02 - Tanz der Sehnsucht
sodass nur noch die Lichterketten der Großstadt zu sehen waren.
„Merkwürdig, wie wir drei - ich meine mich und meine Schwestern - ein ganz klares Gespür dafür hatten, wohin wir gehören. So nah wir uns sind, wir haben doch alle völlig unterschiedliche Orte zum Leben gewählt. Alana ist auf dem Land in Virginia, Carrie im Land der Illusionen, und ich bin hier."
Er musste sich beherrschen, um ihr nicht übers Haar zu streichen. Immer, wenn sie von ihren Schwestern sprach, war eine Spur Wehmut aus ihr herauszuhören. Er verstand nichts von Familie. Er hatte nur seinen Vater. „Möchtest du einen Drink?"
Es lag deutlich in seinem Ton, diese Distanz, diese Förmlichkeit. Sie versuchte sich nicht davon verletzen zu lassen. „Gegen ein Perrier hätte ich nichts."
Als er hinüber zur tiefschwarzen Bar ging, trat sie ganz vom Fenster zurück. Sie wollte nicht an die Menschen dort unten denken, wenn sie sich selbst so abgelehnt fühlen musste.
Dann sah sie die Pflanze. Roy hatte sie so gestellt, dass sie nicht zu viel direktes Sonnenlicht abbekam.
„Sie sieht viel besser aus." Maddy hatte zu ihrem Lächeln zurückgefunden, als Roy ihr ein Glas reichte.
„Sie sieht erbärmlich aus", verbesserte Roy sie und schwenkte
den Brandy in seinem Glas. „Du hast sie ertränkt."
Er nahm einen Schluck. „Warum setzt du dich nicht, Maddy? Und sag mir, warum du gekommen bist."
„Ich wollte dich einfach sehen." Zum ersten Mal wünschte sie, sie hätte etwas von Carries Art, mit Männern umzugehen. Nervös ging sie umher. „Ich kenne mich in diesen Dingen nicht besonders gut aus, und ich hatte auch nie die Zeit, einen besonderen Stil dafür zu entwickeln. Geschickte Formulierungen kenne ich nur vom Theater, und da werden sie mir vorgegeben. Ich wollte dich einfach sehen." Trotzig setzte sie sich auf den Rand des Sofas. „Darum bin ich gekommen."
„Keinen Stil." Es erstaunte ihn, dass er amüsiert sein konnte trotz des unwillkommenen Begehrens, das er für sie spürte. Er setzte sich auch, aber mit sicherem Abstand zu ihr. „Bist du gekommen, um mir einen unsittlichen Antrag zu machen?"
Zorn flammte in ihr auf. „Es sind also nicht nur die Tänzer, die ein Patent auf Selbstverliebtheit haben.
Die Frauen, die du gewöhnt bist, stolpern dir offensichtlich auf einen Wink deines kleinen Fingers ins Bett."
Er trank einen Schluck Brandy, um das Lächeln, das um seinen Mund zuckte, zu verbergen. „Die Frauen, die ich gewöhnt bin, singen keine Duette mit dem Pförtner in der Eingangshalle."
Heftig setzte sie ihr Glas ab, sodass das Sodawasser bedrohlich nah am Rand schwappte.
„Wahrscheinlich weil diese Frauen Blech in den Ohren haben."
„Das wäre eine Möglichkeit. Der springende Punkt ist der, Maddy, ich weiß nicht, was ich mit dir tun soll."
„Mit mir tun?" Sie stand auf, anmutig, aber fuchsteufelswild. „Du sollst nichts mit mir tun. Ich will nicht, dass du etwas mit mir tust. Ich bin keine Eliza Doolittle."
„Du denkst sogar in Rollen."
„Na und? Du denkst nur in Zahlenreihen. In Verhaltensmustern." Erregt sprang sie auf und ging wieder umher. „Ich weiß nicht, was ich hier tue.
Verdammt, ich fühlte mich eine Woche lang miserabel, und das bin ich nicht gewöhnt."
Anklagend drehte sie sich zu ihm um. „Ich habe meinen Einsatz verpasst, weil ich an dich denken musste."
„Wirklich?" Er stand auf, obwohl er es nicht wollte. Er sollte sie in ihrer Wut bestärken, damit sie ging, bevor er etwas tat, das er doch
nur bedauern würde. Aber er tat es jetzt, trat dicht auf sie zu und strich mit dem Daumen über ihre Wange.
„Ja." Verlangen stellte sich ein, und die Wut verschwand. Sie ergriff seine Hand, bevor er sie sinken lassen konnte. „Und ich wollte, dass auch du an mich denkst."
„Vielleicht habe ich das. Vielleicht habe ich mich selbst dabei ertappt, wie ich aus dem Fenster meines Büros gestarrt und über dich nachgedacht habe."
Sie stellte sich auf die Zehenspitzen, um seine Lippen berühren zu können. Ein Sturm tobte in ihm, sie konnte es fühlen. Auch in ihr tobte ein Sturm, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen und, wie sie wusste, mit unterschiedlichem Resultat. War es notwendig, ihn zu verstehen, wenn es ein schönes Gefühl war, einfach bei ihm zu sein? Doch das würde ihm nie genügen, auch das wusste sie.
„Roy ..."
„Nicht." Er zog sie näher. „Sprich jetzt nicht."
Ihr Mund war weich, warm und sinnlich. Als sie ihn berührte, wirkte es auf ihn, als wollte sie eher
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