02 - Tanz der Sehnsucht
Mit heftig klopfendem Herzen zog sie einen Steppschuh aus ihrem Tanzbeutel und hielt ihn hoch wie eine Waffe. Sie kam gar nicht erst auf den Gedanken,
hinauszurennen und um Hilfe zu rufen. Auch wenn sie sich nicht als aggressiv einschätzte, so war das hier ihr Zuhause, und sie hatte immer das verteidigt, was ihr gehörte.
Langsam, ohne ein Geräusch zu machen,
durchquerte sie das Zimmer. Als sie das Geklapper von Kleiderbügeln hörte, fasste sie den Schuh fester. Wenn der Dieb dort etwas Wertvolles zu finden glaubte, dann konnte es für seine Dummheit gar keine Worte mehr geben. Und einen geistig verwirrten Dieb sollte sie doch mit Hilfe des mit Eisen verstärkten Absatzes ihres Steppschuhs in die Flucht schlagen können. Doch je näher sie ihrem Schlafzimmer kam, desto häufiger musste sie nervös schlucken.
Mit angehaltenem Atem fasste Maddy mit der freien Hand nach dem Türgriff. Dann riss sie die Tür auf. Fast gleichzeitig ertönten erschreckte Aufschreie.
„Nun." Carrie legte die Hand auf ihr Herz. „Es ist doch immer wieder nett, dich zu sehen."
„Carrie!" Mit einem Freudenschrei warf Maddy den Schuh weg und stürzte sich auf ihre Schwester.
„Ich hätte dir fast ein Loch in den Kopf geschlagen.
Was machst du hier?"
„Ein paar Sachen aufhängen." Carrie küsste Maddy auf die Wange und warf dann ihre blonde Haarmähne zurück. „Es macht dir doch hoffentlich nichts aus. Seide knittert so schrecklich."
„Natürlich macht es mir nichts aus. Ich habe gemeint, was machst du in New York? Du hättest mich benachrichtigen können."
„Darling, ich habe dir letzte Woche geschrieben."
„Nein, du ..." Dann erinnerte sich Maddy an den ganzen Stapel von Briefen, den sie immer noch nicht geöffnet hatte. „Ich hatte noch keine Zeit für meine Post."
„Typisch."
„Ja, ich weiß." Sie hielt ihre Schwester auf Armeslänge von sich, nur um sie anzusehen. Es war ein Gesicht, das sie so gut wie ihr eigenes kannte und das sie einfach immer wieder bewundern musste, mit den tiefblauen Augen und dem so herrlich geschwungenen Mund. „Ach, Carrie, du siehst wunderbar aus. Ich freue mich so, dich zu sehen."
„Du siehst selbst wunderbar aus." Aufmerksam betrachtete Carrie ihre Schwester. „Entweder wirken die Vitamine, die du schluckst, oder du bist verliebt."
„Ich glaube, beides."
Carrie zog eine ihrer fein geschwungenen Brauen hoch. „Tatsächlich? Dann lass uns darüber reden."
Maddy hakte sich bei Carrie unter. „Ich wünschte, Alana wäre auch hier. Dann wäre alles perfekt. Wie lang bleibst du?"
„Ein paar Tage", meinte Carrie, als sie zusammen ins Wohnzimmer gingen. „Ich soll bei einer dieser Preisverleihungen mitmachen. Mein Manager meint, so etwas mache sich gut."
„Und du findest das nicht." Maddy suchte ihre Schränke nach einer Flasche Wein ab.
Carrie warf einen Blick zum dämmrigen Fenster hinüber. „Du weißt, New York ist nicht meine Stadt, Darling. Es ist mir zu ..."
„Wirklich?", schlug Maddy vor.
„Sagen wir einfach zu laut." Draußen wetteiferten zwei Polizistinnen miteinander. „Ich hoffe, du hast noch etwas Wein, Maddy. Der Kaffee war dir ausgegangen."
„Ich habe ihn mir abgewöhnt", entgegnete Maddy, deren Kopf fast in einem Schrank verschwand.
„Abgewöhnt? Du?"
„Ich habe zu viel davon getrunken. Ich habe meine Organe mit Koffein regelrecht überschwemmt. Jetzt trinke ich meistens Kräutertee." Maddy nahm wieder den Kaffeegeruch wahr, der in der Luft hing. „Woher hast du ihn bekommen?"
„Oh, ich habe mir von deinem Nachbarn etwas ausgeborgt."
Mit einer Flasche Wein kam Maddy aus dem untersten Schrankfach wieder hoch. „Doch nicht Guido."
„Doch, Guido. Der mit dem Bizeps und den großen Zähnen."
Maddy stöberte schließlich auch noch zwei Gläser auf. „Carrie, ich lebe seit Jahren neben ihm und würde mit ihm ohne einen bewaffneten Leibwächter nicht einmal einen Guten-Morgen-Gruß austau-schen."
„Er war reizend." Carrie warf ihr Haar zurück.
„Obwohl ich ihn davon abbringen musste, mit herüberzukommen, um den Kaffee für mich zu bereiten."
„Darauf möchte ich wetten." Maddy füllte zwei Gläser und stieß ihres gegen das von ihrer Schwester. „Auf die O'Haras."
Carrie nahm einen Schluck und verzog das Gesicht. „Maddy, Wein scheinst du immer noch auf dem Flohmarkt zu kaufen."
„So schlecht ist er nun auch wieder nicht. Komm, setz dich. Hast du etwas von Alana gehört?"
„Bevor ich abgeflogen bin, habe ich sie angerufen. Sie
Weitere Kostenlose Bücher