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02 - Winnetou II

02 - Winnetou II

Titel: 02 - Winnetou II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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ich meinen Patienten gebracht, und es war ihm gelungen, denselben vollständig herzustellen. Ich sage vollständig, denn wunderbarerweise hatte sich mit der leiblichen Heilung auch das geistige Normalbefinden eingestellt. Es war, als sei mit dem Kolbenhieb die unglückselige Monomanie, ein wahnsinniger Dichter zu sein, erschlagen worden. Er war munter und wohlauf, sogar zuweilen lustig, und sehnte sich nach seinem Vater. Ich hatte ihm noch nicht gesagt, daß ich denselben erwarte. Es war natürlich ein Bericht von mir abgegangen, und darauf hatte ich die Nachricht erhalten, daß er selbst kommen werde, um seinen Sohn abzuholen. Nebenbei hatte ich ihn gebeten, mir bei Master Josy Tailor meine Entlassung zu erwirken. Es war mir doch die Lust gekommen und von Tag zu Tag gewachsen, mit Harton in die Sonora zu gehen.
    Dieser letztere kam täglich, um uns beide und den lieben Pater zu besuchen. Er hatte eine wahrhaft rührende Freundschaft zu mir gefaßt und freute sich ganz besonders auch über die Gesundung unseres Patienten.
    In Beziehung hierauf mußte man allerdings gestehen, daß ein wahres Wunder geschehen sei. Ohlert wollte das Wort ‚Dichter‘ nicht mehr hören. Er konnte sich an jede Stunde seines Lebens erinnern; die Zeit aber von seiner Flucht mit Gibson bis zu seinem endlichen Erwachen in der Bonanza bildete ein vollständig leeres Blatt in seiner Erinnerung.
    Also heute saßen wir auch beisammen, der Pater, Ohlert, Harton und ich. Wir erzählten von unseren Erlebnissen und Hoffnungen. Da klopfte der Famulus an, öffnete und schob einen Herrn herein, bei dessen Anblick William einen Freudenschrei ausstieß. Welchen Schmerz und welche Sorgen er dem Vater bereitet hatte, wußte er eigentlich nur durch mich. Er warf sich weinend in seine Arme. Wir anderen aber gingen still hinaus.
    Später gab es Zeit, uns auszusprechen und alles zu erzählen. Vater und Sohn saßen Hand in Hand dabei. Der erstere brachte mir die erbetene Entlassung, und augenblicklich erhielt Fred Harton mein Wort, daß ich ihn begleiten werde. Lieber freilich wäre es uns gewesen, wenn noch ein dritter an diesem Ritt hätte teilnehmen können. Und mit diesem dritten meine ich natürlich keinen anderen als den Scout.

FÜNFTES KAPITEL
    Old Firehand
    Viel, sehr viel könnte ich von dem erzählen, was ich mit Harton erlebte; da es sich aber hier nur um Winnetou handelt, welcher nicht mit war, will ich nur sagen, daß wir, allerdings unter großen Mühen, Beschwerden und Kämpfen, so glücklich waren, eine Bonanza zu entdecken. Den Anteil, welchen ich an derselben zu beanspruchen hatte, persönlich auszubeuten, hatte ich nicht Lust; darum verkaufte ich ihn und erhielt eine Summe, welche mir den bei dem Schiffbruch erlittenen Verlust mehr als vollständig ersetzte. Dann ritt ich nach dem Rio Pecos, um das Apachen-Pueblo aufzusuchen. Ich wurde dort wie ein Bruder aufgenommen, fand aber Winnetou nicht vor; er befand sich auf einem Rundritt zu sämtlichen Unterabteilungen der Apachen.
    Ich sollte bleiben und auf ihn warten; da dies aber einen Aufenthalt von einem halben Jahr bedeutet hätte, ließ ich mich nicht halten und unternahm einen Abstecher nach Colorado, um dann durch Kansas nach St. Louis zurückzukehren. Unterwegs schloß sich mir der Engländer Emery Bothwell an, ein hochgebildeter, unternehmender und kühner Mann, den ich später, wie meine lieben Leser noch erfahren werden, in der Sahara wiedertraf.
    Alles, was ich vorher mit Winnetou und dann mit Fred Harton erlebt hatte und nun mit Bothwell erlebte, sprach sich schnell und immer weiter herum, und ich war, als ich nach St. Louis kam, ganz erstaunt, den Namen Old Shatterhand in aller Munde zu finden. Als mein alter Mr. Henry diese meine Verwunderung bemerkte, sagte er in seiner eigenartigen Ausdrucksweise:
    „Seid Ihr ein Kerl! Erlebt in einem Monat mehr Abenteuer als andere in zwanzig Jahren, geht durch alle Gefahren so glücklich hindurch wie eine Pistolenkugel durch ein Stück Löschpapier, nehmt es als junges Greenhorn mit dem erfahrensten Westläufer auf, werft alle die grausamen und blutigen Gesetze des wilden Westens über den Haufen, indem Ihr selbst den ärgsten Todfeind schont, und sperrt dann das Maul vor Erstaunen darüber auf, daß man von Euch redet! Ich sage Euch, Ihr habt in Beziehung auf Berühmtheit in dieser kurzen Zeit sogar den großen Old Firehand ausgestochen, welcher über noch einmal so alt ist, als Ihr seid. Ich habe meine helle Freude gehabt, wenn ich so von

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