02 - Von dir kann ich nicht lassen
heiraten? Ist er in der Stadt?«
Sie
presste, wie gewohnt, die Lippen zusammen.' »Sir Charles Fortescue«, sagte sie,
»ist weder ein Muttersöhnchen noch ein Bauernlackel. Er war stets mein bester
Freund. Und er kommt, sobald es ihm möglich ist.«
»Sobald
es ihm möglich ist«, wiederholte er. »Wo war er während der letzten Wochen? Ich
habe nicht bemerkt, dass er auf der Suche nach dir durch London geeilt wäre, um
dich aus den Klauen deines Onkels oder Cousins, oder was immer der Teufel
Durbury für dich ist, zu befreien.«
»Wo
hätte er suchen sollen?«, fragte sie. »Wenn die Polizei mich nicht finden
konnte welche Chance hätte Charles dann gehabt, Euer Gnaden?«
»Ich
hätte dich gefunden.« Er sah sie mit zusammengekniffenen Augen an. »Die ganze
Welt wäre nicht groß genug gewesen, Sie zu verbergen, Lady Sa ra, wenn
ich Sie gesucht hätte.«
»Nenn
mich nicht so«, sagte sie. »So heiße ich nicht. Ich bin Jane.«
Seine
Laune milderte sich, und er vergaß für den Moment seinen Ärger über Sir Charles
Fortescue, Muttersöhnchen und Bauernlackel.
»Ja«,
stimmte er ihr zu. »Ja, so ist es. Und ich bin nicht >Euer Gnaden<, Jane.
Ich bin Jocelyn.«
»Ja.«
Sie leckte sich über die Lippen.
»Warum
bleibst du dort stehen und hältst den Türknauf fest?«, fragte er. »Hast du
Angst, ich würde dich ergreifen und Sündhaftes mit dir tun?«
Sie
schüttelte den Kopf und trat weiter in den Raum. »Ich habe keine Angst vor dir.«
»Das
solltest du aber.« Er betrachtete sie. Sie war in hell zitronengelbes Musselin
gekleidet. Ihr Haar glänzte. »Ich habe dich vermisst.« Aber er konnte sich
nicht solcher Verletzlichkeit preisgeben. »Im Bett natürlich.«
»Natürlich«,
sagte sie scharf. »Was, könntest du wohl sonst gemeint haben? Warum bist du
gekommen, Jocelyn? Glaubst du immer noch, eine Ehrenschuld mir gegenüber
begleichen zu müssen, weil ich Lady Sara Illingsworth und nicht Jane Ingleby
bin? Du beleidigst mich. Ist der Name um so vieles wichtiger als die Person? Du
hättest nicht im Traum daran gedacht, Jane Ingleby zu heiraten.«
»Du
hast schon immer angenommen, meine Gedanken zu kennen, Jane«, sagte er. »Kennst
du jetzt auch meine Träume?«
»Du
hättest Jane Ingleby nicht geheiratet«, beharrte sie. »Warum willst du mich
jetzt heiraten? Weil es einem Gentleman gebührt, es zu tun, wie auch, eher ein
Duell zu bestreiten als eine Lady eine Lügnerin zu nennen? Ich will keinen
perfekten Gentleman, Jocelyn. Ich würde den Lebemann vorziehen.«
Dies
war eine der seltenen Gelegenheiten, bei denen seine Gereiztheit nicht ebenso
zunahm wie ihre. Diese Tatsache verschaffte ihm einen entschiedenen Vorteil.
»Tatsächlich,
Jane?« Seine Stimme klang zärtlich. »Warum?«
»Weil
der Lebemann Natürlichkeit besitzt und Verletzlichkeit und Menschlichkeit und
... oh, wie heißt das Wort, das ich suche?« Sie beschrieb mit einer Hand Kreise
in der Luft.
»Leidenschaft?«,
schlug er vor.
»Ja,
genau.« Ihre blauen Augen starrten verärgert in seine. »Ich bevorzuge es, wenn
du mit mir diskutierst und streitest und mich beschimpfst und mich
herumzukommandieren versuchst und mir vorliest und mich malst und mich und den
Rest der Welt vergisst, während du dich in der Musik verlierst. Ich ziehe diesen Mann vor, so hassenswert er auch sein kann. Dieser Mann besitzt Leidenschaft. Ich will nicht, dass du bei mir den Gentleman spielst, Jocelyn. Das will
ich nicht.«
Er
behielt sein Lächeln für sich. Und seine Hoffnung. Er fragte sich, ob ihr bewusst
war, wie vielsagend ihre letzten Worte gewesen waren. Wahrscheinlich nicht.
Ihre Gereiztheit nahm noch zu.
»Nicht?«
Er schlenderte auf sie zu. »Dann sollte ich dich besser küssen, um beweisen zu
können, wie sehr ich nicht der Gentleman bin.«
»Komm
noch einen Schritt näher«, warnte sie ihn, »und ich werde dich schlagen.«
Aber
sie würde natürlich keinen Schritt zurückweichen, um die Entfernung zwischen
ihnen zu vergrößern. Er trat zwei Schritte näher, bis sie fast unmittelbar
voreinander standen.
»Bitte,
Jane.« Seine Stimme klang wieder zärtlich. »Lässt du dich von mir küssen?«
»Warum
sollte ich?« Tränen schimmerten in ihren Augen, aber sie würde den Blick nicht
abwenden. Und er war sich nicht sicher, ob es Tränen des Zorns oder gefühlvolle
Tränen waren. »Warum sollte ich mich von dir küssen lassen? Das letzte Mal hast
du mich glauben gemacht, ich kümmerte dich, obwohl du nichts gesagt hast. Und
am Morgen danach
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