0210a - Die tödliche Gefahr
warten.
Alle Telefonzentralen in der Umgebung waren bereits benachrichtigt worden, aber es war durchaus möglich, dass Martinez seinen Anruf über ein Telefonamt mit Selbstwähldienst führte und sich dadurch nicht verriet.
Gegen Mittag hatte sich die Lage noch nicht verbessert, und es sah so aus, als würde sich nie etwas ereignen, das uns zu Ray Martinez führen würde.
***
Ray Martinez fühlte sich elend. Seine dunklen Augen waren jetzt blank und das Fieber trieb ihm den Schweiß aus den Poren.
»Du brauchst einen Arzt, Ray«, bestimmte Pearl energisch. »Es ist nur noch ein Schluck in der Whiskyflasche, und die Tabletten nützen nichts. Ohne die richtige Arznei kommst du nie wieder auf die Füße.«
»Das würde dir so passen«, knurrte Ray Martinez. »Dann könntest du mir alle Schuld in die Schuhe schieben und den Jungen wieder zurückbringen.«
Pearl Swanson schüttelte den Kopf. Sie hatte zwar selbst schon an diese Möglichkeit gedacht, aber sie wusste, dass sie Ray Martinez nie entkommen könnte, wenn sie ihn betrügen wollte.
Das hatte er schon an Lew Markow bewiesen.
»Du fieberst ja schon wieder«, erwiderte sie. »Ich kann nach Corinth fahren und dort einen Arzt holen. Wenn ich ihm erzähle, du wärst verunglückt, dann wird er schon kommen, ohne dich zu gefährden.«
Ray Martinez schüttelte den Kopf und leckte seine Lippen. Sie waren rau und aufgesprungen.
»Es ist zu riskant«, sagte er. »Außerdem nützt es nichts, wenn er mit Verbandsstoff und Schienen hier ankommt. Ich brauche ein Serum. Und wenn er erst einmal weiß, was mir wirklich fehlt, dann jagt er uns die Cops auf den Hals.«
»Ich könnte aufpassen, dass er die Polizei nicht benachrichtigt«, erwiderte Pearl Swanson rasch. »Glaubt du denn, er würde es riskieren, das Leben des Jungen zu gefährden?«
Wieder wurde Ray Martinez vom Fieber geschüttelt und er starrte durch einen roten Schleier auf die Frau.
»Glaubst du, du kannst es allein schaffen?«, fragte er. »Du brauchst nur dafür zu sorgen, dass er hier herauskommt.«
Pearl nickte.
»Ich nehme den Wagen und fahre bis kurz vor die Stadt. Dann gehe ich zu Fuß«, erklärte sie. »Auf dem Rückweg benützen wir den Wagen des Arztes. Vielleicht kann er dich soweit zurecht bekommen, dass wir weiterkönnen. Dazu können wir seinen Wagen benutzen, und ich fahre. Bis er wieder in Corinth ist, können wir schon in Kanada sein oder wieder in New York.«
»Dann hol ihn schon«, fuhr Ray Martinez sie an. »Aber lass dich nicht von den Cops erwischen. Wenn die falschen Leute hier auftauchen, geht es dem Jungen an den Kragen.«
Pearl nickte und warf einen besorgten Blick auf den Kleinen, der im Wohnzimmer auf dem Boden herumrutschte und mit einem Plastikbecher spielte. Einen Augenblick lang dachte sie daran, den Jungen mitzunehmen, aber sie wusste, dass sie nicht weit kommen würde.
Sie stellte die Whiskyflasche neben Ray und verließ die Blockhütte. Dann holte sie den Buick aus der Garage und fuhr in Richtung Corinth ab.
***
Eine halbe Stunde später hatte sie die Nebenstraße erreicht, die von Corinth nach Glen Falls führte. Noch bevor sie Corinth erreicht hatte, lenkte sie den Wagen wieder von der Straße und ließ ihn in einiger Entfernung zwischen den Bäumen stehen. Dann kehrte sie zu Fuß zur Straße zurück und ging nach Corinth weiter.
Zwanzig Minuten später hatte sie die ersten Häuser erreicht. Es waren nur zwei Wagen an ihr vorübergefahren, aber sie hatte sich noch rechtzeitig zwischen den Bäumen verbergen können.
Schon an der zweiten Querstraße fand sie eine Praxis, aber bevor sie das Haus betrat, ging sie erst noch herum und überzeugte sich, dass ein Wagen in der Garage stand. Es gab sogar zwei davon. Doc Meredith schien eine anständige Praxis zu besitzen, wenn er sich gleich zwei Wagen leisten konnte!
Erst dann klingelte sie energisch an der Tür. Doc Meredith war zu Hause. Er öffnete ihr selbst die Tür.
»Könnte ich Sie dringend in einer persönlichen Angelegenheit sprechen, Doc?«, sagte Pearl rasch.
Der Arzt zog die Augenbrauen hoch, aber dann ließ er Pearl Swanson eintreten und ging vor ihr her zum Sprechzimmer. Dann schloss er die Tür und blickte sie fragend an.
»Um was handelt es sich, Miss… ?«, erkundigte er sich.
»Es geht um das Leben zweier Menschen. Ein kleines, unschuldiges Kind und ein Mann. Sie müssen helfen.«
»Wem? Dem Kind oder dem Mann?«
»Dem Mann. Er hat Typhus. Er hat wahrscheinlich schon mich und das Kind
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