02 Titan
wusste, dass ihr Mann gerade in aller Öffentlichkeit ihre Ehe beendet hatte. Caesar war ein Mann schneller Taten, ich nahm an, dass er sie noch vor Einbruch der Dunkelheit vor die Tür setzen würde.
Als wir zu Hause eintrafen, ging Cicero sofort in seine Bibliothek, um nicht Terentia in die Arme zu laufen. Er legte sich auf das Sofa. »Ich brauche jetzt etwas reines Griechisch, um mir den Schmutz der Politik aus dem Kopf zu
spülen«, sagte er. Da Sositheus, der ihm normalerweise vorlas, krank war, fragte er, ob ich ihm die Ehre geben würde, und so holte ich auf seinen Wunsch hin eine Abschrift von Euripides aus dem Fach und entrollte sie neben der Lampe. Er wollte Die Schutzflehenden hören, wahrscheinlich weil ihm an jenem Tag vor allem die Hinrichtung der Verschwörer im Kopf herumging und er hoffte, dass er wenigstens mit seiner Zustimmung zu einer ehrenvollen Bestattung seiner Feinde die Rolle von Theseus gespielt hatte. Ich las gerade seine Lieblingszeilen – Ein unbesonnener Führer ist zum Scheitern verurteilt; der Kapitän eines Schiffes ist gelassen, weise zur rechten Zeit. Ja, und vorausschauend: dies ist auch Tapferkeit … –, als ein Sklave hereinkam und sagte, dass Clodius im Atrium warte.
Cicero fluchte. »Geh raus, und sag ihm, er soll aus meinem Haus verschwinden. Ich kann es mir nicht leisten, weiterhin mit ihm gesehen zu werden.«
Keine sonderlich reizvolle Aufgabe, aber ich legte Euripides beiseite und ging hinaus ins Atrium. Ich hatte erwartet, einen Clodius in höchster Not vorzufinden. Stattdessen trug er nur ein betrübtes Lächeln zur Schau. »Guten Tag, Tiro. Hab mir gedacht, ich komme am besten gleich bei meinem Lehrer vorbei und hole mir meine Strafe ab, dann habe ich das wenigstens hinter mir.«
»Tut mir leid, mein Herr ist nicht zu Hause.«
Clodius’ Lächeln wurde etwas frostiger, weil er natürlich annahm, dass ich log. »Aber ich habe aus der ganzen Sache eigens für ihn eine wunderschöne Geschichte gemacht. Die muss er sich einfach anhören. Ach was, das ist doch lächerlich, ich lass mich doch nicht einfach so wegschicken.«
Dann stieß er mich zur Seite und marschierte durch die große Halle in die Bibliothek. Händeringend folgte ich ihm. Aber zu unser beider Überraschung war der Raum leer. Es gab für die Sklaven eine kleine Tür in der gegenüberliegenden
Ecke, und als wir dort hinschauten, sahen wir gerade noch, wie sie sich schloss. Der Euripides lag da, wo ich ihn hatte liegen lassen. »Nun gut«, sagte Clodius, der mir plötzlich etwas verunsichert vorkam. »Aber sag ihm, dass ich da war.«
»Das werde ich«, sagte ich.
KAPITEL XIII
U m diese Zeit, genau wie Clodius vorhergesagt hatte, betrat Pompeius Magnus in Brundisium wieder italienischen Boden. Kuriere des Senats eilten in Etappen die knapp dreihundert Meilen nach Rom, um die Nachricht zu überbringen. Laut ihrer Auskunft waren mit ihm zwanzigtausend seiner Legionäre an Land gegangen, zu denen er am folgenden Tag auf dem Forum der Stadt sprach. »Männer«, soll er gesagt haben, »ich danke euch für eure Dienste. Wir haben Mithridates vernichtet, den größten Feind der Republik seit Hannibal, und haben zusammen heldenhafte Taten vollbracht, an die sich die Welt noch in tausend Jahren erinnern wird. Es ist dies ein bitterer Tag, an dem unsere Wege sich trennen. Aber unsere Nation ist eine Nation der Gesetze, und ich habe keine Vollmacht von Senat und Volk, in Italien eine Armee zu führen. Geht zurück in eure Heimatstädte. Geht zurück in eure Häuser. Ich verspreche, dass eure Dienste nicht unbelohnt bleiben werden. Es wird Land und Geld für euch alle geben. Ihr habt mein Wort. In der Zwischenzeit haltet euch bereit für den Tag, an dem ich euch rufe, mich nach Rom zu begleiten, wo ihr eure Beute erhalten werdet und wir den größten Triumph feiern werden, den die Vaterstadt unseres nun größeren Reiches je gesehen hat.«
Und damit machte er sich auf den Weg nach Rom, lediglich begleitet von seinen offiziellen Liktoren und einigen
wenigen engen Freunden. Als sich die Nachricht über seine bescheidene Begleitmannschaft verbreitete, geschah etwas höchst Erstaunliches. Die Menschen hatten geglaubt, er würde mit seiner Armee nach Norden ziehen und einen breiten Streifen Land hinter sich zurücklassen, das so verwüstet wäre, als wären Heuschreckenschwärme darüber hinweggezogen. Stattdessen bummelte der »Herr über Land und Meer« gemächlich durch die Auen und übernachtete in
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