02 - Von dir kann ich nicht lassen
werde ich Sie beim Schach erneut besiegen, selbst wenn Sie sich
konzentrieren. Und wischen Sie sich die Selbstgefälligkeit aus dem Gesicht.«
Er,
grinste sie an. »Gehen Sie und tun Sie, was Ihnen aufgetragen wurde«, sagte er. »Bitte, Miss Ingleby.«
»Ja,
Euer Gnaden«, erwiderte sie in recht nachtragendem Tonfall.
Warum,
fragte sich Jocelyn, als sie den Raum verließ, war es ihm anscheinend, obwohl
er es geleugnet hatte, so wichtig gewesen, dass sie die Wahrheit über Lady
Oliver erfuhr? Es kümmerte ihn keinen Deut, was andere dachten. Tatsächlich
hatte er sich, selbst bei so seltenen Gelegenheiten wie dieser, wo ihm
unverdient etwas zugeschrieben wurde, stets an seinem verwegenen Ruf geweidet.
Lady Oliver
hatte, wahrscheinlich während eines Streits, vor ihrem Ehemann damit geprahlt,
der Duke of Tresham sei ihr Liebhaber. Und besagter Ehemann hatte ihn, höchst
aufgebracht, herausgefordert. Wer war Jocelyn, dass er der Lady widersprechen
würde?
Warum hatte
er Jane Ingleby wissen lassen wollen, dass er niemals mit Lady Oliver
geschlafen hatte? Oder mit irgendeiner anderen verheirateten Frau, was das
betraf?
Wenn
Barnard bis morgen nicht diese Krücken besorgt hatte, dachte Jocelyn plötzlich,
würde er sie ihm um die Ohren schlagen, sobald er sie in Händen hielte.
Kapitel 8
»Was glauben Sie
eigentlich, was Sie tun?«, fragte Jane bestürzt, als sie am nächsten Morgen die
Bibliothek betrat und entdeckte, dass der Duke of Tresham auf Krücken gestützt
am Fenster stand.
»Ich glaube, ich stehe am Fenster der Bibliothek«, antwortete er, während er über die
Schulter zu ihr zurückschaute, die Augenbrauen hochmütig hoch gezogen. »In
meinem eigenen Haus. Und geruhe eine unverschämte Frage von einem unverschämten
Dienstmädchen zu beantworten. Nehmen Sie Ihren Mantel und Hut. Sie dürfen mich
nach draußen in den Garten begleiten.«
»Sie
wurden angewiesen, Ihr Bein hochzulegen und stillzuhalten«, sagte sie und eilte
zu ihm. Sie hatte vergessen, dass er so groß war.
»Miss
Ingleby«, sagte er, ohne die Miene zu verziehen, »gehen Sie und holen Sie ihren
Mantel und Hut.«
Er war
mit den Krücken zunächst ein wenig unbeholfen, stellte sie später fest, aber
diese Tatsache hielt ihn nicht davon ab, eine halbe Stunde mit ihr draußen
umherzuschlendern, bevor sie sich nebeneinander auf einer schmiedeeisernen Bank
unter einem Kirschbaum niederließen. Ihre Schulter berührte fast seinen Arm.
Sie saß ganz still, während er langsam und hörbar einatmete.
»Man
nimmt meist vieles als selbstverständlich hin«, sagte er, anscheinend mehr zu
sich selbst als zu ihr. »Frische Luft und die Düfte der Natur, zum Beispiel.
Die eigene Gesundheit. Seine Fähigkeit, sich frei bewegen zu können.«
»Entbehrung
und Leiden, können gewiss aufrütteln«, stimmte sie ihm zu. »Sie können uns
mahnen, damit aufzuhören, unser Leben unbewusst und nur auf reine
Belanglosigkeiten bedacht zu verbringen.« Wenn sie jemals wieder frei wäre ...
Ihre
Mutter war nach einer sehr kurzen Krankheit gestorben, als Jane gerade siebzehn
war, und ihr Vater gut zwei Jahre später. Sie war mit Erinnerungen an Glück und
Sicherheit zurückgeblieben, und sie war jung und unschuldig genug gewesen zu
glauben, dass beides ewig andauern würde. Sie blieb bei Papas Cousin, der
dessen Titel geerbt und Candleford übernommen hatte. Er hatte sie gleichzeitig
abgelehnt und um ihre Gunst gebuhlt sowie Pläne für ihre Zukunft gesponnen, die
seiner Vorstellung entsprachen, nicht aber ihrer eigenen. Könnte sie nur einen
jener Tage ihrer Unschuld zurückbekommen ...
»Ich
vermute«, sagte der Duke, während er den Kopf wandte und auf sie hinabblickte,
»ich sollte jetzt eine neue Seite aufschlagen, nicht wahr, Miss Ingleby~ Eines
dieser seltensten aller gesellschaftlichen Phänomene werden ein
geläuterter Lebemann? Meinem Erbe trotzen? Eine Heilige heiraten und mich auf
meinen Landsitz zurückziehen, um ein vorbildlicher Grundbesitzer zu werden?
Eine Horde vorbildliche Kinder zeugen und zu vorbildlichen Bürgern erziehen? In
einer monogamen Beziehung für immer glücklich leben?«
Er
hatte diese Fragen so zutiefst demütig gestellt, dass sie lachen musste.
»Das
wäre gewiss hübsch anzusehen«, sagte sie. »Haben Sie Ihren Standpunkt für heute
Morgen ausreichend deutlich gemacht? Ihr Bein schmerzt wieder, nicht wahr? Sie
reiben wieder über ihren Oberschenkel. Kommen Sie hinein, und ich werde es
Ihnen bequem
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