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0210 - »Gorillas« zähmt man mit »Kanonen«

0210 - »Gorillas« zähmt man mit »Kanonen«

Titel: 0210 - »Gorillas« zähmt man mit »Kanonen« Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: »Gorillas« zähmt man mit »Kanonen«
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wenigstens, und er fuhr so, wie sie es in Cascarez nun einmal zu tun pflegen, nämlich etwa im Tempo eines New Yorker Streifenwagens bei einem Einsatz der Alarmstufe vier.
    Während das Taxi wie ein tollwütiger Hund durch die Gassen flitzte, dachte ich an das kurze und merkwürdige Telefongespräch.
    War überhaupt der gleiche Mann an der Strippe gewesen, mit dem ich sonst telefonierte? Bei dem kurzen Satz, den er gesprochen hatte, hatte ich die Stimme nicht erkennen können, aber während er sonst die Zahlen seiner Telefonnummer in Spanisch sagte, hatte er sie dieses Mal in Englisch genannt. Okay, in der Erregung bedient man sich gewöhnlich seiner Muttersprache. Dennoch hielt ich es für sehr wahrscheinlich, dass ich auf geradem Weg in eine Falle war. So oder so, jedenfalls saß unser Mann in der Tinte, und ich konnte ihn nicht darin sitzen lassen, ohne wenigstens einen Versuch zu seiner Rettung zu unternehmen.
    Wir hatten den Nordrand der Altstadt erreicht. Hier lagen die echten Slums von Cascarez. Die Häuser standen eng und verschachtelt nebeneinander. Die notdürftig gepflasterte, bürgersteiglose Straße floss über vor Schmutz, der zum Himmel stänk. Nur zwei- oder dreihundert Yard weiter den Hügel hinauf begann wegloses Gebüsch von tropischer Üppigkeit.
    Ich wusste, dass die Calle Boreira in der Nähe lag. Ich ließ den Taxifahrer halten, gab ihm Geld. Er machte sich aus dem Staub, indem er einfach das Auto rückwärts die Straße hinabrollen ließ.
    Die Sonne stach so senkrecht vom Himmel, dass selbst in diesen engen Gassen keine Handbreit Schatten überblieb. Die Fensterläden waren geschlossen. Die Eingänge der Häuser gähnten wie schwarze Höhlen. Ein struppiger Hund schlief mit heraushängerider Zunge, eng an eine Hauswand gedrückt. Außer ihm war kein Lebewesen zu sehen. Es war völlig still. In der brütenden Hitze tummelten sich nicht einmal mehr die Fliegen.
    Ich tastete nach der Pistole im Halfter. Die Kühle des Griffes vermittelte ein Gefühl der Beruhigung.
    Langsam stieg ich die ansteigende Straße hoch. Die Calle Boreira war die nächste Quergasse zur linken Hand. Sie war noch enger, noch schmutziger als die Straße, in der ich ausgestiegen war. Sie lag wie ein enger, schattenloser Schlauch vor mir, in dem die Hitze flirrte.
    Ich nahm die Webster in die Hand. Das Echo meiner Schritte brach sich an den Häuserwänden. Nummer 54 war ein Haus wie die anderen, schmal, eng und dreckig. Eine einfache Brettertür verschloss den Eingang.
    Ich stieß die Tür mit einem Fußtritt auf. Im Vergleich zu der irrsinnigen Helle der Straße lag der Flur vor mir wie ein schwarzes Loch. Ich ging langsam hinein. Die Augen gewöhnten sich an die Dunkelheit. Ich erkannte eine schmale Holztreppe, die nach oben führte. Am Fuß der Treppe führte eine Tür in ein Zimmer.
    Ich öffnete die Tür vorsichtig. Der Raum dahinter war leer, ohne jeden Einrichtungsgegenstand. Durch die Ritzen der geschlossenen Fensterläden drangen einzelne Lichtstrahlen und tauchten den Raum in ein dämmriges Licht.
    Ich stieg die Treppe hoch. Sie mündete vor einer geschlossenen Tür. Ich fasste die Pistole fester und drückte die Tür auf.
    Auch hier ließen die geschlossenen Fensterläden nur wenig Licht in den Raum dringen, aber es genügte, um die Gestalt eines Mannes zu erkennen, der in einem Korbsessel saß und mir den Rücken zudrehte. Der Sessel stand vor einem schweren Tisch, auf dem eine Kürzwellensendeanlage aufgebaut war, eine jener modernen Anlagen, die zur Not in einem mittleren Koffer untergebracht werden können. Rechts davon stand ein gewöhnliches Telefon.
    Langsam ging ich auf den Mann zu. Die morschen Dielen knarrten laut unter meinen Schritten, aber der Mann rührte 38 sich nicht. Ich streckte die Hand aus und legte sie auf seine Schulter. Als ich die Kühle spürte, die von seinem Körper ausging, wusste ich, dass er tot war.
    Ich beugte mich über ihn und sah ein junges Gesicht, dem der starre Blick der weit geöffneten Augen etwas Erschreckendes gab. Ein kleiner schwarzer Bart bedeckte die Oberlippe, und ich dachte daran, dass mein junger Kollege sich diesen Bart als Erstes hatte abrasieren wollen, sobald dieser Job beendet war.
    Armer Junge! Er hatte einen stillen Dienst getan, hatte Nachrichten empfangen und weitergegeben und hatte sich bemüht, unauffällig zu leben. Er hatte kein Glück gehabt. Der Feind hatte ihn entdeckt. Er war gekommen und hatte den Jungen mit drei Kugeln in die Brust getötet. -

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