0203 - Blizzard über New York
nicht wie ein Arzt benahm. Dass mein Verdacht berechtigt war, haben wir eindrucksvoll genug bestätigt bekommen!«
Abermals rief ich das Bowery-Revier der City Police an und beorderte einen Beamten zu uns. Erst als der Mann eingetroffen war, verließen wir die Praxis des unglücklichen Arztes.
***
Mr. High fiel beinahe in Ohnmacht, als er mich in sein Office kommen sah. Ich beruhigte ihn sogleich über meinen Zustand, wobei ich jedoch ziemlich untertrieb, denn in Wirklichkeit brummte und schmerzte mein Kopf noch immer kaum erträglich.
Phil berichtete, von mir hin und wieder unterstützt, im Telegrammstil von den Vorgängen im Golden Key und von unseren Ermittlungen in der Praxis von Dr. Brooks.
Wie immer hörte der Chef sehr aufmerksam zu und stellte nur selten eine Zwischenfrage. Als Phil seinen Vortrag beendet hatte, sagte Mr. High: »Wir haben es hier mit einer ungewöhnlich brutalen Gang zu tun. Nicht nur wegen des Mordes an dem Arzt und wegen ihrer anderen Untaten, sondern vor allem deswegen, weil sie die katastrophale Wetterlage rücksichtslos für ihre Verbrechen ausnützt. Da das Ende des Katastrophenwinters noch nicht abzusehen ist, fürchte ich, dass die Banditen die Kette ihrer Gewalttaten noch fortsetzen werden. Übrigens: Ein G-man war im Waldorf Astoria und hat ein Verzeichnis mit der genauen Beschreibung von allen und mit Abbildungen von den meisten geraubten Schmuckstücken auf gestellt. Weiterhin fertigte er eine Liste an von den Namen, mit denen die Reiseschecks unterzeichnet worden waren. Mit den Nummern der gestohlenen Banknoten war’s natürlich Fehlanzeige. Die Liste der Reisescheck-Inhaber haben wir bereits durch Boten, telefonisch oder per Fernschreiber an alle infrage kommenden Zahlstellen übermittelt. Ihre Verbreitung über New York hinaus stößt indes auf Schwierigkeiten, da -der Postverkehr bis zur Stunde noch lahmliegt. Mehr können wir vorerst nicht unternehmen. Wir müssen warten, bis Inspektor Dorset das Ergebnis seiner Bemühungen in Buffalo bringt und bis die Fingerabdrücke der toten Gangster sowie die Arbeit der Spurenspezialisten im Golden Key und in der Arztpraxis ausgewertet sind. Die Resultate werden aber kaum vor heute Nachmittag drei Uhr vorliegen, zumal die Mordkommission noch gar nicht von den Tatorten zurückgekommen ist. Höchstwahrscheinlich werden wir die Prints sogar per Bildfunk an die Zentralkartei nach Washington senden müssen. Ich glaube nicht, dass die Gangster schon in unserem New Yorker Bilderbuch verewigt sind. Alles in allem, haben Sie ein paar Stunden Atempause. Vor allem Ihnen, Jerry, empfehle ich dringend Ruhe. In der Zwischenzeit läuft der Routinebetrieb auch ohne Ihre Mitwirkung weiter.«
»Okay, Chef«, antwortete ich aufrichtig erfreut, denn ich fühlte mich noch recht elend.
***
Durch die Delancey Street stapften zwei Männer. Sie hatten die Kragen hochgeschlagen, dicke Wollschals um Hals und Kinn gewickelt und die Mützen tief in die Stirn gezogen, was angesichts des noch immer dichten Schneetreibens nur natürlich war. Beide trugen Schaufeln geschultert.
Der eine, eine hagere Gestalt aus deren Gesichtsvermummung eine mächtige Adlernase herausragte, hatte außerdem noch einen kleinen, länglichen Sack übergeworfen, in dem sich irgendwelches langstielige Arbeitsgeräte befinden mochte.
Die Schneeschaufler wurden bestimmt nach Zeit und nicht nach Arbeitsleistung entlohnt, denn die beiden Männer blieben nur hin und wieder bei ihren zahlreichen Kollegen stehen, um einige Schaufeln Schnee auf die sich immer höhertürmenden Schneewälle am Straßenrand zu schippen. Dann trotteten sie weiter.
Auf diese Weise arbeiteten sie sich langsam durch die Delancey Street ostwärts vor, überquerten die Allen Street und bogen schließlich in die Essex Street ein. Weit und breit war kein Mensch zu sehen, denn die Schneeräumkolonne war noch nicht so weit vorgerückt. Trotzdem begannen die beiden Einzelgänger bei der U-Bahn-Station erneut zu schaufeln.
Die Schneedecke wies hier zahlreiche kleine Hügel und Kuppen auf. Dies waren zugeschneite Autos, wie aus dem Parkplatz-Schild, das eben noch herausschaute, hervorging.
Scheinbar zufällig näherten sich die beiden Arbeiter einem der völlig mit Schnee überdeckten Autos und räumten dessen Heck frei. Es war ein Pontiac Kombi. Der kleinere der beiden öffnete die Tür des Wagens. Er zeigte keinerlei Überraschung, als er im Innern des Autos zwei in Decken gehüllte Männer liegen sah, Einer von
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