0210 - »Gorillas« zähmt man mit »Kanonen«
ich das Zeug in Boston abhole, lasse ich es sausen. Ich habe es nicht nötig, mir wegen eines Haufens bedruckten Papiers ein Risiko auf den Hals zu laden. Ich werde meinen Mann in Boston anweisen, dass er mit den Jungs noch einmal verhandelt. Entweder nehmen sie unsere Transportbedingungen an, oder sie können sich mit den Scheinen die Wände tapezieren.«
Ich ließ den Kopf sinken. Brandleys Misstrauen übertraf jede Erwartung. Noch nie hatte ich einen Gangsterboss gesehen, der ein Millionengeschäft sausen lässt, weil es ein Risiko enthielt.
»Schade«, sagte ich, »aber wie ich die Brüder kenne, haben sie eine mörderische Angst davor, gefasst zu werden. Es wäre doch ein Jammer, Steven, wenn die Sache sich zerschlüge. Kann dein Mann in Boston nicht irgendeinen Kahn finden, der die Scheine aus der 3-Meilen-Zone herausbringt und du übernimmst es außerhalb der Reichweite der Küstenpolizei?«
Wenn er auf diesen Vorschlag eingeht, dachte ich, dann muss ich zusehen, dass er mich mit auf die Reise nimmt.
Eine Gelegenheit, seinen verdammten Kahn dann in die Hoheitszone hineinzusteuern, würde ich zu finden wissen.
Er reagierte überhaupt nicht, sondern wiederholte: »Ich habe dir einen Job angeboten, Larry. Willst du nicht wissen, um was es sich handelt?«
»Natürlich, Steven, aber ich war mit meinen Gedanken noch ganz bei den Blüten.«
Er machte eine Bewegung mit seiner haarigen Pranke, die das Thema endgültig beendete.
»Wir werden sehen, wie deine Freunde unsere Vorschläge aufnehmen. Du brauchst auch im schlimmsten Fall den Dollar nicht nachzutrauern. Du kannst bei mir fünfzigtausend verdienen.«
»Fünfzigtausend! Ich bestehe von den Haarspitzen bis zu den Fußsohlen nur noch aus Ohren, Steven.«
»Das erste Telegramm betraf den Schatz des Metropolitan-Museums. Die Cops in den Staaten spielen zurzeit noch verrückt. Anscheinend interessieren sie sich für nichts anderes mehr. Es ist so gut wie unmöglich, den Schmuck auf dem Land- oder Luftweg aus den Staaten herauszubringen. Die Leute, die das Museum für mich ausgeräumt haben, wagen vorläufig nicht einmal, es von Chicago fortzuschaffen. Ich habe von Anfang an damit gerechnet, dass es Schwierigkeiten geben würde. Irgendwann aber werden wir den Schatz nach Chestport bringen können. Weißt du, wo das ist?«
Ich wusste es, aber ich sagte: »Nein.«
»Chestport ist eine kleine Hafenstadt wenige Meilen südlich von Galveston. Mit dem Schiff kann man das Nest von hier aus in achtundvierzig Stunden erreichen. Ursprünglich sollte Stunt das Zeug dort in Empfang nehmen. Übernimmst du den Job?«
Ich überlegte blitzschnell. Wenn ich auf das Angebot einging, dann bekam das Chicagoer Museum seine Kostbarkeiten in zwei oder drei Wochen zurück, aber meine ursprüngliche Aufgabe, die Zentrale zu liquidieren, blieb unerledigt, und wahrscheinlich würde es nie wieder einem G-man gelingen, sich auch nur auf zwanzig Meilen an Steven Brandley heranzumogeln.
»Hör zu, Steven«, sagte ich so sanft wie möglich. »Ich lass ungern fünfzigtausend Dollar schießen, aber ein Guthaben bei dir nützt mir gar nichts, wenn ich in den Staaten kostenlose Kittchenverpflegung in Empfang nehmen muss. Für mich ist der Boden der Staaten zu heiß, seitdem Frederic Christmas hochgenommen wurde.«
Ich rechnete damit, dass er losbrüllen würde oder mich sogar über Bord werfen ließ, aber es geschah nichts. Er nickte nur mit dem schweren Schädel.
»Lass dich an Land zurückbringen.«
Er drehte sich um, kletterte die Eisentreppe zur Kommandobrücke hoch und verschwand in der Kapitänskajüte. Wahrscheinlich yersenkte er sich von neuem in den Anblick seiner Schätze.
Ich hätte mir gern das Schiff näher angesehen, aber das war jetzt unmöglich. Der Indio, der mich hergebracht hatte, wartete am Fallreep. Ich turnte an der Bordwand hinunter ins Motorboot, der Indio löste die Vertäuung. Zwanzig Minuten später stand ich wieder auf der Betonmole unterhalb der Villa.
Yvonne Boos war nicht mehr am Strand. Ich ging zur Villa hinauf. Farmer, Hurter, Wendy und Andy Rysk saßen um einen Tisch und schlugen die Zeit mit einer Pokerpartie tot.
»Habt ihr Yvonne gesehen?«, fragte ich.
»Ist mit dem Thunderbird weggefahren«, antwortete Hurter faul. Ich stieg in meine Klamotten, die noch über einem Stuhl lagen. Als ich schon an der Tür stand, rief Farmer, ohne den Kopf von den Karten zu heben: »He, Sportsmann, hat der Chef dich zu Charles Nachfolger ernannt?«
»Ich habe
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