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0205 - Gangster zahlen auch mit Blei

0205 - Gangster zahlen auch mit Blei

Titel: 0205 - Gangster zahlen auch mit Blei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gangster zahlen auch mit Blei
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eine knappe Minute verstreichen, dann schob er vorsichtig die Nase ins Freie.
    »Er latscht dort hinten entlang«, meldete er. »Bin gespannt, wohin er geht. Ich habe noch nie einen Gangster gesehen, der morgens um sechs Uhr aus dem Bett kriecht, ohne etwas Bestimmtes im Schilde zu führen. Die Brüder pennen doch sonst bis in den hohen Mittag hinein. So, jetzt überquert er die Straße. Jetzt ist er hinter der Ecke verschwunden. Los, Jerry!«
    Unter Phils Führung preschten wir über die Straße bis zur Ecke. Ich blieb in Deckung, während Phil vorsichtig in die Querstraße spähte.
    »Er geht auf den Piereingang zu«, sagte er. »So, er ist hinter dem ersten Schuppen verschwunden. Wir können es wagen, aber Tempo, Jerry, sonst verpassen wir den Anschluss.«
    Wieder legten wir die Strecke im Sprintertempo zurück und stoppten an dem Schuppen. Der Mann war schon hinter dem nächsten Lagerhaus verschwunden. Wir ließen einen Teil unserer Vorsicht schießen, beeilten uns, hasteten von Lagerhaus zu Lagerhaus und näherten uns mehr und mehr dem Pierende. Wir erreichten das letzte Gebäude und fürchteten schon, unseren Mann verloren zu haben, als Phil zischte: »Achtung, da ist er!«
    Solch ein Pier ist eine ziemlich große Anlage. Eine ganze Anzahl Piers des New Yorker Hafen werden nicht mehr regelmäßig oder überhaupt nicht benutzt. Die Einrichtungen werden nicht oder nur zum Teil abgebaut und verrotten langsam. Ein solcher Pier bietet einen trostlosen Anblick.
    Es wimmelt auf ihnen von Ratten und Ungeziefer, von Abfällen jeder Art. Wenn trotzdem hin und wieder Schiffe an solchen »toten« Piers anlegen, so geschieht es, weil die Hafenverwaltung für diese Plätze nur halbe Liegegebühren erhebt.
    Walt Ruffer latschte also auf das Pierende zu. Für einen Augenblick fragte ich mich, ob er ein morgendliches Bad im dreckigen Hafenwasser zu nehmen beabsichtige. Dann aber sah ich, dass dort ein Schiff ankerte. Der Kahn lag so tief im Wasser, dass nur der Schornstein und der Vordermast über den Pierrand ragten. Einen Laufsteg gab es nicht.
    Ruffer sprang einfach hinunter. Es sah aus, als wäre er ins Wasser gesprungen.
    Phil wandte mir das Gesicht zu und grinste.
    »Ich würde mich sehr wundern, wenn wir nicht Wardens neues Hauptquartier entdeckt hätten.«
    »Das scheint mir auch so. Los, statten wir ihm einen Besuch ab.«
    Ohne sonderliche Eile gingen wir zum Pierende. Eine Deckung gab es auf diesem letzten Stück ohnedies nicht, aber wir erreichten das Schiff, ohne bemerkt zu werden.
    Als Schiff war der Kahn kaum noch zu bezeichnen. Es handelte sich um einen alten Hudson-Schlepper, der seine letzte Fahrt zu Abraham Lincolns Zeiten gemacht haben musste. Wahrscheinlich lag der Sarg so tief, weil sein Bauch bis zur Hälfte voll Wasser gelaufen war.
    Irgendwann schien der Kahn nach Beendigung seiner Schlepperlaufbahn für den Touristendienst auf dem Hudson und East River benutzt worden zu sein, denn er besaß Deckaufbauten. Auch von ihnen war die weiße Farbe längst abgeblättert, und die meisten Fenster waren zerbrochen.
    Wir ließen uns auf das Deck fallen. Es war ein Sprung von ein paar Fuß Tiefe, und natürlich gelang er uns nicht lautlos. Wir hörten das hastige Trampeln von Füßen. Ein Mann tauchte hinter einem der zerbrochenen Fenster auf. Es war Charles Brender. Sein Gesicht verzerrte sich im ersten Schreck bei unserem Anblick.
    »Die G-men!«, rief er aus.
    Phil und ich erreichten die Tür zu der Deckskajüte und’stießen sie auf.
    ***
    Außer ein paar Bänken besaß der Raum keine Einrichtung, es sei denn, ich rechnete die Whiskyflasche mit, die vor Steven Warden auf dem Boden stand. Im Übrigen war der Klub des Hafengangsters vollzählig versammelt, bis auf den blonden Mad Hower.
    In jedem Gesicht stand der blanke Schreck geschrieben, auch in Wardens Räubervisage.
    »Hallo, Steven!«, grüßte ich. »Du hast dich verdammt rargemacht in letzter Zeit.«
    Warden stieß einen wüsten Fluch aus, drehte sich zu Ruf fer um, der neben ihm stand, und schmetterte ihm die Faust mit voller Wucht ins Gesicht.
    »Du Idiot!«, brüllte er außer sich vor Wut.
    Walt Ruffer torkelte gegen die Kajütenwand.
    »Lass das, Warden«, knurrte ich. »Wir sehen so etwas nicht gern, und es nützt dir nichts.«
    Der Hafengangster griff mit einer heftigen Bewegung nach der Flasche zu seinen Füßen, überlegte es sich dann und richtete sich auf. Plötzlich lachte er laut.
    »Hallo, G-men!«, rief er. »Nicht einmal auf dem Mond ist

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