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020 - Die Blutgraefin

020 - Die Blutgraefin

Titel: 020 - Die Blutgraefin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hugh Walker
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bot bequem einem Menschen Platz, aber das war es nicht, das mich schaudern ließ, sondern die mörderischen Eisenspitzen, die ins Innere ragten, und die dunkel von vertrocknetem Blut waren. Das Seil war durch einen eisernen Ring an der Oberseite des Käfigs geschlungen, der offenbar damit hochgehievt wurde.
    Im selben Augenblick kam die Erinnerung an die Seance, an die sitzende Frau, auf die das Blut herabtropfte!
    Aus diesem Käfig, dachte ich entsetzt. Der Boden war dunkel von Blut. An der einen Wand stand ein uralter geschnitzter Stuhl. Auch er wies zahllose vertrocknete Blutstropfen auf. Es gab keinen Zweifel: In diesem Stuhl hatte jemand unter dem Käfig gesessen und sich von Blut berieseln lassen, das ein Mensch qualvoll da oben vergoss.
    Aber es war kein Grauen aus der Vergangenheit, es geschah jetzt – in diesen Nächten des zwanzigsten Jahrhunderts. Das Blut war frisch.
    Ich fand eine Tür in einen weiteren Raum, in den durch kleine viereckige Öffnungen in den dicken Steinmauern Sonnenlicht fiel. Ich starrte hinaus. Vor mir erstreckte sich ein düsterer Hof, von hohen Mauern umgeben, die von schwarzen Fensteröffnungen unterbrochen waren. Jenseits, weit entfernt und beinah unwirklich, sah ich das Dach eines Hauses und zu meiner Linken ein Stück des Stephansdoms. Das war alles, was auf das Vorhandensein einer Außenwelt hinwies. Und der Verkehrslärm, der irgendwie gedämpft klang, als umgäbe eine unsichtbare Barriere von Unwirklichkeit das ganze Gelände.
    Wie mochte es vor drei – fast vierhundert Jahren gewesen sein, als die Opfer vergeblich um Hilfe riefen, als es auch da draußen nur eine furchtsame, abergläubische Realität gab?
    Unvorstellbar.
    Ich wandte mich vom Fenster ab und sah in einem Anfall plötzlicher Panik, dass an keiner der Wände eine Tür zu erkennen war. Sie musste sich hinter mir geschlossen haben, aber sie war von hier drinnen nicht auszumachen.
    Eingeschlossen! rasten meine Gedanken. In diesem Irrenhaus eingeschlossen!
    Eine Weile suchte ich die Wände ab, doch nicht der geringste Spalt war zu erkennen. Ein Meisterwerk, dachte ich mit sarkastischer Anerkennung.
    Die Fensteröffnung war meine einzige Chance. Zu rufen hatte wenig Sinn. Niemand würde mich in dem steinernen Alptraum hören. Und außerdem galt es Aufsehen zu vermeiden.
    Schließlich war ich hier unerlaubt eingedrungen.
    Ich begann, mich durch die Öffnung zu schieben. Es war eine qualvolle Prozedur. Ein paar Mal hatte ich das Empfinden, stecken zu bleiben, und ich musste erkennen, dass ein Zurückkriechen auch nicht mehr möglich war. So schob ich mich Zentimeter um Zentimeter durch das meterdicke Mauerwerk und fiel schließlich hilflos nach draußen fast einen Meter tief auf uraltes Pflaster, höchst verwundert darüber, dass ich mir nicht das Genick gebrochen hatte.
    Dann stand ich heftig keuchend und beinah heulend vor Erleichterung auf dem düsteren Hof. Wie eine Festung strebte das Gebäude rings um mich auf.
    Ich lehnte mich erschöpft an die Mauer und genoss das Licht und die Freiheit einen Augenblick, bevor ich über den Hof lief und die alte Steintreppe hoch eilte. Eine Türöffnung führte wenig einladend in die Finsternis. Ich ließ den Strahl der Taschenlampe drinnen rundum wandern. Ein kahler Raum, aus dem eine weitere Tür tiefer ins Innere führte.
    Ich überblickte den Hof noch einmal genau. Es schien keinen anderen Weg zu geben. Genau gegenüber führte eine schmale Treppe auf eine breite Mauer, aber von dort war kein weiterer Abgang oder Eingang zu entdecken. Ich musste mich wohl oder übel hier ins Innere wagen, so wenig verlockend das auch schien.
    Der Strahl der Taschenlampe zuckte über den Boden und verharrte über einer quadratischen Öffnung. Ich beugte mich darüber und leuchtete in die Tiefe – fünf oder sechs Meter, dann ein Steinboden.
    Eine offene Falltür!
    Es musste den Tod bedeuten, da hinabzustürzen. Ich wehrte mich gegen die Gänsehaut, die mir den Rücken hinabzukriechen begann. Angst konnte ich nicht brauchen. Zögern noch weniger; doppelte Vorsicht war geboten.
    Durch die Tür, die sich leicht, aber knarrend öffnen ließ, gelangte ich in einen Korridor. In diesen mündeten mehrere Türen, aber nicht alle ließen sich öffnen. Ich probierte sie alle.
    Sie führten in kleine Räume, in die ich mich aber nicht hineinwagte, aus Angst, die Tür könnte zufallen und mich wiederum einschließen.
    Dann gelangte ich plötzlich wieder auf einen Hof, einen wesentlich kleineren, von

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