0206 - Der Panzerwagen brachte Blüten
trommelte nervös auf den Schreibtisch, während er mit leiser Stimme berichtete:
»Etwa um achtzehn Uhr vierzig verließ unser Panzerwagen den Hof der Bank, um zur Commerce-Bank nach Peekskill zu fahren. Da es sich um eine größere Summe, genau um eine Million siebenhundertfünfzigtausend handelte, habe ich zusätzlich vom Polizeirevier nebenan ein Begleitfahrzeug angefordert. Der Streifenwagen erschien auf die Minute genau zur ausgemachten Abfahrtszeit.«
»Natürlich wagten die Burschen nicht, stundenlang mit dem Wagen vor der Bank zu parken«, fiel Phil ein.
»Wieso?« fragte Morgan überrascht. »Stimmt etwas nicht mit den Polizisten?«
»Das waren gar keine Polizisten, sondern Gangster in Polizeiuniformen!« klärte ich den Direktor auf.
»Das konnte ich wirklich nicht ahnen!« stöhnte Morgan. »Ich hatte auch gar keine Veranlassung, mißtrauisch zu sein und beim Revier nebenan rückzufragen.«
Er legte die Fingerspitzen aneinander und fuhr ruhig fort:
»Ich halte das Gangster-Begleitfahrzeug nicht für sonderlich gefährlich. Unseren Spezial-Transportwagen kann man nicht knacken. Erstens kann man ihn von außen überhaupt nicht öffnen. Zweitens sind die Stahlplatten rundum und die Panzerglasscheiben beschußsicher. Selbst Maschinengewehrfeuer halten sie ab. Im schlimmsten Fall können die Reifen zerschossen werden. Nun, dann bleibt der Wagen eben auf der Strecke liegen. Aber an das Geld kommt dennoch niemand ran. Im Wagen befinden sich sechs Männer, alles zuverlässige, bewährte Leute. Zwei im Führerhaus — einer davon ist der Fahrer —, die restlichen vier im Transportraum, aus dem nach allen Seiten durch schmale Schießscharten geschossen werden kann. Jeder Mann ist mit einer Maschinenpistole bewaffnet und ein ausgebildeter Schütze. Sie sehen, daß man nur mit einer Kanone oder eventuell mit einem panzerbrechenden Raketengeschoß unseren Transportwagen erledigen kann.«
»Und genau solche Geschosse, nämlich Panzerfäuste, ; haben die Gangster bei sich!« zerstörte ich die unangebrachte Zuversicht des Bankdirektors.
Morgan griff mit beiden Händen nach dem Herzen und rang nach Luft.
Dann ächzte er:
»Das ist ja entsetzlich! Aber Mister Cotton, so etwas gibt‘s doch gar nicht. Wir sind doch nicht im Chicago der zwanziger Jahre, und solche Leute wie Al Capone oder Dillinger…«
»So etwas gibt es wohl, leider!« stellte ich richtig. »Sie werden spätestens dann davon überzeugt sein, wenn Ihrem Institut mehr als eineinhalb Millionen Dollar abhanden gekommen sind!«
Ich hatte kein Interesse, mich in lange Diskussionen über die Zustände in der amerikanischen Verbrecherwelt einzulassen, sondern fragte:
»Wie schnell fährt Ihr Panzerwagen durchschnittlich?«
Anscheinend trauerte Morgan bereits seinem geraubten Geld nach, denn ich mußte meißle Frage zweimal wiederholen, bis der Direktor antwortete: »Wir rechnen auf Landstraßen mit einer Marschgeschwindigkeit von fünfzig Meilen.«
Dann sagte ich zu dem Sergeanten, der uns zu Morgan begleitet hatte: »Lassen Sie sofort einen Streifenwagen zu einer Fahrt nach Peekskill klarmachen! Ihre Leute sollen sich mit ,großer Musik bewaffnen. Wenn es je zu einer Auseinandersetzung mit den Gangstern kommt, wird sie sehr bleihaltig werden. Bringen Sie auch für meinen Kollegen Phil Decker und mich zwei Maschinenpistolen mit! Beeilen Sie sich aber, wenn ich bitten darf!«
Direktor Morgan war wie vernichtet in seinem Sessel zusammengesunken. Von ihm war nun nichts Wesentliches mehr zu erfahren. Wir beachteten ihn nicht weiter und wirbelten aus dem feudalen Direktions-Office.
***
Allmählich kam ich mir vor wie bei einem Automobilrennen, das nur von kurzen Aufenthalten an den Boxen unterbrochen wurde.
Nachdem ich die beiden Maschinenpistolen zu unserer illustren Sammlung von Eierhandgranaten und Falschgeldmatrizen gelegt hatte, legte ich einen Start hin, daß zwei schwarze Reifenspuren auf dem Asphalt zurückblieben.
Normalerweise fahre ich meinen Wagen so schonend wie nur irgend möglich, was — nebenbei bemerkt — nicht gleichbedeutend mit langsam ist. Aber bei der nun anhebenden verwegenen Jagd kannte ich wenig Rücksicht für die Maschine.
Die Sirene schaffte mir ausreichend freie Fahrbahn, dennoch war ich fortwährend am Gasgeben, Bremsen, Kuppeln und Schalten. Die einzelnen Gänge drehte ich aus bis v/eit über die rote Marke am Drehzahlmesser.
Ich hatte schon verschiedentlich die Straßen der New Yorker City als Rennbahn
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