02 - Tanz der Sehnsucht
dass sie nur für ein Gespräch mit Roy moralische Unterstützung nötig zu haben glaubte. Schließlich wollte sie nichts weiter als mit diesem Mann über ihre Beziehung reden.
Sie würde jetzt duschen, sich umziehen und in die U-Bahn steigen. Es war ja auch nicht der erste Abend, den sie in Roys Apartment zubringen würde.
Außerdem mussten sie miteinander reden. Und es gab keinen Grund, über etwas nervös zu sein, das getan werden musste.
Als sie ihr Schlafzimmer betrat, fiel ihr Blick sofort auf Carries Geschenk für sie, das auf dem Bett ausgebreitet lag. Als Erstes griff Maddy nach der Karte mit den großen, geschwungenen Schriftzügen ihrer Schwester.
„Maddy, nach anstrengender Suche und langem Überlegen habe ich das für Dich gewählt. Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag nächsten Monat.
Trage es heute Abend für Deinen Roy. Noch besser, trage es für Dich selbst. Vergiss Deinen ersten Eindruck, die Farbe sei nichts für Dich. Vertraue mir.
Ich werde an Dich denken, Kleines. Viel Glück.
Carrie"
Gerührt, aber auch zweifelnd betrachtete Maddy Carries Geschenk. Die weich fallende Seidenhose war von einem kühnen flammenden Pink. Genau die Farbe, die Maddy wegen ihrer Haarfarbe vermeiden würde. Das Oberteil mit den Spaghettiträgern war in einem Jadeton gehalten. Aber zusammen ergab es eine freche Kombination, die zu Maddys Typ passte.
Doch worüber sie in helles Entzücken ausbrach, war die Jacke.
Sie war aus changierender Seide, großzügig geschnitten und ebenso weich fallend wie die Hose.
Das Changeant-Gewebe schuf ein Kaleidoskop an Farben. Je nachdem, wie es gehalten wurde, wechselte das Farbspiel. Zunächst hielt Maddy die Jacke für zu hochgestochen, zu elegant für sich, aber die sich laufend ändernden, schillernden Farben übten doch eine faszinierende Wirkung auf sie aus.
„Also gut", sprach sie sich Mut zu. „Gehen wir es an."
Warum war er so nervös? Zum wiederholten Male schritt Roy unruhig auf und ab. Es war doch lächerlich, nur weil er eine Frau zu Be such erwartete. Selbst wenn diese Frau Maddy war.
Gerade weil diese Frau Maddy war, verbesserte er sich selbst.
Sie hatten schon andere Abende miteinander verbracht. Aber heute war es etwas anderes. Er schaltete die Stereoanlage ein, in der Hoffnung, sich durch die Musik ablenken zu können.
Wir werden nur miteinander reden, erinnerte er sich. Es war unumgänglich geworden, dass sie sich gegenseitig klarmachten, was sie voneinander wollten, wie die Bedingungen dafür aussahen und wo die Grenzen lagen. Er wollte mit ihr schlafen.
Schon jetzt, allein bei dem Gedanken daran, stieg das Begehren in ihm auf.
Sie konnten doch Liebende werden und trotzdem alles auf der freundschaftlichen Ebene wie bisher belassen. Das mussten sie jetzt klären. Wenn sie kam, würden sie sich also einfach hinsetzen und ihre Bedürfnisse und Vorbehalte offenlegen, eben wie vernünftige Erwachsene. Sie würden zu einer klaren Einigung kommen und auf der Ebene weitermachen. Niemand würde dabei verletzt werden.
Doch, er würde sie verletzen. Aus irgendeinem Grund war sich Roy darüber sicher, wenn er sich an den Ausdruck in Maddys Augen bei ihrem letzten Zusammentreffen erinnerte. Beides, Mut und Verletzlichkeit, hatte daringestanden.
Sie ging ihm unter die Haut, und das durfte er nicht zulassen. Der beste Weg, der einzige Weg, den er sah, um dem Einhalt zu gebieten, war, feste Regeln aufzustellen.
Wieder ging er unruhig auf und ab und sah dann auf die Uhr. Sie verspätete sich. Sie machte ihn verrückt.
Was ist überhaupt das Besondere an ihr, fragte er sich zum x-ten Mal. Sie war nicht außergewöhnlich schön. Sie hatte kein gewandtes, beherrschtes und unterkühlt anziehendes Auftreten. Mit einem Wort, sie war nicht der Typ Frau, der normalerweise seine Aufmerksamkeit erregte.
Wo zum Teufel blieb sie nur?
Als es klingelte, fluchte Roy verhalten auf sie. Er wartete einen Augenblick, um sich zu sammeln. Es würde nichts bringen, gereizt und aufgebracht die Tür zu öffnen. Wenn er auf solidem, gefestigtem Grund anfangen würde, dann würde er auch auf solidem, gefestigtem Grund stehen. Dann öffnete er die Tür, und jeder vernünftige Gedanke war verflogen.
Hatte er sich eben gesagt, sie sei nicht wirklich schön? Wie konnte er sich so vollkommen irren?
Hatte er sich gesagt, sie sei nicht anziehend? Und da stand sie vor ihm - verlockend, strahlend, lebenssprühend -, und er war noch nie zuvor von etwas mehr eingenommen gewesen.
„Hi. Wie
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