02 - Von dir kann ich nicht lassen
sie, bevor sie auch nur einen Band berührte.
»Das
scheint mir ein seltsames Geschenk«, sagte die Hausgehilfin, »wenn Sie
verzeihen, Madam. Vielleicht ist in der anderen Kiste etwas Besseres.«
Jane
biss sich fest auf die Lippen. »Es ist ein unbezahlbares Geschenk«, sagte sie.
»Mr. Jacobs, sind die Kisten zu schwer, als dass Sie und Phillip sie in mein
Zimmer bringen könnten?«
»Ich
kann sie allein tragen, Madam«, sagte der junge Lakai. »Soll ich sie auch für
Sie auspacken?«
»Nein.«
Jane lächelte ihm zu. »Das werde ich selbst tun, danke. Ich möchte mir alle
Bücher einzeln ansehen. Ich möchte sehen, was er für mich ausgewählt hat.«
Zum
Glück gab es in ihrem Zimmer ein Bücherregal, das mit geschmacklosem Zierat
bedeckt war, bevor Jane es räumte.
Dann
verbrachte sie zwei Stunden vor den Kisten kniend, nahm ein Buch nach dem
anderen hervor, arrangierte sie ansprechend auf dem Regal und sann darüber
nach, welches sie zuerst lesen würde.
Und
gelegentlich blinzelte sie rasch und musste sich sogar mit dem Taschentuch die
Augen betupfen, wenn sie sich vorstellte, wie er heute Nachmittag nach Hause
gegangen war und alle diese Bücher für sie ausgesucht hatte. Sie wusste, dass
er nicht einfach Mr Quincy angewiesen hatte, die Auswahl für ihn zu treffen,
denn es waren einige Bücher dabei, die sie als ihre bevorzugten erwähnt hatte.
Hätte
er ihr irgendein kostbares Schmuckstück geschickt, hätte sie sich nicht
annähernd so gefreut. Solch ein Geschenk würde seinen Geldbeutel nicht einmal
schmälern. Aber seine Bücher! Seine eigenen Bücher, keine, die er nur für sie
gekauft hatte. Er hatte sie aus seinen eigenen Regalen entnommen, und es
befanden sich auch seine persönlichen Lieblingsbücher darunter.
Nun war
dem Abend die Einsamkeit ein Stück weit genommen. Und ein Teil der Verwirrung,
die sie empfunden hatte, als er am Nachmittag so jäh und ohne ein Abschiedswort
gegangen war. Er musste sofort nach Hause geeilt sein und längere Zeit in
seiner Bibliothek verbracht haben. Nur für sie.
Sie
durfte sich nicht erlauben, mahnte Jane sich fest, sich noch mehr in ihn zu verlieben.
Und sie durfte sich nicht erlauben sie durfte sich absolut nicht erlauben
, ihn gar zu lieben.
Er
hielt lediglich eine neue Mätresse bei Laune. Nicht mehr.
Aber
sie las dennoch glücklich bis Mitternacht.
Am nächsten Morgen
ritt der Duke of Tresham zu einer Zeit im Hyde Park aus, zu der er dort an der
Rotten Row häufig einige seiner Freunde traf. Der Regen hatte irgendwann
während der Nacht aufgehört und die Sonne schien und verwandelte die
Feuchtigkeit auf dem Gras in Diamanten. Sein Bedürfnis nach Ablenkung wurde
fast augenblicklich erfüllt, als er alsbald auf Sir Conan Brougham und Viscount
Kimble traf.
»Tresh«,
sagte der Viscount zur Begrüßung, als Jocelyn sich der Gruppe anschloss, »wir
hatten dich zum Abendessen bei White's erwartet.«
»Ich
habe zu Hause gegessen«, belehrte Jocelyn ihn. Und das entsprach der Wahrheit.
Er hatte nicht mit Jane zu Abend essen können, da seine Gefühle blank lagen und
er es sie nicht hatte merken lassen wollen. Und obwohl er sich zum Ausgehen
gekleidet hatte, war er nicht ausgegangen, wobei er sich nicht ganz sicher war
warum.
»Allein?«,
fragte Brougham. »Sogar ohne die erfreuliche Miss Ingleby zur Gesellschaft?«
»Sie
hat niemals mit mir gespeist«, erwiderte Jocelyn. »Sie war ein Dienstmädchen,
falls du dich erinnerst.«
»Ich
könnte sie mir jederzeit als mein Dienstmädchen vorstellen«, sagte Kimble
theatralisch seufzend.
»Du
warst auch nicht bei Lady Halliday's«, stellte Brougham fest.
»Ich
bin zu Hause geblieben«, sagte Jocelyn.
Er war
sich der Tatsache bewusst, dass seine Freunde Blicke wechselten, bevor sie in
fröhliches Gelächter ausbrachen.
»Holla,
Tresham«, sagte Brougham, »wer ist sie? Kennen wir sie?«
»Kann
ein Mann nicht beanspruchen, einen Abend allein zu Hause verbracht zu haben,
ohne Argwohn zu erwecken?« Jocelyn trieb sein Pferd zum kurzen Galopp an. Aber
er konnte seine Freunde, die das Tempo ihrer Pferde dem seinen anpassten, nicht
täuschen. Sie ritten zu beiden Seiten neben ihm.
»Es
muss jemand Neues sein, wenn sie ihn vom Abendessen bei White's und dem
Kartenzimmer bei Lady Halliday's fern hält, Cone«, sagte Kimble.
»Und
ihn die ganze Nacht wach gehalten hat, wenn man nach seiner schlechten Laune
heute Morgen urteilen sollte, Kimble«, bemerkte Brougham.
Sie
unterhielten sich über Jocelyn hinweg,
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