gewesen? Wer hatte ihn dort eingesperrt? Und wie hatte er es geschafft, sich wieder befreien zu können?
Okay, dachte Phoebe. Versuchen wir mal, das Pferd von hinten aufzuzäumen. Wer von den Männern, die Prue geküsst hatte, ist nicht krank geworden? Ein mitternächtliches Phantom und Robert. Könnten die beiden in Wirklichkeit ein und derselbe sein? Oder war dieses Mitternachtsphantom auch krank geworden, und sie wussten es nur nicht, weil sie keine Ahnung hatten, wer es war?
Robert war nicht krank. Das wusste sie.
Vielleicht war Claiborne ja Lascaris. Schließlich war es seine Party gewesen. Er hatte die Gästeliste zusammengestellt. Er hatte Prue eingeladen. Aber hatte er sie auch geküsst?
So viele offene Fragen - wer, was, warum und wann. Wie sollte sie jemals eine Antwort finden?
Plötzlich stürmte Piper durch die Tür auf den Dachboden, und Phoebe hätte vor Schreck fast der Schlag getroffen.
»Ich habe die Verbindung zwischen den kranken Männern auf den beiden Silvesterpartys gefunden«, sagte Piper atemlos.
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